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Katar
Mit Milliarden und Beharrlichkeit in Reihe eins

Aktuell spielen in Katar die Handballer ihre Weltmeisterschaft aus, 2022 werden wohl die Fußballer folgen. Das Sportengagement des Emirats ist gewaltig – genau wie der Vorwurf, dabei gegen Menschenrechte zu verstoßen. Eine Ausrichtung Olympischer Spiele scheint dennoch möglich.

Heinz Peter Kreuzer | 18.01.2015
    Luftaufnahme von Doha in Katar am Persischen Golf
    Immer mehr Sportereignisse finden in Katar statt. (picture alliance / ZB / Britta Pedersen)
    Es geht jetzt so richtig los mit der katarischen Ära im Weltsport. Das steinreiche Emirat hat (fast) alles im Sport gekauft, was es zu kaufen gab. Fußball-Mannschaften, TV-Rechte und natürlich Großereignisse. Wohin wird das noch führen?
    "Es gibt die Vision 2030, das ist eine Vision des Staates Katar, und in dieser Vision ist klar definiert, in welcher Richtung sich das Land entwickeln soll. Sport spielt da eine ganz entscheidende Rolle."
    ... sagt Christian Wacker. Der Archäologe hat sechs Jahre lang das Sport- und Olympiamuseum in Katar aufgebaut. Seine These wird von den Fakten unterstützt. Mit ihren Ölmilliarden kaufen die Wüstenstaaten den Sport weltweit auf. Das Sponsoring-Beratungsunternehmen Repucom hat in dem Report "Emerging Giants" die Eckdaten zusammengefasst. 1,5 Milliarden US-Dollar haben die Scheichs in europäische Fußballvereine investiert. 2009 zahlten die Unternehmen aus dem Mittleren Osten fast 25 Millionen US-Dollar für Trikotwerbung, 2014 hatte sich dieser Betrag mehr als versechsfacht. Der Kauf von Top-Klubs, von Fernsehrechten und Sponsoring ist Teil einer groß angelegten Strategie. Professor Henning Vöpel, der Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts:
    "Nun diese Länder sind zu Geld gekommen durch Öl, das Öl ist endlich. Das heißt, sie sind auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen, sie müssen sich international bekannt machen, sich neue Märkte erschließen, da ist der Fußball mit seiner großen Reichweite weltweit natürlich geeignet."
    Direkt könne man zwar kein Geld mit dem Fußball verdienen, aber der Fußball sei als Vehikel geeignet.
    "Und dann eben indirekt Geschäfte zu machen, also sei es im Tourismus, es gibt ja viele Airlines, die im Fußball engagiert sind, und insoweit ist der Fußball ein guter Kanal, ein gutes Vehikel."
    Und die Fußballfunktionäre spielen mit. Diskussionen um Menschenrechte, die unwürdige Behandlung von Gastarbeitern, spielt für sie nur eine untergeordnete Rolle. So ist Bayern-Trainer Pep Guardiola Botschafter für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar, der deutsche Rekordmeister absolvierte dort in der Winterpause sein Trainingslager. Vorstandschef Karlheinz Rummenigge:
    "Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar. Natürlich lesen wir auch, dass dort gewisse Dinge passieren, die uns in Deutschland nicht gefallen. Wir haben uns damit wirklich ausführlich befasst. Und am Ende des Tages haben wir uns entschieden, doch dahinzugehen. Der einzige Grund ist, dass dort die besten sportlichen Qualifikationen vorhanden sind."
    "Trainingsbedingungen könnte man anderorts auch gute vorfinden. Ich denke, es gibt auch umgekehrt seitens der Vereine durchaus ein wirtschaftliches Interesse dort hinzugehen, weil dort relativ Geld zu verdienen ist, über Sponsoring, Verkauf von TV-Rechten usw. Das heißt, nicht nur der Fußball wird für diese Länder attraktiv, für die Staatsfonds, umgekehrt wird für diese Vereine nämlich diese Region, die wirtschaftlich dynamisch ist, weil man sich dort ein wirtschaftliches Standbein aufbauen kann", sagt der Ökonom Vöpel.
    Die Verbandsfunktionäre machen ebenfalls gerne die Augen zu. Fast jährlich findet mittlerweile in Katar ein sportliches Großereignis statt, Höhepunkt ist die Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Weder die Terminprobleme wegen der unmenschlichen Hitze noch die ebenso unmenschlichen Bedingungen für die Gastarbeiter haben zu einem Umdenken geführt. Für die Denkweise vieler Funktionäre steht stellvertretend Franz Beckenbauer:
    "Also ich habe noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Die laufen alle frei rum, weder in Ketten gefesselt, noch mit Büßerkappe am Kopf, das habe ich noch nicht gesehen."
    Mit den Ölmilliarden werden die Veranstaltungen gekauft. Zuletzt wurden die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2019 nach Doha vergeben. Fast zeitgleich wurde ein 30 Millionen-Dollar-Sponsoring aus Katar für den Weltverband bekannt. Dohas Konkurrent war unter anderem die US-Leichtathletik-Hochburg Eugene in Oregon. Deren Bewerbung wurde von einem Weltkonzern wie Nike gepusht. Professor Vöpel:
    "Tatsächlich erleben wir, dass von dort aus ein größerer Einfluss ausgeht, auch in den Sportverbänden. Und zwar gibt es unterschiedliche Interessen weltweit in den Konföderationen, aber mit Geld kann man Interessen gleich gerichtet machen und das geschieht hier offenbar, also man versucht Mehrheiten zu beschaffen, dass man Kompensationen leistet in Form von Geld."
    Für Katar-Kenner Christian Wacker steht fest. Katar wird sich auf der Sport-Landkarte weiter etablieren.
    "Ich denke, das Katar in der Lage sein wird, seine Ziele im Großen und Ganzen zu erreichen, sowie sie in der Vision definiert sind Es wird Katar bestimmt gelingen, auch weitere internationale Sportveranstaltungen durchzuführen."
    Die Krönung für den Wüstenstaat wäre die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele, als Running Gag geistert auch immer wieder die Organisation von Winterspielen in der Wüste durch die Sportwelt. Die Bewerbungen für Olympia 2016 und 2020 scheiterten. Aber Doha werde es weiter probieren. Davon ist mit Craig Reedie, der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur und eines der führenden IOC-Mitglieder, überzeugt. Und ihre Beharrlichkeit hat die Kataris immer wieder zu ihrem Ziel geführt.