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Kartellrecht
Tengelmann will verkauft werden

Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub will seine Firma unbedingt an Edeka verkaufen. Das Bundeskartellamt hatte das verboten, es sieht Nachteile für Verbraucher. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel könnte sich darüber hinwegsetzen. Heute haben Tengelmann und Edeka um ihn gebuhlt.

Von Stefan Maas | 16.11.2015
    Ein Mann geht mit jeweils einer Tüte von Edeka und Kaiser's über die Straße.
    Edeka und Kaiser's - wenn es nach den beiden Unternehmen geht, sind beide Supermarktketten bald in einer Hand. (dpa / Oliver Berg)
    Jetzt liegt die Entscheidung bei Sigmar Gabriel. Nachdem das Bundeskartellamt Anfang April den Kauf von 450 Kaiser's-Tengelmann-Supermarktfilialen durch Edeka aus Wettbewerbsgründen untersagt hatte, bleibt den beiden Unternehmen nur noch, auf eine Sondererlaubnis des Ministers zu hoffen. Um die möglichst bis Jahresende zu bekommen, warben heute die Chefs der beiden Firmen bei einer Anhörung im Wirtschaftsministerium für die Übernahme.
    Nur wenn Edeka alle Filialen kaufen könne, sei die Zukunft der 16.000 Arbeitsplätze bei der angeschlagenen Supermarktkette Tengelmann sicher. Damit überwögen die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Komplettübernahme die Bedenken durch das Bundeskartellamt, argumentierten sowohl Edeka-Chef Markus Mosa und Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. Nur wenn der Wirtschaftsminister überzeugt ist, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile überwiegen, kann er gegen das Kartellamt entscheiden.
    Das befürchtet, durch die Übernahme entstehe im Lebensmittelhandel, der schon heute von nur vier Ketten dominiert wird – neben der Nummer eins Edeka sind das mit weitem Abstand Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und außerdem Aldi – eine noch größere Machtkonzentration. Das werde zu Preiserhöhung und weniger Wettbewerb führen.
    Betriebsrat ist gegen den Verkauf
    Manfred Schick, der Tengelmann-Betriebsratsvorsitzende der Region München/Oberbayern; bezweifelt, dass die Arbeitsplätze der Tengelmann-Mitarbeiter in dem neuen Unternehmen langfristig gesichert sind. Denn Edeka ist wie ein Netz aus selbständigen Einzelunternehmen aufgebaut.
    "Wir befürchten die Zerschlagung unserer Region München/Oberbayern in 187 einzelne Filialen. Zerschlagung heißt im Prinzip, wir gehen über an selbständige Einzelhändler. Darum haben die Mitarbeiter bei den privaten Einzelhändlern in unserer Region schlechte Zukunftsperspektiven, was Tarifgehalt, was Tarifbindung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld anbelangt und was den Schutz durch Betriebsräte anbelangt."
    Edeka verspreche zwar, die Arbeitsverhältnisse zu übernehmen, den Tengelmann-Mitarbeitern gehe es aber um die Beschäftigungsverhältnisse:
    "Arbeitsplätze kann man neue mit Sicherheit gründen, aber zu welchen Konditionen? Wir sagen, wir haben ein Beschäftigungsverhältnis, die Mitarbeiter haben ein Recht darauf, ordentlich behandelt zu werden."
    Auch die Gewerkschaft Verdi warnt, der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sei nicht gewährleistet.
    Gabriel ermahnt Spitzenmanager
    Konkurrent Rewe, den Tengelmann ebenfalls wegen der Übernahme angesprochen hatte, argumentierte, wegen der Edeka-Struktur werde Tengelmann faktisch zerschlagen. Tengelmannchef Haub warf den Edeka-Konkurrenten vor, sie wollten sich lediglich die Rosinen herauspicken. Filialen, die nicht hochprofitabel seien, fänden keine Käufer, wenn Edeka nicht alle Filialen kaufen würde.
    Wirtschaftsminister Gabriel betonte, er habe nur zu entscheiden, ob die Übernahme im Interesse der Allgemeinheit liege. Mit Blick auf die Auftritte der Spitzenmanager sagte der SPD-Politiker, bei Anhörungen würden keine Verkaufsverhandlungen geführt. Wann genau Gabriel seine Entscheidung fällen wird, steht nicht fest.