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Karriererisiko Google

Google ist die am meisten benutzte Suchmaschine im Internet. Inzwischen hat sich daraus sogar ein Verb entwickelt: Man "googlet" mal schnell, um sich über ein Thema zu informieren. Auch für Personalchefs kann die die Recherche unerwartete Einblicke ins Privatleben eines Bewerbers bringen. Deshalb sollte man genau wissen, welche Informationen über einen frei zugänglich im Netz vorhanden sind.

Von Stefan Römermann | 25.08.2005
    Sprachwissenschafts-Studentin Tatjana fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen, als sie die Internet-Seite ihrer kleinen Theatergruppe anklickte. Vergangen Sommer hatte sie mit der Gruppe ein Stück einstudiert. Alles lief prima, doch vor der letzten Aufführung wurde sie krank und musste absagen. Schließlich lag mit einer fetten Sommergrippe im Bett. Auf der Internet-Seite des Vereins klang das allerdings plötzlich ganz anders:

    "Da stand eben drin, dass ich die Gruppe im Stich gelassen hätte, und eine solche Vorgehensweise hoffentlich beim nächsten Mal zum Rausschmiss führen wird. Und dass Mitglieder einer solchen Theatergruppe doch wissen müssen, was sie für eine Verantwortung haben, und ich dieses Bewusstsein nicht mitbringen würde."

    Das ganze mit vollem Namen, Foto und Lebenslauf waren ebenfalls noch auf der Seite. Keine guten Referenzen für ein Bewerbungsgespräch. Schließlich kommt es gerade bei besser bezahlten Stellen auf die Zuverlässigkeit des Bewerbers an, erklärt die Leipziger Personalberaterin Silvina Fehling.

    "Alles was an fachlicher Kompetenz fehlt, kann man nachholen, kann man lernen. Ausschlaggebend ist ganz einfach die soziale Kompetenz. Und gerade in Führungspositionen ist das das Allerwichtigste, was geprüft wird, und was auch abgeklärt wird."

    Um das herauszufinden, suchen Personalchefs inzwischen immer häufiger im Internet. Hat der Bewerber vielleicht schon mal etwas veröffentlicht? Gibt es Zeitungsartikel oder sogar Bücher? Ist er in irgendwelchen Vereinen engagiert? Internet- oder Medienagenturen suchen vor allem nach Referenzen, und werden fündig auf Internet-Seiten, die der Bewerber gebaut hat. Ben Streubel von der Stuttgarter Agentur Seitenblick stolpert dabei allerdings immer wieder über eher private Dinge.

    "Ich hatte mal einen Programmierer eingeladen, und hab dann kurz vorher noch mal seinen Namen in eine Suchmaschine eingegeben. Und als erstes kamen dann Bilder von einer Party, wo man den besagten Bewerber mit einer Bierflasche in der Hand gesehen hat. Und dann habe ich natürlich weiter geklickt. Auf dem zweiten Bild war dann sogar noch was drauf, wo er sich mit der Bierflasche in der Hand übergeben hat. Und das wurde dann doch ein sehr lustiges Vorstellungsgespräch, als ich plötzlich die Bilder an die Wand gebeamt habe."

    Der Programmierer hat den Job trotzdem bekommen, und ist inzwischen einer der besten Mitarbeiter der Firma, sagt Streubel. Doch nicht immer geht die Sache so glimpflich aus. Bewerber sollten deshalb wissen, was über sie im Netz steht. Freunde und Bekannte kann man darum bitten, nicht den vollen Namen zu benutzen, wenn sie Fotos auf ihren Internet-Seiten stellen. Auf alles andere sollte ein Bewerber zumindest vorbereitet sein. Allerdings wird die Putzfrau oder der Industriekaufmann in der Regel wohl nicht so gründlich geprüft, sagt Personalberaterin Fehling.

    "Ich kann mir nicht vorstellen, bei der heutigen Arbeitsmarkt-Situation, dass wenn sie tausend Bewerbungen auf dem Tisch liegen haben, und bei manchen Stellen ist das so, dass sie da Zeit haben, Bewerber im Internet nach kuriosen Seiten zu recherchieren. Interessant ist es nur dann, wenn es eine ziemlich hoch dotierte Stelle ist, und wenn es eine sehr verantwortungsvolle Position ist."

    In solchen Fällen entscheidet oft der Gesamteindruck. Und den kann ein Bewerber mit einer clever gebauten Homepage erheblich aufpolieren. Wer sich im Internet gut präsentiert, kann so bei einem zukünftigen Arbeitgeber durchaus Punkte sammeln. Diese Seite sollte dann allerdings auch wirklich professionell gestaltet sein. Bei den meisten Homepages hilft wohl nur noch abschalten, sagt Internet-Experte Streubel.

    "Grundsätzlich kann man sagen: Lieber keine eigene Homepage ins Netz stellen, als eine Happy-Home-Produktion, die dann nicht gepflegt wird, und nach ein, zwei Jahren schon sehr antiquiert aussieht, und eher einen schlechten Eindruck macht. Ansonsten gibt es für Ideen im Netz ja glücklicherweise kaum Grenzen."