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"Kalte Progression"
Regierung sieht keinen Spielraum

Die Bundesregierung erwartet Steuereinnahmen in Rekordhöhe. Führende Koalitionspolitiker fordern deswegen, gegen die sogenannte kalte Progression - zunehmende Steuerbelastungen trotz Lohnerhöhungen - vorzugehen. Doch die Regierung winkt ab.

23.04.2014
    Eine junge Frau prüft ihre Kontoauszüge, während sie vor ihrem Laptop sitzt.
    Arbeitnehmer können derzeit nicht auf Entlastungen und mehr Kaufkraft durch den Abbau der "kalten Progression" hoffen. (dpa / picture alliance / Hans Wiedl)
    Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, für dieses und das kommende Jahr gebe es derzeit keine Spielräume, sich der "kalten Progression" anzunehmen. Diese führt dazu, dass Lohnerhöhungen durch höhere Steuersätze wieder aufgezehrt werden.
    Seibert erklärte, die Steuereinnahmen eröffneten keine zusätzlichen Möglichkeiten - erst recht nicht dem Bund. Priorität habe die Sanierung des Haushalts. Es werde aber auch keine Steuererhöhungen geben. Im kommenden Jahr will der Bund zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren ohne neue Schulden auskommen. Anfang Mai dürften die Steuerschätzer Bund, Ländern und Kommunen Einnahmen vorhersagen, die über den bisherigen Prognosen liegen.
    Koalition uneins über Gegenfinanzierung
    Aus diesem Grund haben führende Koalitionspolitiker aus Union und SPD eine Minderung der "kalten Progression" noch in dieser Legislaturperiode gefordert. Allerdings sind sich die Koalitionspartner nicht einig darüber, wie mögliche Einnahmeausfälle für den Staat kompensiert werden sollen.
    So lehnt die Union SPD-Forderungen nach Steuererhöhungen an anderer Stelle - etwa für Spitzenverdiener - genauso ab wie den Abbau von Steuervergünstigungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte erklärt, ein möglicher Abbau der "kalten Progression" bleibe aktuell, jedoch nicht um den Preis höherer Unternehmenssteuern. Aufgrund des ungeklärten Streits über die Gegenfinanzierung hatten sich Union und SPD dagegen entschieden, das Thema zu einem vorrangigen Ziel in ihrem Koalitionsvertrag zu erklären.
    Frühere Versuche scheiterten im Bundesrat
    Bereits die schwarz-gelbe Vorgängerregierung wollte sich für eine Minderung der "kalten Progression" einsetzen, um in erster Linie mittlere Einkommen zu entlasten. Die Bemühungen scheiterten jedoch an der Mehrheit der von SPD und Grünen geführten Landesregierungen im Bundesrat, die Einnahmeverluste befürchteten.
    Die "kalte Progression" entsteht, wenn Einkommenserhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen und der Einkommensteuertarif verhindert, dass die Kaufkraft des Arbeitnehmers steigt. Dieser zahlt dann überproportional mehr Steuern an den Fiskus.
    (tj/bor)