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Kampf gegen den Hunger

Mangue, ein kleines Dorf in Angola. Kleinbäuerin Albertina Teixeira rechnet vor, wie viel Sack Bohnen ihr Nachbar ernten musste, um sich ein Moped zu leisten – ja, mit harter Arbeit, aber das könnten sie mittlerweile, ohne zu hungern. Albertina Teixeiras Dorf ist begünstigt, es liegt in der Nähe einer größeren Stadt, durch die eine belebte Überlandstraße führt.

Von Jule Reimer | 16.11.2009
    Die Kleinbauern von Mangue haben das, was vielen ihrer Kollegen in Angola und auch anderen Entwicklungsländern fehlt: einen erreichbaren Absatzmarkt. Während langer Bürgerkriegsjahre gehörte Angola zu den Ländern mit den höchsten Hungerraten, obwohl die Äcker eigentlich fruchtbar sind. Doch erst seit dem Friedensschluss von 2002 trauen sich die Kleinbauern wieder, ihre Felder zu bestellen. Seither hat sich die Ernährungssituation verbessert, gleichwohl die Regierung kaum etwas für die Dorfgemeinschaften tut.

    Auf dem dritten Welternährungsgipfel, zu dem jetzt die FAO – die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft – bis Mittwoch nach Rom eingeladen hat, stehen den guten Nachrichten aus Angola, Brasilien und Vietnam viele schlechte gegenüber. Erstmals hat die Zahl der Hungernden weltweit die Grenze von einer Milliarde Menschen überschritten. Das Millenniumsentwicklungsziel Nummer eins – die Halbierung der Zahl der extrem Armen und Hungernden bis 2015 auf rund 400 Millionen Menschen – rückt immer ferner. Besonders in Afrika haben verspätete Regenfälle und Dürren, denen Überflutungen folgten, die Ernten zerstört. Der Generaldirektor der FAO, Jacques Diouf:

    "Alle sechs Sekunden stirbt ein Kind an Hunger. Diese großen Tragödien sind nicht nur eine moralische Herausforderung und eine wirtschaftliche Absurdität, sondern auch eine ernste Bedrohung für den Frieden und unsere kollektive Sicherheit."

    Die Philippinen, Haiti, Burkina Faso, Ägypten, aber auch Schwellenländer wie Indien sind nur einige der Staaten, die mit Hungerprotesten von sich reden machten. Wetterextreme hatten 2007 weltweit bereits für knappe Ernten und stark anziehende Getreidepreise gesorgt. Reisexportländer wie Vietnam oder Indonesien verhängten Ausfuhrbeschränkungen, was die Preise zusätzlich nach oben trieb. Im Herbst 2008 erreichte dann die Finanzkrise ihren Höhepunkt, die Krise der Realwirtschaft folgte auf dem Fuß. In den Industriestaaten brach die Wirtschaft ein. Viele Migranten verloren ihren Job, und damit versiegten die Direktüberweisungen in Milliardenhöhe an ihre Familien in der Heimat. Gleichzeitig brachen auch die Exporte armer Staaten ein. Rafael Schneider ist Experte für Ernährungssicherheit bei der Welthungerhilfe in Bonn:

    "Wir haben jetzt eine starke Dürre in Kenia, das, gekoppelt mit einer rückgängigen Wirtschaftskraft des Landes, auch mit politischen Schwierigkeiten, führt natürlich schnell zu einer dramatischen Hungersnot. Anders sieht es in den asiatischen Ländern aus. In Indien geht natürlich auch die Wirtschaftskraft zurück, und wenn bei Menschen, die sehr wenig verdient haben, wenn dann Vater oder Mutter keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr haben, dann sinkt das Familieneinkommen sehr rasch ab, sodass man sich mit dem wenigen Einkommen nicht mehr ernähren kann."

