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Generation Z "ist eine sehr kritische Generation"

Als Generation Z werden jene bezeichnet, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden. Unternehmen müssten sich auf diese Zielgruppe frühzeitig einstellen, sagte Karrierecoach Karin Reuschenbach-Coutinho im Dlf. Sie erlebe diese Generation flexibel, IT-affin und kreativ, aber auch fordernd und weniger verbindlich.

Karin Reuschenbach-Coutinho im Gespräch mit Thekla Jahn | 10.07.2019
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Die Generation Z sei sehr IT-erfahren, kreativ und habe ganz bestimmte Vorstellung davon, wie sie arbeiten möchte, weiß Karrierecoach Karin Reuschenbach-Coutinho (imago images | Westend61)
Thekla Jahn: Wirbelt die Generation Z – wie die zwischen 1997 und 2012 Geboren auch bezeichnet werden – als nächstes den Arbeitsmarkt durcheinander? Diese Frage stand heute im Mittelpunkt einer Diskussion an der Frankfurt School. Und mit dabei war Karin Reuschenbach-Coutinho. Schönen guten Tag.
Karin Reuschenbach-Coutinho: Hallo! – Guten Tag, Frau Jahn.
Jahn: Frau Reuschenbach, Sie leiten die Career Services an der Hochschule und beraten Studierende bei der Suche nach Praktika, beim Jobeinstieg und der Karriereplanung. Wie nehmen sie denn die Generation Z war? Z wie Zukunft, wie zielorientiert, oder wie würden Sie sagen?
Reuschenbach-Coutinho: Ich glaube, da kann man schon die beiden Worte benutzen: Zielorientiert Zukunft. Das ist eine sehr kritische Generation beziehungsweise die, mit denen wir hier zu tun haben in Career Services, die wir beraten. Die sind sehr kritisch; die sind aber auch sehr realistisch und die sind auch teilweise sehr fordernd und weniger verbindlich. So würde ich das jetzt mal in ein paar Schlagworten zusammenfassen, wobei mir natürlich wichtig ist, noch mal zu erwähnen: Es ist immer nur die, mit denen wir hier zu tun haben. Jede Generation ist keine homogene Masse, sondern ist eine Bandbreite von unterschiedlichen Individuen.
Jahn: So viele wie es sind – genau! – Sie sagen, weniger verbindlich. Was heißt das? Meinen Sie damit egoistisch?
Reuschenbach-Coutinho: Ich würde es nicht als egoistisch bezeichnen. Die Verbindlichkeit – ich mache es daran fest, dass die genau wissen, dass sie unendlich viele Möglichkeiten haben. Sie sind auch so aufgewachsen. Wenn man allein die Technik betrachtet: Da gab es für die ja unendliche Möglichkeiten, zu jeder Zeit und überall Informationen einzuholen.
Gleichzeitig erleben wir – und das meine ich mit Verbindlichkeit -, dass wir hier zum Beispiel bei Veranstaltungen oft eine No-show-Rate haben. Das heißt, man meldet sich an, selbst wenn man von Unternehmen eingeladen worden ist, und kommt dann doch nicht.
Jahn: Schauen wir einmal zurück zu der Generation vor der Generation Z, die vor ungefähr zehn Jahren auf den Arbeitsmarkt drängte. Wie unterscheiden sich die Vertreter der jungen Generation von denjenigen von vor zehn Jahren?
Reuschenbach-Coutinho: Es ist dann die Generation Y, von der wir jetzt sprechen. Die sind schon anders. Sie sind sehr karriereorientiert. Die sind auch beständiger, würde ich sagen, weniger flexibel auch wie die Nachfolgegeneration, wobei wir auch hier beobachten, dass sich das in Teilen auch in der Generation Y schon wiederspiegelt.
Jahn: Sie haben gerade gesagt, die Generation Y ist karriereorientiert. Bedeutet das im Umkehrschluss, die Generation Z ist das nicht?
