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Kampf gegen Borkenkäfer

Der Borkenkäfer gehört zur Natur wie die Bäume, die er bei massenhaftem Auftreten zerstört. Als das Waldsterben bei uns zum Thema wurde, da wurden die kleinen Käfer als Vollstrecker bekannt, sie fraßen sich vorzugsweise durch Fichten-Monokulturen, in manchen Mittelgebirgen wurden ganze Gipfel kahlgefressen. In diesem Jahr ist die Borkenkäferplage ausgeblieben, das hat mit dem Wetter zu tun, aber es hat auch andere Gründe.

von Elke Drewes | 20.07.2001
    Hans Niemeyer leitet die Abteilung Waldschutz in der niedersächsischen forstlichen Versuchsanstalt. Die ist seit Jahrzehnten damit beschäftigt, die Borkenkäfer zu kontrollieren und in Schach zu halten.

    In diesem Jahr kann man von einer Plage nicht sprechen, die Käfer sind schon durch kühlere Witterung der vorhergegangenen Jahre zurückgegangen, auch in diesem Jahr gab es eine kühle Witterung, was nicht sehr günstig ist für die Käfer. Wenn man das zusammen sieht mit den Gegenmaßnahmen, dann kann man davon ausgehen, dass die Gefährdung mittelmäßig ist.

    Der Borkenkäfer braucht zum Hochzeitsflug Temperaturen von 18 Grad. Die hatte er im Mai. Und da sind auch einige Käfer ausgeflogen und haben in Fichtenstämmen am wärmeren Waldrand ihre Eier abgelegt. Doch die Förster konnten gleich Gegenmaßnahmen ergreifen. Das Allerwichtigste ist die Kontrolle gefährdeter Fichtenbestände: der Förster schaut sich jeden Baum genau an. Die Käferlarven unter der Rinde kann er zwar nicht entdecken, dafür aber einige Warnsignale, erklärt Hans Niemeyer.

    Er kann sehen, dass Bohrmehl austritt, wenn sich Mutterkäfer Kammern bohren, in denen die Eier abgelegt werden. Die Aktivitäten der Käfer verursachen natürlich auch eine Verfärbung der Nadeln, die sieht man auch und man sieht die Tätigkeit der Spechte: Die haben ein feines Gespür und hacken über so einer Rammelkammer Schuppen ab. Wenn erst mal Larven da sind, dann schlagen die Spechte auch größere Rindenstücke ab, die leuchten dann weit, die kann man sehr gut erkennen.

    Der Specht ist zwar ein natürlicher Feind des Borkenkäfers, ebenso wie die Wespen, aber wirksam in Schach halten kann er ihn nicht. Der Förster muss also sofort zur Axt greifen und den Baum fällen. Danach reicht es, die Borke abzuschälen.

    Das kann ganz ohne Gift geschehen, die Brut trocknet aus, wenn sie noch weiß, noch Larvenpuppe ist.

    Eine weitere Gegenmaßnahme sind Käferfallen: kleine schwarze Kästen, die strömen die gleichen Duftstoffe aus wie der Käfer selbst, wenn er seine Artgenossen anlockt. Die Mitarbeiter der niedersächsischen forstlichen Versuchsanstalt stellen die Fallen auf im Abstand von 12 Metern zum nächsten Baum. Die Käfer fliegen dann in die Falle und nicht auf den Baum.

    Die Käfer werden angelockt, prallen gegen diese Flächen, die schwarzen Kunststoffflächen der Falle, rutschen herunter und werden gesammelt in einem Behälter darunter.

    Die Mitarbeiter der forstlichen Versuchsanstalt müssen sie dann nur noch einsammeln. Im Nationalpark Harz und auch anderen Mittelgebirgen greift zusätzlich noch eine weitere Maßnahme. Früher fand der Borkenkäfer dort in den Fichtenmonokulturen ein reiches Fressen, erst recht, wenn die Bäume schon durch Sturm und saurer Regen geschwächt waren. Z.B. am Quietschenberg bei Torfhaus. Die Bergkuppel bietet von weitem einen gespenstischen Anblick: graue Baumstämme ragen in den blauen Himmel. Nationalpark-Ranger Bernd Boy erklärt, was hier passiert ist.

    Anfang der 90er Jahre fegte Sturm über den Wald, hinzukommt der saure Regen aus Autoverkehr, Haushalten, die Wurzeln werden verätzt Und dann kommt ein Mitspieler zum Tragen, der Borkenkäfer, der hier einen reich gedeckten Tisch findet. Er findet hier eine Fichtenmonokultur, von Menschen angelegt. Der Harz ist geprägt durch tausend Jahre Bergbau, das bedeutet einen großen Holzbedarf, Monokultur, der Käfer findet Bäume, die geschwächt sind und kann die Bäume zum Absterben bringen.

    Die Gegenmaßnahme der Nationalpark-Ranger ist ganz einfach: sie lassen den Wald verwildern. Mit der Zeit entsteht dann ganz von selbst ein Mischwald. Und dort kann sich der Borkenkäfer nicht ausbreiten, denn er fliegt nun einmal auf Fichten, andere Bäume lässt er in Ruhe.

    Der Berg heißt Quietschenberg, Quietsche, ein alter Name für Eberesche, ein natürlicher Wald hier wäre ein Mischwald. Wenn man sich umschaut, sieht man, dass der Wald sich schon wieder entwickelt, Ahorn, Weiden, Eberesche, die Qietsche, es entsteht also wieder ein Urwald.

    Natürlicher Mischwald schützt vor einer Borkenkäferplage, verhindern, dass einzelne Fichten befallen werden, kann er nicht. Doch eine gesunde Fichte kann sich selbst schützen: Sie bildet nämlich verstärkt Harz, wenn die Käfer sie stechen. In dem Harzfluss ertrinken dann die Borkenkäfer, jedenfalls, wenn es nicht zu viele sind, erklärt Niemeyer.

    Der Widerstand eines gesunden Baumes kann nur durch den Anflug von mehreren hundert Käfern gleichzeitig, am selben Tage gebrochen werden.

    Schwer wehren können sich die Bäume auch dann, wenn es lange nicht geregnet hat, sie also ausgetrocknet sind und nicht genügend Harz gegen die Eindringlinge produzieren können. Deshalb rät Hans Niemeyer von der niedersächsischen forstlichen Versuchanstalt weiterhin allen Förstern und Privatwaldbesitzern, wachsam zu sein.

    Wir erleben jetzt ein Hochdruckgebiet mit warmem Wetter und ich würde durchaus allen Kollegen empfehlen, wie sie das sonst auch tun, die Augen offen zu halten und nach Befall zu schauen, denn diese Witterung ist durchaus geeignet, dass wieder Befall auftritt, dafür sind allemal noch genug Käfer da.