    In den Augen vieler Agrarwissenschaftler sind die dramatischen Hungerzahlen auch die Quittung dafür, dass die staatliche Entwicklungszusammenarbeit die Landwirtschaft jahrelang vernachlässigt hat. Seit 1980 ist ihr Anteil an den Entwicklungsausgaben von fast 20 auf unter vier Prozent gefallen. Mittlerweile nehmen die Industriestaaten die hohen Hungerraten jedoch als Sicherheitsproblem wahr, das die Stabilität fragiler Staaten wie Pakistan zusätzlich bedroht. Und so stellten verschiedene Industrieländer – darunter auch Deutschland – noch 2008 zusätzliches Geld zur Verfügung, und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon übernahm höchstpersönlich die Leitung einer UN-Kommission, die erste Maßnahmen gegen die Nahrungsmittelknappheit verordnete. Mittlerweile bekennt sich selbst die US-Regierung zu der Notwendigkeit, Kleinbauern in Entwicklungsländern zu stärken: Sie stellen den größten Anteil der weltweit extrem Armen und Hungernden. Auf dem G8-Gipfel in L'Aquila vergangenen Sommer versprachen die Staats- und Regierungschefs dann den Entwicklungsländern eine globale Partnerschaft für die Landwirtschaft: beziffert auf 20 Milliarden US-Dollar für die nächsten drei Jahre. Allerdings: Ein Teil dieser Gelder war schon zuvor zugesagt worden. In der Landwirtschaft braucht es mehrere Jahre, bis Investitionen Wirkung zeigen, erklärt Entwicklungsexperte Rafael Schneider:

    "In den Entwicklungsländern sinken die Preise nicht so schnell ab wie bei uns, da dort erst mal das aufgebraucht werden muss, was teuer eingekauft wurde. Die Landwirtschaft benötigt auch sehr viel Energie für Traktoren, für Kunstdünger, der mit fossiler Energie hergestellt wird, das heißt, die landwirtschaftliche Produktion ist auch vom Ölpreis abhängig. Und die Ernten, die in Europa sehr stark gestiegen sind, die werden vielleicht in Deutschland zu einem Rückgang der Preise führen, aber langfristig werden die Preise für Nahrungsmittel und Getreide wieder ansteigen."

    Eine Einschätzung, die die Unternehmensberatung Ernst&Young in einer aktuellen Studie gerade bekräftigt hat. Die EU will zudem bis zum Jahr 2020 ihren Treibstoffbedarf zu zehn Prozent mit Sprit aus Ackerpflanzen decken, in den USA soll es sogar ein Viertel werden – das schafft zusätzlichen Preisdruck auf Mais, Weizen, Raps, Soja oder Zuckerrohr. Die Beimischungsvorschriften haben einen wahren Run großer Investoren auf Anbauflächen ausgelöst, dort, wo sie am billigsten sind, zum Beispiel in Afrika, aber auch im teureren Brasilien oder in Kambodscha. Kleinbauern, die häufig nicht urkundlich nachweisen können, dass das Land, das sie bewirtschaften, ihnen gehört, werden dafür vertrieben, stellt Tomas Selemane fest. Er koordiniert das mosambikanische NGO-Netzwerk "Amigos da Floresta". Der Verband hat zwei große Agrarspritprojekte in Mosambik genauer untersucht. In den betroffenen Regionen habe der Hunger deutlich zugenommen, insbesondere als sich eine Trockenperiode einstellte.
    "Viele Kleinbauern hatten auf einem Teil ihrer Äcker Jatropha angebaut, um die Agrarspritunternehmen zu beliefern. Deshalb hatten sie während der Dürre viel weniger Mais als üblich in Reserve. Hätten sie statt Jatropha Nahrungsmittel gepflanzt, wären sie von der Dürre nicht so schwer getroffen gewesen."

    Andere Staaten, wie beispielsweise China und Südkorea, verfügen über zu wenig eigenen landwirtschaftlich nutzbaren Boden und sichern sich deshalb Ackerland in ärmeren afrikanischen und asiatischen Staaten. Deren Regierungen versprechen sich von den Großinvestoren schnelle Deviseneinnahmen und den Ausbau der Infrastruktur. Davon haben jedoch die Kleinbauern nichts mehr, wenn sie ihr Land verlassen mussten, beobachtet Emmanuel Yap. Er berät in Südasien und Ostafrika im Auftrag des katholischen Hilfswerks Misereor landwirtschaftliche Projekte.