Reuschenbach-Coutinho: Die definieren, glaube ich, Karriereorientierung anders. Da geht es darum, etwas Sinnhaftes zu tun, wobei bei der Generation, die davor war, es so war, bei der großen Firma groß einzusteigen, möglichst schnell den nächsten Karriereschritt zu machen, möglichst schnell mehr Geld zu verdienen. Die sind auch mehr nach unserer Erfahrung hier mehr statusorientiert. Das sehen wir bei den jüngeren nicht so.
Unternehmen müssen sich neu einstellen auf Bewerber
Jahn: Das heißt, es kommt ein großer Umbruch auf die Unternehmen zu.
Reuschenbach-Coutinho: Ich denke schon, dass man sich da neu einstellen und aufstellen muss, die Zielgruppe genauer zu beobachten, herauszufinden, was ist denen überhaupt wichtig und was wollen die. Gleichzeitig sehen wir, dass viele Unternehmen auch noch mit der Vorgängergeneration, die ja auch noch im Arbeitsmarkt ist, …
Jahn: Und noch lange bleiben wird.
Reuschenbach-Coutinho: Genau! - und mit der Generation Y beschäftigt ist. Die haben gerade, nach unserem Dafürhalten, zwei Spielfelder, die sie gleichzeitig bespielen müssen.
Jahn: Was heißt das für die Unternehmen? Auf was müssen sich denn Unternehmen bei dieser Generation einstellen?
Reuschenbach-Coutinho: Diese Generation hat natürlich auch positive Seiten.
"Eine Unternehmenskultur muss wirklich auch das leben, was sie versprochen hat"
Jahn: Welche?
Reuschenbach-Coutinho: Die sind sehr IT-erfahren. Die sind sehr flexibel auch, was manchmal auch negativ sein kann für Unternehmen. Aber die sind auch sehr kreativ und die Vorstellungen und Ansprüche, die sie haben, die sind zum einen natürlich auch für sich selbst, ich möchte Home-Office-Regelung haben, ich möchte da arbeiten, wo ich gerade bin, ich möchte trotzdem den festen Arbeitsplatz irgendwo haben. Aber auf der anderen Seite ist man auch darauf bedacht in der Generation, dass das, was versprochen wurde, auch eingehalten wird. Ich denke, es sollten wirklich persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen gegeben sein. Das fordern die auch ein. Eine Unternehmenskultur muss wirklich auch das leben, was sie versprochen hat.
Jahn: Das heißt, diese Generation macht den Unternehmen Beine und die Unternehmen können sich nicht mehr so viel rausnehmen wie früher?
Reuschenbach-Coutinho: Das ist das, was meiner Erfahrung nach ein bisschen noch zu kurz kommt bei Unternehmen, dass man wirklich sich auf neue Zielgruppen intensiver einstellt und auch vorbereitet. Und ich denke auch, dass man ziemlich früh auch an die Zielgruppe herangehen muss, dass man die an deren Orten auch abholen muss, und nicht erst warten muss, bis ich einen Bedarf aus einer Fachabteilung habe.
Jahn: Das heißt, wir stellen bei der Generation Z, wenn ich das zusammenfassend versuche zu sagen, fest, dass sie genau weiß, dass aufgrund des demographischen Wandels sie die besseren Karten auf dem Arbeitsmarkt hat als frühere, zum Beispiel die Baby-Boomer-Generation, und sie deswegen mehr fordern können von den Unternehmen?
Reuschenbach-Coutinho: Ja, genau das ist so, und wenn die Forderungen beziehungsweise das, was man versprochen hat, nicht eintreffen, ist man auch schnell bereit zu wechseln, weil auch der Arbeitsmarkt gerade ein Arbeitnehmer-Arbeitsmarkt ist und man vor allen Dingen auch junge, gut ausgebildete Nachwuchskräfte braucht.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.