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Das afrikanische Lissabon
Die Portugiesen zwischen Toleranz und Rassismus

Seit dem Zeitalter der Entdeckungen im 15. Jahrhundert spielt Afrika eine wichtige Rolle im Bewusstsein der Portugiesen. Insbesondere in Lissabon leben viele afrikanische Migranten und Portugiesen mit afrikanischen Wurzeln und prägen die Stadt. Doch latenter Rassismus ist ein Problem.

Von Tilo Wagner | 02.06.2018
    Migranten in Lissabon vor einem Verkaufsstand
    Rechtsradikale Parolen und offene Gewalt gegen afrikanische Migranten kommen in Portugal sehr selten vor. Doch es herrscht ein latenter Rassismus. (Imago)
    Nach dem Ende des Kolonialreichs in den 1970er-Jahren kamen Hunderttausende weiße Portugiesen nach Portugal. Später folgten viele schwarze Afrikaner aus den ehemaligen Kolonien, die in Europa auf der Suche nach einer besseren Zukunft waren. In Portugal fanden sie vor allem schlecht bezahlte Jobs im Baugewerbe oder in der Gebäudereinigung und lebten in Lissabon oder Porto häufig in slumartigen illegalen Wohnvierteln.
    Rechtsradikale Parolen und offene Gewalt gegen afrikanische Migranten kommen in Portugal sehr selten vor. Doch es herrscht ein latenter Rassismus, gegen den die Afrikaner und Portugiesen dunkler Hautfarbe zu kämpfen haben. Das zeigt auch ein Blick auf die einflussreichen Positionen in Politik, in den Medien, in der Wirtschaft und in der Verwaltung: Hier gibt es fast keine schwarzen Portugiesen.
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