    "In Myanmar gibt es riesige Kautschukplantagen, das Kapital dafür kommt aus China. Viele Kleinbauern sind dort jetzt zu Landarbeitern geworden, denn sie wurden von ihrem eigenen Land vertrieben. Die Arbeitsbedingungen sind nicht sehr gut, außerdem handelt es sich um Saisonarbeit. Außerdem: Was passiert, wenn der Kautschukpreis einbricht – kann man Kautschuk essen?"

    Verkauft und verpachtet werde vor allem Land, das brachliege, argumentieren viele Regierungen. Rafael Schneider von der Welthungerhilfe in Bonn widerspricht:

    "Also es gibt einfach weltweit kein Land, das nicht genutzt wird. Das ist auch in Afrika so. Da sieht es auf der Landkarte so aus, als gäbe es freie Flächen, das sieht auch auf den Satellitenaufnahmen so aus, aber wenn man die derart auslegt, dass da freies Land wäre, dann täuscht man sich. Denn die Nomaden ziehen dort über weite Strecken hin und her, und dadurch werden die Viehherden ernährt. Und fallen diese Flächen weg und die Nomaden können nicht mehr diese weiten Strecken ziehen, dann ist deren Ernährungsbasis nicht mehr vorhanden."

    Inmitten dieser Gemengelage soll nun der Welternährungsgipfel in Rom Wege aus der Hungerkrise weisen. Und die Weichen für eine bessere Zukunft stellen. Denn 2050 werden voraussichtlich neun Milliarden Menschen auf dieser Erde leben. Sollen alle gesund satt werden, muss die Nahrungsmittelproduktion bis dahin global um 70 Prozent, in den Entwicklungsländern sogar um 100 Prozent wachsen, schätzt die FAO. Rafael Schneider fährt für die Welthungerhilfe als Mitglied der deutschen Delegation nach Rom:

    "Da spielt auch das Menschenrecht auf Nahrung eine sehr wichtige Rolle, denn bisher ist Entwicklungshilfe oftmals als soziale Unterstützung aus dem Norden und aus gutem Willen heraus finanziert worden. Man muss aber umdenken. Jeder Mensch weltweit hat ein angeborenes Menschenrecht auf Nahrung, und die Einschränkung dieses Menschenrechts auf Nahrung ist eine menschenrechtliche Verletzung. Das heißt, wir dürfen in Deutschland eigentlich keine Agrarsubventionen einführen, die dann zu einer verschlechterten Landwirtschaft in den Entwicklungsländern führen und dort die Ernährungssituation verletzen."

    Doch genau das tut die EU derzeit mit ihren subventionierten Milchexporten. Die Produkte landen zu Dumpingpreisen auf den Märkten der Entwicklungsländer – sodass die heimischen Bauern auf ihren Erzeugnissen sitzen bleiben. Auch die berüchtigte Praxis - vor allem der USA -, die eigenen Getreideüberschüsse als Nahrungsmittelhilfe zu liefern, anstatt bei Hungersnöten unweit der betroffenen Regionen einzukaufen, verstößt gegen das Recht auf Nahrung. In Rom soll bis Mittwoch auch entschieden werden, wer die Verteilung der angekündigten Milliardenbeträge für die Landwirtschaft koordinieren und die Umsetzung der Versprechen nachhalten soll. Bislang herrschte in der Hungerbekämpfung ein Durch- und Nebeneinander von FAO und verschiedenen UN-Programmen sowie Weltbank und Geberländern. Die USA möchten die Weltbank mit dieser Steuerungsfunktion betreuen. Die meisten Europäer und Entwicklungsländer setzen dagegen auf das bereits existierende "Komitee für Welternährungssicherheit". Es soll mehr Macht erhalten, und in ihm sollen künftig nicht nur UN-Organisationen, Weltbank sowie die Welthandelsorganisation WTO vertreten sein, sondern auch Unternehmen, NGOs und Vertreter von Kleinbauernorganisationen – eine Art Weltagrarrat. Die Entscheidung hat mehr als Symbolwert. Die Weltbank setzt auf Produktionssteigerung, auch auf Exporte, mithilfe industriell hergestelltem Dünger und kommerziellem Saatgut. Entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen wünschen sich dagegen eine Kleinbauernförderung, die in erster Linie auf die Selbstversorgung und erst an zweiter Stelle auf ein gesteigertes Geldeinkommen setzt. Emmanuel Yap, freier Landwirtschaftsberater bei Misereor, hat die von der Weltbank propagierten Methoden noch aus der Zeit der Grünen Revolution in seiner Heimat, den Philippinen, in schlechter Erinnerung:
    "Anfangs gab es einige Ertragssteigerungen, aber dann zeigten sich die Probleme. Denn es handelte sich nicht um ein nachhaltiges Produktionssystem. Mit den Dünger- und Pestizideinträgen zerstörte man die Bodenqualität. Für die armen Kleinbauern, die über keine Rücklagen verfügten, wurde es schnell sehr teuer. Wegen der hohen Kosten gerieten die Leute dann in die Abhängigkeit lokaler Kredithaie."

