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Karriere
Oh, oh Orientierung

Wer nicht schon seit Jahren einen festen Berufswunsch hat, der steht nach dem Abi meist ratlos da. Die Zahl von Ausbildungs- und Studiengängen wächst mehr und mehr, Hochschulen wie Unternehmen werben um den guten Nachwuchs. Die Messe "Einstieg" in Köln will Schülern, Eltern und Lehrern Orientierung bieten.

Von Andrea Lueg | 07.02.2014
    "Weil ich mich erkundigen will nach Studiengängen."
    "Solls auf jeden Fall ein Studium werden?"
    "Ja!"
    "Keine Ausbildung?"
    " Nee."
    "Nee, eigentlich Studium."
    "Mal gucken - ich könnt mir auch ein duales Studium vorstellen, aber ich weiß noch nicht."
    Dass es ein Studium werden soll, ist für die meisten Schüler, die zur Einstieg Messe kommen klar, nur wenige interessieren sich für eine Ausbildung und wenn, dann nur als Sprungbrett für ein späteres Studium. Das freut sicher diejenigen, die sich mehr Akademiker für Deutschland wünschen. Aber es schafft Probleme für alle, die Azubis suchen. Die Handwerkskammern zum Beispiel, auch vertreten auf der Messe. Für Michael Brücken von der Handwerkskammer Köln heißt die Strategie daher: Herausstellen, was man mit einer Ausbildung im Handwerk alles machen kann.
    "Das System ist lange nicht mehr so starr wie es mal war, d. h. wer sich heute für eine Berufsausbildung entscheidet, hat ja nicht den Weg verbaut, dass er später noch mal ne Hochschule besucht. Das weitere ist, das System ist durchlässiger geworden, das heißt auch, dass man heute Lehre mit dem Studium verknüpfen kann. Das man sagt, ok ich mach den Meister und dann später noch mal ein BWL-Studium."
    Duales Studium als beste Verknüpfung zwischen Ausbildung und Beruf
    Als beste Verknüpfung zwischen Ausbildung und Beruf empfinden die meisten Schüler offenbar das duale Studium – maximale Sicherheit sozusagen. Da muss man sich auch nicht mehr wundern, warum am Stand der Polizei so ein Gedränge herrscht.
    "Wir informieren über den Einstieg in den gehobenen Dienst, das ist ein Studium, ein duales Studium, welches wir anbieten."
    Die Polizei NRW hat kaum Probleme für dieses Programm ausreichend und geeignete Bewerber zu finden. Ganz anders sieht es da schon für die Uniklinik Köln aus. Zwar möchten viele auch mal die Plastikpuppe intubieren oder „wiederbeleben“, die es hier am Stand gibt. Aber für den Beruf des Krankenpflegers zu begeistern, ist gar nicht so einfach.
    Viele Schüler haben ihre Eltern mitgebracht oder t auch umgekehrt. Die Messe verzeichnet seit Jahren zunehmend Väter und Mütter als Besucher und spricht sie auch mit gezielten Angeboten an. Denn viele sorgen sich um die Zukunft ihrer Sprösslinge, erklärt Dennis Buss von der Einstieg GmbH, die die Messe veranstaltet.
    "Das ist eigentlich so das Hauptproblem, das die Eltern sagen, wie findet mein Kind das richtige. Mein Kind scheint sich gar nicht so um Berufsorientierung zu kümmern, wie ich das damals gemacht habe, es gibt einfach eine ganz andere Situation heute mit viel mehr Studiengängen, viel mehr Ausbildungsgängen, einer Informationsflut, das gabs eben so vor 20/30 Jahren noch nicht."
    Zunehmendes Interesse der Eltern bei der Orientierung zu helfen
    Das zunehmende Interesse der Eltern, mit zur Messe zu kommen und überhaupt bei der Orientierung stärker mitzuhelfen, hat auch damit zu tun, dass die Schüler durch G8 ein Jahr früher mit der Schule fertig werden. Das dieses Jahr bei der Reife, sich für eine berufliche Perspektive zu entscheiden fehlt, stellt auch Rolf Lachmann von der Agentur für Arbeit fest:
    "Mit dem G8 stellen wir fest, das die Schüler die jetzt noch in der Oberstufe sind doch sich noch schwerer tun als früher in dem G9 System. Sie sind aber auch aktiv, sie kommen hierhin, sie suchen Informationen. Aber das hat auch was mit dem Stand der Persönlichkeitsentwicklung zu tun, dass man sich so früh manchmal noch gar nicht entscheiden kann, das ist ne neue Situation, mit der man lernen muss umzugehen."
    Das riesige Angebot an Studiengängen und Ausbildungen erschlägt viele Schüler und Eltern geradezu. Lachmann rät, sich gar nicht zu früh zu fest zulegen. Es reiche, wenn man sich für ein Feld entscheide, das einen interessiere. Die Umstellung auf Bachelor und Master biete ja gerade die Möglichkeit, später noch Schwerpunkte festzulegen und sich immer weiter seinem Berufsziel anzunähern.
    "Es wäre ne Überforderung und es ist ja heute gar nicht mehr nötig und gar nicht mehr möglich zu sagen, ich suche jetzt den Studiengang, der mich durch den Rest meines Arbeitslebens bringt, das ist der falsche Ansatz."
    Sorgen und Ängste
    Obwohl die wirtschaftlichen Bedingungen die Schüler eigentlich ermutigen könnten, sorgloser an ihre berufliche Zukunft heranzugehen, stellt Berufsberater Lachmann fest, das viele mit großen Sorgen und Ängsten zum Beispiel an ein Studium herangehen. Mut machen sei deshalb die erste Devise. Und:
    "Also das Erste und Wichtigste muss sein: Talent, Interesse, Neigung. Leidenschaft."