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Kampf gegen die Trockenheit

Eine Fläche doppelt so groß wie das Saarland, geht weltweit jedes Jahr verloren, weil die Wüsten sich ausbreiten. Millionen von Menschen sind gezwungen ihre Heimat zu verlassen, weil der Boden ihre Familien nicht mehr ernähren kann. Davon besonders betroffen ist Mali in Westafrika. Carine Debrabandère war im Norden des Landes, der durch die große Dürre von 1972 völlig verändert worden ist.

Von Carine Debrabandère | 17.06.2006
    Buntes Treiben auf dem Markt von Timbuktu. Händler vom Volk der Tuareg, in blaue Gewänder gehüllt, verkaufen Zigaretten, Plastikwannen und Lederarbeiten. In elegante "Boubous" gekleidete Frauen vom Stamm der Songhai bieten Hirse, Tomaten und Kamelmilch an.

    Timbuktu hat von jeher vom Handel gelebt. Die "Perle des Orients" war einst Knotenpunkt der Kamelkarawanen. Gold, Elfenbein und Sklaven wurden gegen das Salz aus der Sahara eingetauscht.

    Vom Glanz der ehemaligen Metropole ist nur noch wenig zu spüren. Timbuktu, am Rande der Sahelzone, verschwindet heute im Sand. Elkassim Ag Hadé erinnert sich an die "Pinasses", die kleinen Holzboote, die noch vor vierzig Jahren mitten durch die Stadt fuhren.

    "Wir stehen hier in einem früheren Flussbett des Niger, der früher mal durch Timbuktu floss. Als Jungs haben wir hier mit den Fischern geangelt. Dieses Haus dahinten war das schönste des gesamten Viertels: direkt am Fluss gelegen mit einem wunderschönen Garten. Dann kam das Jahr 1972. Da fiel kein einziger Regentropfen, das ganze Jahr nicht. Sofort sind alle Tiere eingegangen, plötzlich gab es nur noch Sand hier. Hunderte von Menschen sind gestorben. Auf einmal, 1972."

    Elkassim Ag Hadé bringt uns nach Tin Telount, einem Tausendseelendorf 45 Kilometer südwestlich von Timbuktu. Tin Telount liegt in der Nähe des Niger, des über 4000 Kilometer langen Flusses, der hier seine nördlichste Schleife zieht, mitten in der Sahara.

    Elkassim Ag Hadé ist in Tin Telount aufgewachsen. Früher brachten seine Eltern die Kühe und Kamele zum Weiden und zur Tränke hierher. Heute ist es nur noch Wüste. Der heute 45-Jährige hat Glück gehabt. Er stammt aus einer wohlhabenden Familie, hat in der malischen Hauptstadt Bamako studiert und arbeitet heute für die GTZ, die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit.

    Die GTZ hat in Tin Telount, in enger Kooperation mit der malischen Regierung, das "Programm Mali-Nord" begonnen. Das war Mitte der 90er Jahre, die Rebellion der Tuareg, die fünf Jahre lang für mehr Autonomie gekämpft hatten, ging damals zu Ende. Durch die große Dürre und die politischen Unruhen waren über 100.000 Menschen aus dem Norden Malis geflüchtet, meistens nach Mauretanien. Nach der Rückkehr der Flüchtlinge galt es, die Infrastruktur - Brunnen, Bewässerungsanlagen und Schulen - wiederherzustellen. Aber vor allem, die Böden vor der Erosion zu schützen. Kalil Djiteye hat für die GTZ viele Menschen zum Umdenken gebracht:

    "An erster Stelle müssen wir versuchen, die Dünen aufzuhalten. Da gibt es nur eins: Aufforsten und zwar mit Bäumen, die der Trockenheit widerstehen können. Der ‚Prosopis’ ist dafür besonders geeignet. Allerdings frisst das Vieh seine Blätter sehr gern. Das ist nicht gerade praktisch, denn wir müssen darauf aufpassen, dass das Vieh den Boden nicht zerstrampelt, besonders dort, wo aufgeforstet wird. Der Eukalyptus ist durch die Tiere weniger gefährdet, weil er einfach kräftiger ist."

    Das Vieh, es ist der große Reichtum der Nomaden. Doch nach der Dürre wurden viele Menschen im Norden Malis, vor allem Tuareg, gezwungen, ihren Lebensunterhalt als Viehalter aufzugeben. Das war ein Kernpunkt des "Programms Mali-Nord". Die Gegend in der Nähe des Nigers sollte den Tuareg so schmackhaft gemacht werden, dass diese Nomaden es akzeptieren würden, ganz oder teilweise sesshaft zu werden. Für den anderen Teil der nord-malischen Bevölkerung - vor allem die sesshaften Songhai, die hauptsächlich Reis und Hirse anbauen - galt es, sich auf eine moderne Bewässerungslandwirtschaft umzustellen.

    In den letzten Jahren ist der Wasserstand des Nigers dramatisch gesunken. Viele Kleinbauern haben dadurch Überschwemmungsflächen verloren, auf denen Ackerbau betrieben werden kann. Mit modernen Motorpumpen, die das Wasser aus dem Niger schöpfen, hat die GTZ geholfen, von der immer kürzer werdenden Regenzeit unabhängiger zu werden. Die Erträge haben sich sogar in vielen Fällen verdoppelt. Henner Papendieck ist der Koordinator des Programms Mali-Nord.

    "Ich denke, dass durch den Niger eine einmalige Chance für Mali da ist. Das ist ein Gottesgeschenk dieser Fluss. Und sie können natürlich große breite grüne Gürtel damit schaffen. Damit sind wir ja eigentlich auch beschäftigt, durch Kleinbewässerungen und Aufpflanzungen, Aufforstungen und so was. Der Norden Malis könnte eine blühende Landschaft sein, durch den Fluss. Den gesamten Flussrand können sie produktiv nutzen. Das könnte so ähnlich aussehen wie am Nil."