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Kampf gegen den IS
Bundeskabinett beschließt Syrien-Einsatz

Die Regierung hat den geplanten Syrien-Einsatz der Bundeswehr auf den Weg gebracht: Das Kabinett beschloss den Mandatsantrag für die Entsendung von bis zu 1.200 Soldaten, um die internationale Allianz im Kampf gegen die IS-Terrormiliz zu unterstützen. Der Einsatz könnte nächste Woche beginnen.

01.12.2015
    Ein Tornado der Bundeswehr im Landeanflug
    Ein Tornado der Bundeswehr im Landeanflug auf den Luftwaffen-Stützpunkt in Jagel. (picture alliance / dpa / Carsten Rehder)
    Der Mandatstext stammt von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Es wäre der größte laufende Auslandseinsatz der Truppe. Das Mandat gilt zunächst bis Dezember 2016. Folgendes ist vorgesehen:
    • Aufklärungsflüge mit Tornado-Kampflugzeugen
    • Einsatz eines Marineschiffs zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers
    • Die Betankung von Kampfflugzeugen der Allianz in der Luft
    • Einsatzgebiete sind neben Syrien auch das östliche Mittelmeer, der Persische Golf, das Rote Meer und angrenzende Gewässer
    Nach Angaben des Verteidigungsministeriums sollen die geplanten Aufklärungsflüge von der Türkei aus starten. Basis solle das südtürkische Incirlik werden.
    Einsatz könnte nächste Woche beginnen
    Der Bundestag muss dem Einsatz noch zustimmen. An diesem Mittwoch soll das Mandat voraussichtlich im Parlament debattiert und möglicherweise noch in dieser Woche beschlossen werden. Dann könnten in der kommenden Woche bereits zwei "Tornado"-Kampflugzeuge nach Incirlik verlegt werden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die Aufklärungsflüge über Syrien könnten aber erst Anfang Januar starten, weil die Auswertungseinheit für die Aufnahmen derzeit mit ihrem Material noch bei einem Großmanöver in Spanien sei.
    Von der Leyen hält den Einsatz für unverzichtbar. Er diene zudem auch dem Schutz der Bevölkerung, sagte sie im DLF. Die völkerrechtliche Grundlage hält die CDU-Politikerin für gegeben. Sie widerspricht damit Politikern der Opposition, die eine Resolution des UNO-Sicherheitsrats als Voraussetzung für einen solchen Einsatz fordern.
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht am 18.06.2015 auf einem Truppenübungsplatz in der Nähe des polnischen Ortes Sagan nach der ersten Übung zur Verlegung der Nato-Speerspitze - Noble Jump - mit deutschen Soldaten.
    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit deutschen Soldaten. (Kay Nietfeld, dpa picture-alliance)
    Bundestags-Dienst stimmt von der Leyen zu
    Die Auffassung der Ministerin wird vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags gestützt: Dieser teilte am Vormittag mit, die jüngste Resolution des UNO-Sicherheitsrats zum IS-Terror enthalte zwar kein explizites Mandat für militärisches Handeln. Sie lasse sich aber so deuten, dass sich Staaten auf ein Selbstverteidigungsrecht berufen könnten. Das Gutachten war von dem SPD-Abgeordneten Hitschler in Auftrag gegeben worden.
    Mit dem Mandat kommt die Bundesregierung einer Bitte Frankreichs nach. Das Land hatte nach den Terroranschlägen von Paris um mehr internationale Unterstützung im Anti-IS-Kampf gebeten. Von der Leyen betonte aber, dass Deutschland nicht von Anderen in den Syrien-Konflikt hineingezogen werde: "Es ist ein sehr bewusster, aktiver Schritt", sagte sie.
    Die Opposition reagierte ablehnend auf den Kabinettsbeschluss. Linken-Chef Bernd Riexinger wurde auf Twitter deutlich:
    Die Linken im Bundestag erwägt eine Verfassungsklage. "Wir sind in dieser Frage mit den Grünen zumindest im Gespräch", sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch. Fachleute prüften, ob es ein ausreichendes Mandat für den geplanten Einsatz gebe.
    Auch von der Grünen-Vorsitzenden Peter kam scharfe Kritik - ebenfalls per Twitter:
    Langer Kampf erwartet
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verteidigte den Einsatz. "Wir sind entschieden, die Solidarität, die wir gegenüber Frankreich geäußert haben, auch in die Tat umzusetzen", sagte der SPD-Politiker am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel. Er betonte jedoch, dass der Krieg in Syrien letztlich nicht militärisch entschieden werden könne.
    Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, André Wüstner, geht davon aus, dass der Kampf gegen die Dschihadisten mehr als zehn Jahre lang dauert - wenn man ihn denn entsprechend ernst nehme. Er wies darauf hin, dass der IS auch in Nordwestafrika aktiv ist. Mit dem neuen Mandat sieht er die Bundeswehr an ihren Grenzen: Die Truppe sei mit Auslandseinsätzen "ausgebucht", sagte Wüstner im ARD-Fernsehen.
    Wüstner in grauer Uniform mit Hemd und Krawatte auf dem Flur vor der Bundespressekonferenz. Er trägt eine Brille.
    Major André Wüstner, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes. (Imago / Metodi Popow)
    Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, mahnte unterdessen im Deutschlandfunk, das Vorgehen müsse international gut koordiniert werden, auch mit Russland.
    (mg/hba/jcs)