    Deshalb sieht Yap auch das afrikanische Megaprojekt AGRA skeptisch. AGRA steht für eine Allianz prominenter Zeitgenossen, die eine Grüne Revolution für Afrika initiieren wollen, millionenschwer gefördert von der Rockefeller- und Gates-Stiftung. Man habe aus den Fehlern der 60er- und 70er-Jahre gelernt, beteuert der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, einer der Unterstützer. So würde beispielsweise nur regional angepasstes Saatgut verwendet. Emmanuel Yap erscheint AGRA dennoch zu sehr auf die technologischen Potenziale und zu wenig auf die sozialen Rahmenbedingungen fixiert.

    "Auf den Philippinen zum Beispiel lag die Armut darin begründet, dass die Landbevölkerung meist gar keinen Zugang zu Ackerland hatte. Oder sie waren arme Pächter, denen die Großgrundbesitzer die Ernte weitgehend abnahmen. Deshalb waren die Ertragssteigerungen überhaupt nicht der richtige Ansatz, um das Armutsproblem zu lösen."

    In den 90er-Jahren wiederum galt die Öffnung der lokalen Märkte für Einfuhren aus dem Ausland als Allheilmittel gegen Versorgungsengpässe – gekoppelt mit dem Verbot, die eigene Landwirtschaft staatlich zu fördern. Dazu mussten sich alle Staaten verpflichten, die der 1995 gegründeten Welthandelsorganisation WTO beitreten wollten – nur die Industriestaaten gestatteten sich Ausnahmen und behielten ihre hohen Importzölle und ihre Agrarsubventionen. Die europäischen und US-amerikanischen Einfuhren verbilligten die Nahrungsmittel für die städtischen Armen, doch gleichzeitig verloren viele Kleinbauern in den Entwicklungsländern ihre Absatzmärkte und gaben auf. Seit den ungeheuren Preissprüngen von 2008 besinnen sich viele Staaten jedoch wieder auf die Eigenversorgung. Die großen Agrarkonzerne hingegen sehen in dem Konzept der "self-sufficiency" eine Sackgasse für die Ernährungssicherheit. Sie plädieren für offene Märkte, so wie Paul Conway, der Vizepräsident des Agrarmultis Cargill Anfang vergangener Woche. Das verwundere ihn nicht, sagt Wilfried Bommert, Redakteur und Spezialist für Agrarthemen beim Westdeutschen Rundfunk, der in seinem Buch "Kein Brot für die Welt" nach der Zukunft der Welternährung fragt.

    "Seine 160.000 Mitarbeiter leben natürlich davon, dass die Leute keine Selbstversorgung betreiben, sondern dass sie für den Markt produzieren, was dann Cargill vermarkten kann, und Cargill sorgt dann auch dafür, dass die Landwirte Saatgut kaufen können und dass sie Fleisch produzieren, das Cargill vermarkten kann, und für diesen Konzern ist es wichtig, dass die Märkte weltweit offen sind und die Leute nicht an Selbstversorgung denken, denn jedes Prozent mehr an Selbstversorgung ist natürlich ein Prozent weniger Umsatz für Cargill."

