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Kanzlerkandidat Martin Schulz
"Seine Chancen stehen dann gut, wenn er etwas verändert"

Der Optimismus im Hinblick auf die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz sei nicht recht nachzuvollziehen, sagte der Politikberater Albrecht Müller im DLF. Um erfolgreich zu sein, müsse Schulz zu den Traditionen der SPD, Frieden und soziale Gerechtigkeit, zurückkehren. Bisher habe er sich aber weder zum Verhältnis mit Russland noch zur Agenda 2010 geäußert.

Albrecht Müller im Gespräch mit Benedikt Schulz | 29.01.2017
    Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel (r) und Martin Schulz (SPD) geben am 24.01.2017 in Berlin in der SPD Zentrale eine Pressekonferenz.
    Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel (r) und Martin Schulz (SPD) geben am 24.01.2017 in Berlin in der SPD Zentrale eine Pressekonferenz. (dpa/picture-alliance/Kay Nietfeld)
    In den Köpfen der meisten Wähler stehe Martin Schulz (SPD) nur für den Präsidenten des Europäischen Parlaments, sagte der Politikberater Albrecht Müller im Deutschlandfunk. Sigmar Gabriels Verzicht auf die Kanzlerkandidatur mit der Begründung, dass Schulz beliebter sei, ließe sich auch insofern nicht nachvollziehen, als dass sie auf Umfragewerten aus dem vergangenen Jahr basiere. "Daraus kann man doch nicht schließen, wie es im Laufe des Wahlkamfps wird", gab Müller zu bedenken. Er wisse nicht, wie Schulz Frank-Walter Steinmeiers Ergebnis von 23 Prozent aus dem Jahr 2009 übertreffen solle.
    Chancen für Martin Schulz sieht der Politikberater dann, wenn er sich auf das Profil der SPD besinnt: "Die SPD ist die große Friedenspartei, die große Entspannungspartei." Wenn sie genauso wie die anderen Parteien den Konflikt zwischen West und Ost anheize, statt zu moderieren, breche sie mit einer wichtigen Tradition. Müller sagte, es sei jedoch nicht erkennbar, dass Schulz zu der Einsicht komme, dass man sich mit Russland verständigen müsse.
    Müller kritisiert Gabriels Vorgehen in der SPD als "undemokratisch"
    Der Politikberater kritisierte auch, dass sich Schulz bislang nicht zur Agenda 2010 geäußert habe. "Ich habe noch nicht gehört, dass er sagt, das war ein Fehler." So sei die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente in den Zeiten von Ex-Kanzler Gerhard Schröder absichtlich zurückgefahren worden . Wenn Schulz soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen Altersarmut ernstnehme, müsse er alle Mittel auf die Stärkung der gesetzlichen Rente konzentrieren.
    Das Vorgehen Sigmar Gabriels beim Verzicht auf die Kanzlerkandidatur nannte Müller "undemokratisch". Statt die SPD bei der Suche nach einem neuen Kandidaten auszuschließen, hätte er zunächst parteiintern nach einer "tollen Persönlichkeit" suchen sollen. Gabriel hätte aus Sicht von Müller auch die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht als übergreifende Kanzlerkandidatin vorschlagen können, da sie auch in konservativen Kreisen anerkannt sei. "Wagenknecht wäre gegen Merkel eine klare Alternative gewesen", so Müller. "Man hätte sich auf einen sehr lustigen Wahlkampf einstellen können." Der Politkberater räumte allerdings ein, dass es sich um ein risikoreiches Manöver gehandelt hätte.
    Das vollständige Gespräch können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.