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Katastrophenschutz
Frühwarnung per App

Sirenen, Autohupen oder Radiomeldungen: Wenn es darum geht, die Bevölkerung vor Katastrophen zu warnen, werden in Deutschland die unterschiedlichsten Warnsysteme genutzt. Mancherorts kommen die Frühwarnungen sogar schon per App. Auf dem Europäischen Katastrophenschutzkongress in Berlin wird nun nach einer bundesweiten Gesamtlösung gesucht.

Von Philip Banse | 28.09.2015
    Mann im Anzug hat ein Smartphone in der Hand
    Wer sich informieren und frühzeitig vorwarnen lassen will, kann sich auf Android und Apple Telefonen die App NINA installieren, die vom Bund zur Verfügung gestellt wird. (picture alliance / dpa)
    Apps zählen zum Standard, wenn es darum geht, die Bevölkerung vor Katastrophen zu warnen. Die Berliner Feuerwehr etwa warnt die Berliner etwa seit Jahren mit ihrem System Katwarn. Damit seien die Berliner in den vergangenen Jahren mehrmals vor Glatteis, Starkregen, Unwetter und Rauch gewarnt worden, sagt Berlins Landesbranddirektor Wilfried Gräfling:

    "Der ursprüngliche Weg war die Benachrichtigung allein über die SMS. Dann haben wir das erweitert, in dem wir eine App zur Verfügung gestellt haben für die bekannten Systeme. Mittlerweile sind wir auf den Infoboards auch der BVG, der Verkehrsgesellschaft, und mit der Wall AG auch auf deren digitalen Boards."
    "Ein ganzer Blumenstrauß an Warninstrumenten"
    Die Bonner Feuerwehr warne die Bevölkerung nicht vor Glatteis und Starkregen, sagt Jochen Stein, Leiter der Feuerwehr Bonn, da müsse sich die Bevölkerung schon selbst informieren. Offizielle Warnungen gebe es erst bei wirklichen Katastrophen:

    "Bei den größeren Katastrophen haben wir einen ganzen Blumenstrauß an Warninstrumenten, die wir nutzen würden. Zum einen sind das Sirenen, die wir überall im Stadtgebiet installiert haben; dann gibt es Internet-Schnellmeldungen; wir haben die Möglichkeit in Bonn, direkt in den Lokalradiosender von der Leistelle aus einzusprechen und als letztes Instrument gibt es noch Warnfahrzeuge der Feuerwehr, die als Warnfahrzeuge ausgestattet sind, und dann durch die Straße fahren."

    Stichwort Sirenen: Davon gab es mal 100.000 in Deutschland, es werden aber immer weniger, sagt Christoph Unger, Präsident des Bundesamts für Katastrophenhilfe. Das Fraunhofer Institut erforscht, wie sich Autohupen einsetzen lassen, um die Bevölkerung zu warnen. Das sei gut, sagt Unger, reiche aber nicht. Denn sein Amt wolle die Bevölkerung nicht nur warnen, sondern auch informieren, über Schutzmaßnahmen etwa oder Fluchtwege.
    Bundesweites Gesamtsystem geplant
    "Wir sind im Aufbau eines bundesweiten Systems. Wir haben eben noch sehr unterschiedliche Lösungen, meinen aber, dass wir es schaffen müssen, alle 16 Bundesländer, den Bund, auch die kommunale Ebene einzubeziehen in ein Gesamtsystem, weil es nötig ist, Warnungen beispielsweise vor Giftwolken, einem Staudammbruch oder eben auch im Verteidigungsfall vor Angriffen sehr schnell zu transportieren – und das bei einer unvorbereiteten Bevölkerung. Das heißt, wir müssen sehr schnell ein Gesamtsystem haben und die Bevölkerung selbst aber auch noch vorbereiten."

    Schon heute hat der Bund ein System, mit dem Kommunen und Länder ihre Warnungen bundesweit verbreiten können. Wer sich informieren lassen will, kann sich auf Android und Apple Telefonen die App NINA installieren. Doch alle aktuellen Warnsysteme – seien es Sirenen, SMS, Apps, Autohupen, Radiomeldungen – sie alle sind wenig wert ohne Strom. Für eine Katastrophe mit Stromausfall sei niemand in Deutschland ausreichend gerüstet, sagt Berlins Landesbranddirektor Gräfling:

    "Es gibt de facto für den Fall, dass wir einen längerfristigen Stromausfall haben, wo uns Infrastruktur nicht mehr zur Verfügung steht, kein solides System, mit dem wir die Bevölkerung warnen und informieren können. Das ist de facto der Fall. Leider, muss man sagen."
    Katastrophenwarnung bei Stromausfall?
    Die Berliner Feuerwehr hat mit dem Forschungsministerium daher eine Idee erprobt, was ohne Strom zu tun sein könne. Danach könnten bei Katastrophen mit Stromausfall Leuchtturm-Häuser eingerichtet werden, Bezirksämter, Rathäuser, Schulen mit Pinnwänden, Ansprechpartner und Informationen. Bessere Ideen gebe es nicht, sagt Landesbranddirektor Gräfling:

    "Die Forschung sagt, das ist ein Ansatz, wie ich die Bevölkerung erreichen könnte. Dann ist die Politik gefragt, das dann auch umzusetzen."

    Die kritischen Infrastrukturen sicherer zu machen, das sei Aufgabe des Bundes, sagt der Parlamentarische Staatssekretär des Innenministeriums Ole Schröder. In seinem Ministerium gebe es ab Donnerstag eine neue Abteilung für Informationstechnik, digitale Gesellschaft und Cybersicherheit. Die Abteilung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz erarbeite derzeit einen Gesamtplan für die zivile Verteidigung. Ende offen.