    Entwicklungsorganisationen fordern zudem Mechanismen, mit denen arme Länder ihre Kleinbauern und die Märkte für bestimmte Grundnahrungsmittel vor einer Importflut schützen können. Fest steht: Manches wäre im Kampf gegen den Hunger bereits gewonnen, wenn die Industriestaaten ihre Agrarpolitik mit ihren entwicklungspolitischen Versprechen übereinbringen würden. Die Uhr zurückzudrehen und die Landwirtschaft wieder komplett aus der Liberalisierung des Welthandels herauszunehmen, sei aber keine Lösung, sagt Stefan Tangermann, bis Ende 2008 Direktor für Landwirtschaft und Handel bei der OECD. Auch lehnt er nicht alle Subventionen ab:

    "Ich bin aber sehr dafür, dass Regierungen in Entwicklungsländern den Ausbau der Infrastruktur fördern können, die Forschung im Agrarbereich, die Beratung im Agrarbereich und das Finanzwesen, also beispielsweise die Gewährung von Krediten zu fördern."

    Verschärft wird die Versorgungssituation zusätzlich durch die Überfischung der Meere und durch die Klimaerwärmung. Wissenschaftler sehen die kritische Grenze bei einer Erwärmung der mittleren Temperatur von mehr als zwei Grad bis 2100. Doch bis jetzt hat kein Verursacherstaat verbindlich zugesagt, seine Emissionen wirklich drastisch zu senken – obwohl im Dezember in Kopenhagen die Weltklimakonferenz vor der Tür steht, auf der dringend Weichen gestellt werden müssten. Ostafrika habe früher alle sieben Jahre eine Dürre erlebt, jetzt geschehe dies alle drei Jahre, warnt die Hilfsorganisation "Brot für die Welt"; in Lateinamerika sei vor allem die Versorgung der armen Hochlandregionen in großer Gefahr. Rafael Schneider von der Welthungerhilfe geht sogar davon aus, dass die Agrarproduktion in den Trockenregionen Afrikas bereits in den kommenden Jahren um bis zu 50 Prozent absinken könnte:

    "Sollten diese Prognosen tatsächlich stimmen, dann bleibt uns jetzt nicht viel Zeit, über ein Zweigradziel zu verhandeln. Das muss natürlich umgesetzt werden, aber wir müssen uns auch schleunigst überlegen, wie man die Landwirtschaft an den Klimawandel anpassen kann. Wie kann man das Regenwasser, das Feld noch besser nutzen, wie kann man Kleinbauern so weit unterstützen und fördern – aber auch größere Bauern in den Entwicklungsländern -, dass sie mit dem Klimawandel klarkommen? Denn aus eigener Kraft werden sie das nicht schaffen, und ihre Regierungen haben häufig weder das Wissen noch die finanziellen Möglichkeiten, auf den Klimawandel zu reagieren."

    Dabei ist die Landwirtschaft nicht nur Opfer, sondern auch Täter. Gut 20 Prozent aller Treibhausgasemissionen werden vorwiegend der industriellen, modernen Landwirtschaft mit ihrem hohen Energieverbrauch und ihrer Intensiv-Tierhaltung angelastet. Ein gewichtiger Grund mehr, mit den Milliardenzusagen primär eine ökologische, kleinbäuerliche Landwirtschaft zu fördern und sich dabei auf die Versorgung lokaler Märkte zu konzentrieren, verlangt die Entwicklungsorganisation Oxfam. Agrarberater Emmanuel Yap hat zudem die Erfahrung gemacht, dass das traditionelle landwirtschaftliche Wissen der Kleinbauern gute Ansätze bietet, die weiterentwickelt werden können, um Wege aus dem Hunger zu finden:

    "Meines Erachtens müsste jede Investition erst mal damit beginnen, zu erforschen und zu verstehen, wie die Kleinbauern tatsächlich leben. Denn das Hauptproblem der Entwicklungshilfe besteht darin, dass lokale Lösungen unbeachtet bleiben."

    Die geplante Gipfeldeklaration von Rom deutet eine solche Richtungsentscheidung zugunsten der Hungernden und der Kleinbauern an. Dass jedoch die Widersprüche zwischen globaler Agrar- und Entwicklungspolitik bis Mittwoch ausgeräumt werden könnten, daran glaubt niemand.