Donnerstag, 28. März 2024

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KAS-Vorsitzender hofft auf Einlenken der ägyptischen Behörden

Finanzierung und Betrieb einer illegalen Organisation, so lautet der Vorwurf der ägyptischen Justiz gegen zwei Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo. Sein Eindruck sei, dass die ägyptischen Behörden daran interessiert seien, das gute Verhältnis mit Deutschland aufrecht zu erhalten, sagt KAS-Vorsitzende Hans-Gert Pöttering. Jetzt müssten den Worten Taten folgen.

Hans-Gert Pöttering im Gespräch mit Michael Köhler | 08.02.2012
    Michael Köhler: Ein Jahr nach der Arabellion brodelt es heftig in Ägypten. In Kairo sind nicht nur amerikanische Mitarbeiter von Organisationen zur Förderung der Demokratie mit einem Ausreiseverbot belegt worden. Auch andere sogenannte NGOs (Non-governmental organisation) sind betroffen. Die ägyptische Justiz will auch Andreas Jacobs, den Leiter des Kairoer Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung, vor Gericht stellen. Insgesamt werden über 40 Personen in- und ausländischer Nichtregierungsorganisationen an ihrer Arbeit gehindert und sogar angeklagt. Ihnen wird Finanzierung und Betrieb einer illegalen Organisation vorgeworfen.

    Hans-Gert Pöttering ist Vorsitzender der Adenauer-Stiftung. Er hat heute in Kairo mit dem Außenminister, der Ministerin für internationale Zusammenarbeit, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte des Parlaments in Ägypten und dem Vorsitzenden des Kulturausschusses des Parlaments gesprochen. Ich habe ihn am Nachmittag gefragt, wie können Sie helfen, was können Sie für Ihre Mitarbeitern in dieser Situation tun?

    Hans-Gert Pöttering: Also ich bin ja hier in Kairo in diesem Moment noch, wo wir miteinander sprechen, und wir haben unsere Solidarität erklärt, uneingeschränkte Solidarität mit unseren beiden Mitarbeitern, die betroffen sind, also Andreas Jacobs, der Leiter unseres Büros, und seiner Vertreterin Christina Baade, und wir haben den ägyptischen Behörden, den Ministern deutlich gemacht, dass dieses für uns ein ganz ernsthafter Vorgang ist, den wir aufs Schärfste verurteilen, wie die ägyptischen Behörden sich verhalten. Und mein Eindruck war, dass alle Beteiligten auf ägyptischer Seite daran interessiert sind, eine Lösung zu finden, auch das gute Verhältnis mit Deutschland aufrecht zu erhalten, was natürlich hier durch dieses Verfahren beeinträchtigt wird. Das haben wir bis heute gehört, aber es müssen jetzt den Worten auch Taten folgen.

    Köhler: Herr Pöttering, die Regierung in Kairo, Ministerpräsident Kamal Gansuri zeigt sich unbeeindruckt von der westlichen Kritik. Wie reagieren Sie darauf? Empfehlen Sie Ihren Mitarbeitern, in die Botschaften zu flüchten, holen Sie die raus, oder sagen Sie, wir müssen Geduld haben?

    Pöttering: Also zunächst einmal können beide Vertreter, um die es geht, das Land nicht verlassen, es gibt ein Ausreiseverbot, und meine Empfehlung ist, dass wir die Situation jetzt sehr sorgfältig weiter beobachten und dann das tun, was unsere Mitarbeiter selber auch machen wollen. Und im Fall von Frau Baade ist es so, dass sie mit einem Ägypter verheiratet ist, insofern ist für sie die Lage noch etwas anders als für Andreas Jacobs. Aber wir werden das tun, was unsere beiden Mitarbeiter selber wollen, und wir bleiben im ständigen Kontakt mit den beiden Mitarbeitern.

    Köhler: Wir wissen, dass die zaghaften, auch künstlerischen Versuche, sich Gehör zu verschaffen, immer nur in den geschützten Räumen von NGOs, also Goethe-Institut, Ebert-Stiftung, Seidel- und Adenauer-Stiftung, möglich sind. Ist damit jetzt vorerst Schluss? Anders gefragt: Schließen Sie Schließungen aus?

    Pöttering: Man kann natürlich nie etwas ausschließen, aber ich möchte die Situation nicht dramatisieren. Wir sind daran interessiert, dass wir weiter in Ägypten arbeiten können. Die Minister, die wir getroffen haben, natürlich auch die Parlamentarier, haben ausdrücklich gesagt, sie wollen weiter gute Beziehungen zur Adenauer-Stiftung, zu Deutschland, aber auch zur Europäischen Union, und wenn die Behörden, die Regierung das so will in Ägypten, dann müssen jetzt den Worten Taten folgen in einem positiven Sinne, und das möchte ich zunächst einmal abwarten, ehe wir weitere Schlussfolgerungen ziehen.

    Köhler: Abschließend gefragt: Morgen befasst sich der Bundestag mit den Repressalien. Was zeigt das Ihrer Meinung nach, der Sie ja auch Präsident des Europäischen Parlaments waren, für den demokratischen Prozess innerhalb der Arabellion? Ist das ein Rollback?

    Pöttering: Das wollen wir nicht hoffen. Zunächst einmal freue ich mich über die Solidarität, die die Konrad-Adenauer-Stiftung erfährt, durch den Deutschen Bundestag, weit darüber hinaus, durch die Europäische Union, und mein Eindruck hier in Kairo ist, dass dieses seine Wirkung auch haben wird, wenn ich auch die Stellungnahme des Ministerpräsidenten bedauere. Aber unsere Gespräche und das, was im Deutschen Bundestag an Debatten geführt wird, möglicherweise auch noch im Europäischen Parlament, wird hoffentlich dazu beitragen, dass die ägyptische Seite auch zur Einsicht kommt, und deswegen bin ich nicht ohne Hoffnung, aber wir sind noch nicht an dem Punkt, dass wir sagen, wir haben eine Lösung.

    Köhler: Ein Allerletztes, ganz persönlich und menschlich gefragt: Was für einen Eindruck macht Herr Jacobs und die Kollegin auf Sie? Haben die Angst, oder sind die einigermaßen gelassen?

    Pöttering: Ja, sie sind natürlich sehr besorgt und mein Eindruck war, dass der Besuch von Gerhard Wahlers, unserem stellvertretenden Generalsekretär, der auch die Verantwortung hat für die Außenbüros, und mir als dem Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung, doch eine beruhigende Wirkung hatte, weil sie wissen, sie sind nicht alleine, die Konrad-Adenauer-Stiftung steht solidarisch hinter ihren Mitarbeitern, und das war ja auch mit ein Hauptgrund, neben den politischen Gesprächen, dass wir unseren Mitarbeitern zeigen wollten, ihr seid nicht allein, wir sind an eurer Seite.

    Köhler: ... , sagt Hans-Gert Pöttering, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu den Anklagen gegen seine Mitarbeiter heute in Kairo.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.