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Karstadt
Gewerkschaften kritisieren Sparpläne

Sechs Warenhäuser sollen geschlossen werden, über 2.000 Mitarbeiter müssen gehen - der Warenhauskonzern Karstadt plant tiefe Einschnitte bei seiner Belegschaft und fordert darüber hinaus Kürzungen bei Gehältern, Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Von den Gewerkschaften kommt scharfe Kritik.

Von Thielko Grieß | 24.10.2014
    Eine Passantin geht am Dienstag (08.06.vor dem Karstadt-Warenhaus in Münster an einem Plakat mit dem Aufdruck "Reduziert" vorbei.
    Der Warenhauskonzern Karstadt steckt in der Krise. (picture alliance / dpa / Rene Tillmann)
    Die Königstraße liegt in Stuttgarts Zentrum – hier reiht sich ein Geschäft an das nächste. Karstadt belegt einen großen, mehrstöckigen Quader aus hellen Steinen und viel Glas. "Wenn Sie sich umschauen, das ist einer der interessantesten Standorte von Stuttgart. Wir haben hier einen Eckpunkt mit der Königstraße, die bundesweit eine der bestfrequentiertesten Einkaufsstraßen ist. Also, das ist ein Top-Standort", sagt Michael Markowski, Betriebsratsvorsitzender bei Karstadt Stuttgart.
    Für das Weihnachtsgeschäft bleibt das Haus noch geöffnet – aber Mitte des nächsten Jahres soll es schließen. Ebenso wie bei Karstadt in Hamburg-Billstedt. Außerdem beendet das Unternehmen zwei Verkaufsversuche: Unter dem Namen K-Town hatte es in Köln und Göttingen junge Kunden anziehen wollen, in den Schnäppchencentern in Paderborn und Frankfurt / Oder wurde Auslauf-Ware angeboten. Auch sie schließen im nächsten Jahr.
    "Ich find das schlimm", meint diese Mitarbeiterin in Köln. "Vor allen Dingen sind es viele Kolleginnen, die seinerzeit von Karstadt gewechselt sind nach K-Town, junge Leute, die jetzt quasi ihren Arbeitsplatz verlieren." Karstadt entlässt nach Unternehmensangaben 350 Mitarbeiter. Weitere 2.000 Stellen, erklärte die Gewerkschaft Verdi, sollen in den übrigen Filialen und in der Zentrale in Essen wegfallen. Die neue Unternehmensführung verweist auf die schlechte finanzielle Lage – Karstadt schreibt Verluste. Aufsichtsratschef Wolfram Keil ließ schriftlich mitteilen: "Wir stehen erst am Anfang eines langen Prozesses. Karstadt steht vor einem tiefgreifenden und umfassenden Wandel – Sanierung und Zukunftskonzept bedingen sich gegenseitig."
    Was das bedeuten könnte, dazu hat sich Karstadt-Chef Stephan Fanderl in Umrissen im Handelsblatt geäußert: Das Management werde mit der Gewerkschaft über Personalkosten verhandeln, konkret geht es um Urlaubs- und Weihnachtsgeld, außerdem darum, wie schon seit anderthalb Jahren, auch in naher Zukunft Gehälter zu zahlen, die unter dem Flächentarifvertrag liegen. Für Verdi ist dieser Ansatz zu wenig.
    "Es gibt so einen Reflex anscheinend bei Managern von Karstadt, die werden morgens wach und denken nicht, wie machen wir Umsatz, wie kriegen wir die Kunden, sondern wir haben so den Eindruck, es geht vor allen Dingen um Kostenreduzierung und nicht um Umsatzgenerierung", kritisiert Stephanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstand. Tatsächlich haben Beschäftigte in den vergangenen Jahren mehrfach durch Verzicht dazu beigetragen, die Kosten zu senken. Bei Verdi heißt es, Verlustbringer seien die Warenhäuser, dagegen bereiteten Karstadt Sport und die drei Premiumhäuser in München, Berlin und Hamburg kaum Sorgen.
    Von den Warenhäusern aber schreibt jedes Vierte rote Zahlen, lässt sich der Karstadt-Chef zitieren. Möglich ist deshalb, dass die Warenhauskette nach dem Weihnachtsgeschäft weitere Häuser schließt, weitere Mitarbeiter entlässt. Wie der neue Mann an der Spitze das Unternehmen genau verändern will, ist nicht bekannt. Stephan Fanderl sagte dem Handelsblatt: "Es gibt zwei Gruppen von Käufern in einem Warenhaus: die Kunden, die sich inspirieren lassen wollen, und die Kunden, die möglichst bequem ihren Bedarf decken möchten."
    Entsprechend werde Karstadt seine Filialen einteilen. Damit könnten die Häuser künftig, je nach Region, Lage, Konkurrenz und Kaufkraft anders aussehen. Das aber wird nur funktionieren, falls der österreichische Eigentümer Rene Benko zu Investitionen bereit ist – um die vielen Kunden zurückzugewinnen, die die Warenhäuser in den letzten Jahren verloren haben.