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Kampagne für Pestizide

Während biologischer Pflanzenschutz in aller Munde ist, genießen Hersteller von chemischen Pflanzenschutzmitteln einen schlechten Ruf. Dabei gilt Deutschland in Fachkreisen als Weltkompetenzzentrum in Sachen Pestizide. Der Industrieverband Agrar, in dem sich Dünge- und Pflanzenschutzmittelhersteller zusammengeschlossen haben, will nun das Image der Branche mit einer mobilen Aufklärungskampagne verbessern.

Von Stephan Haufe | 15.06.2005
    Die Hersteller von chemischen Pflanzenschutzmitteln verfolgen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit im Wesentlichen zwei Ziele: Sie wollen mit Verbrauchern direkt ins Gespräch kommen und dem schlechten Ruf der Pflanzenschutzmittel entgegensteuern, denen nachgesagt wird, sie seien gesundheits- und umweltschädlich.

    Zu diesem Zweck wurde die mobile Ausstellung " Food for Life. Die Früchte der Erde" gestaltet, die in einem 20 Meter langen Truck durch Deutschland touren soll. Die Einführungsphase findet in Nordrhein-Westfalen statt. Hier hält der Truck in 30 Städten, noch bis Ende September. Die Aussage der Ausstellung ist eindeutig: Chemischer Pflanzensschutz ist eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde und vor allem preiswerte Ernährung, wie Hannelore Schmid, Pressesprecherin des Industrieverbandes Agrar erklärt:

    " Was wir hier wollen, ist zum Beispiel den Verbrauchern zu zeigen, welche positiven Aspekte der Pflanzenschutz für sie hat. Dass zum Beispiel Obst und Gemüse heute frei von Schädlingen und Krankheiten sind, dass sie länger halten und dass man sie deshalb über weitere Entfernungen transportieren kann. Oder die Tatsache, dass wir das ganze Jahr frische Äpfel essen und nicht Lageräpfel. Das alles sind Möglichkeiten, die wir mit dem Pflanzenschutz von heute haben. "

    50 Prozent der weltweiten Forschung zu chemischen Pflanzenschutzmitteln wird in Deutschland betrieben. Hannelore Schmid bezeichnet unser Land darum als Weltkompetenzzentrum im Pflanzenschutz. Und das gilt es nicht zuletzt mit einer solchen Imagekampagne zu erhalten:

    " Was wir jetzt hier sehen, diese Krankheit, das ist ein so genannter Mehltaupilz, und dieser Mehltaupilz, der verursacht die Kraut- und Knollenfäule an diesen Blättern von dieser Pflanze, das führt dann dazu, dass die Blätter der Kartoffelpflanze absterben, aber nicht nur die Blätter, sondern auch die Kartoffeln, die in der Erde sind, und die Kartoffeln, die in der Erde sind, die verfaulen dann und werden matschig und damit haben wir dann kein Gemüse mehr, das wir verarbeiten können. "
    Thorsten Zegulla ist Biologe und Agrarwissenschaftler und erläutert Besuchern die Installationen zum Anfassen und die unterschiedlichen Schautafeln. Zu seinen Aufgaben gehört es insbesondere, jüngere Leute an das Thema Landwirtschaft und Pflanzenschutz heranzuführen.

    Zusammen mit einem etwa 10-jährigen Mädchen steht Zegulla vor einer großen Tafel, an der unterschiedliche Pflanzenschädlinge erklärt werden. Per Knopfdruck leuchten Fliegen, Pilze oder Spinnen auf, ein farblich gestalteter Text erklärt, wie das Ungeziefer Pflanzen und Früchte zerstören kann. Und deshalb ist es notwendig, die Kartoffel vor dem Mehltau zu schützen, so schlussfolgert Zegulla für seine junge Zuhörerin, zum Beispiel mit chemischen Spritzmitteln.

    Auch Rudi Hetzel besucht die Schau "Früchte der Erde" und klickt sich durch Abbildungen über Erdbeerstecher, Kraut- und Knollenfäule oder Kirschfliegen. Zwar setzt er im eigenen Garten beim Kampf gegen Blattläuse auf biologischen Pflanzenschutz. Die durchweg positive Darstellung von Pestiziden hält der Hobbygärtner dennoch für sinnvoll:
    " Da haben wir grad mal die Kirschfliege. Alle 4-5 Jahre fallen bei mir die Kirschen aus. Das heißt, sie sind verwurmt. Ich pflücke die dann nicht und lass die dann einfach hängen. Das kann aber derjenige, der für den Verkauf anbaut, nicht machen, der muss spritzen. "

    Dass der chemische Pflanzenschutz kein unbedingtes Muss ist, das beweist die ökologische Landwirtschaft, die auf Pestizide gänzlich verzichtet und zum Teil billigere und risikofreiere Maßnahmen kennt. Zur Imageverbesserung des chemischen Pflanzenschutzes gehört es darum auch, biologische beziehungsweise natürliche Schutzmittel zu integrieren, wie Thomas Zegulla sagt:

    " Man kann also auf der einen Seite Nützlinge ausbringen, auf der anderen Seite etwas gegen Schädlinge unternehmen. Dieses Zusammenspiel, das ist es, was uns heutzutage nach vorne bringen wird. Denn "viel hilft viel" ist nicht immer die Devise und der Landwirt, der versucht natürlich auch seine Kostenrechnung gering zu halten. Der sagt nicht einfach, ich hab jetzt Lust dazu, Pflanzenschutzmittel auszubringen, weil ich gerade Lust dazu habe, sondern der überlegt sich natürlich eine Kosten-Nutzen-Rechnung, und nur wenn der Nutzen für ihn größer ist, wird er das auch genauso tun. "