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Kanadas Premierminister
Trudeaus schwierige Reise zu Trump

Kanadas Premierminister Justin Trudeau trifft sich in Washington mit US-Präsident Donald Trump. Beide Länder verbindet viel - die zwei Staatsmänner trennt jedoch eine Menge.

13.02.2017
    Justin Trudeau im September 2016 in Warschau
    Justin Trudeau im September 2016 in Warschau (dpa / picture-alliance / Alexey Vitvitsky)
    Beim Besuch von Trudeaus am Montag in Washington gibt es zahlreiche Themen: Die USA und Kanada haben zwar eine knapp 9.000 Kilometer lange gemeinsame Grenze, der gemeinsame Handel und viele bilaterale Fragen verbinden die Länder seit vielen Jahren. Doch Trump und Trudeau gelten als äußerst unterschiedlich. Trump will sein Land beispielsweise beim Thema Einwanderung abschotten, Kanada vertritt unter Trudeau eine verstärkte Politik der Willkommenskultur. Das Land nahm bislang 40.000 syrische Flüchtlinge auf.
    Das von Trump geplante, aber später von Gerichten aufgehobene Einreiseverbot für Menschen aus mehreren muslimischen Ländern erwiderte Trudeau mit einer klaren Zeichensetzung. "An diejenigen, die vor Verfolgung, Terror und Krieg fliehen, die Kanadier werden Euch willkommen heißen, unabhängig von Eurem Glauben", schrieb Trudeau auf Twitter. "Vielfalt ist unsere Stärke." Wenig später fügte er ein Bild von sich mit einem Flüchtlingsmädchen hinzu.
    Der Freihandel steht in Frage
    Völlig konfrontativ wird das Treffen wohl nicht, denn das Verhältnis zu den USA ist für Kanada von großer Bedeutung, vor allem in wirtschaftlichen Fragen. Doch Trump kritisiert das seit 1994 geltende Freihandelsabkommen Nafta, an dem neben den USA und Kanada auch Mexiko beteiligt ist, als "unfair". Nachdem Trump nun mit Einfuhrzöllen auf in Mexiko gefertigte Waren droht, wächst in Kanada die Sorge über die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA und den Fortbestand von Nafta.
    In dieser Hinsicht hat Trudeau auch sein Kabinett verändert. Chrystia Freeland, die für das Freihandelsabkommen Ceta zwischen Kanada und der EU gekämpft hatte, übernahm Mitte Januar den Posten der Außenministerin. Mit dem neuen Handelsminister François-Philippe Champagne soll sie dafür sorgen, dass Nafta unter Trump nicht in Gefahr gerät. Jedes der drei Länder darf laut Artikel 2205 des Abkommens "sechs Monate, nachdem der Austritt den anderen Parteien schriftlich mitgeteilt wurde, austreten". Für die beiden anderen Länder bliebe das Abkommen in einem solchen Fall in Kraft. Trump hatte bereits des transpazifische Abkommen TPP gekündigt. Bei Nafta ist es jedoch wahrscheinlicher, dass er Druck auf Kanada und Mexiko aufbaut, um einzelne Bedingungen der Vereinbarung neu auszuhandeln.
    Trudeau vermied zuletzt deutliche Worte Richtung Trump. Sein Treffen mit dem US-Präsidenten kündigte er diplomatisch an: Er schrieb, dass starke Beziehungen der Mittelschicht beider Länder weiterhülfen und er mit Trump für dieses Ziel arbeiten wolle.
    Kanada könnte sich stärker an Europa binden
    Sollten sich die Beziehungen beider Länder tatsächlich verändern, könnte sich Kanada stärker an Europa binden. Trudeaus Besuch bei Trump am Montag gingen jedenfalls Telefonate mit Frankreichs Präsident Francois Hollande und Großbritanniens Premierministerin Theresa May voraus. Am Donnerstag wird Trudeau eine Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg halten und am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin besuchen.
    (nch/nin)