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Katholische Kirche in Polen
Nah am Staat, weit weg vom Papst

Marek Jedraszewski ist seit dem Wochenende der neue Erzbischof von Krakau. Polens Liberale wundern sich, warum Franziskus ausgerechnet einen Gefolgsmann der PiS-Regierung für dieses prestigeträchtige Amt auswählte.

Von Florian Kellermann | 30.01.2017
    Der neue Erzbischof von Krakau, Marek Jedraszewski, während des Inaugurationsgottesdienstes in der Kathedrale auf dem Wawelhügel am 28.01.2017
    Der neue Erzbischof von Krakau, Marek Jedraszewski, während des Inaugurationsgottesdienstes in der Kathedrale auf dem Wawelhügel am 28.01.2017 (imago stock&people/Zumba Press/Artur Widak)
    Der neue Krakauer Erzbischof ließ keinen Zweifel daran, dass er der nationalkatholischen Strömung in der polnischen Kirche angehört. In seiner ersten Predigt im neuen Amt beschwor Marek Jedraszewski immer wieder die Bedeutung des Katholizismus in der polnischen Geschichte. An Jesus Christus gerichtet sagte er:
    "Wir Polen stehen vor dir, gemeinsam mit unseren geistlichen und weltlichen Machthabern, um deine Herrschaft anzuerkennen. Um uns deinem Recht zu unterwerfen und dir unser Vaterland anzuvertrauen und die ganze Nation."
    Nähe zur Regierungspartei PiS
    Marek Jedraszewski erwähnte in seiner Predigt auch für die polnische Nationalgeschichte wichtige Ereignisse, darunter die Schlacht am Kahlenberg 1683, als ein vom polnischen König Jan Sobieski angeführtes Heer die osmanische Armee besiegte. Auch seine Nähe zur rechtskonservativen Regierungspartei PiS deutete Jedraszewski an:
    "Wie wir sorgsam unseren Helden aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der sogenannten Volksrepublik gedenken sollten, und wie wir mit diesem Gedenken aus der geistigen Lethargie erwachen können, hat uns Präsident Lech Kaczynski gezeigt. Er hat sein Leben im Dienst am Vaterland gelassen, in der Flugzeugkatastrophe in Smolensk."
    Lech Kaczynski stammte aus der PiS. Sein Zwillingsbruder Jaroslaw, der PiS-Vorsitzende, war zur Inauguration gekommen, ebenso Ministerpräsidentin Beata Szydlo und der amtierende Staatspräsident Andrzej Duda. Das erste Programm des öffentlichen Fernsehens, das von einem ehemaligen PiS-Abgeordneten geleitet wird, übertrug die Messe live und in voller Länge.
    Polnische Kirche rückt weiter nach rechts
    Wie weit rechts er steht, hatte Jedraszewski vor einigen Jahren in der Debatte um die Gender-Theorie gezeigt:
    "Das wendet sich letzten Endes gegen die Familie und damit gegen die Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Diese sehr gefährliche Ideologie kann zum Tod einer Zivilisation führen. Ich kann mir vorstellen, dass in einiger Zeit, sagen wir im Jahr 2050, einige wenige Weißhäutige anderen menschlichen Rassen in Reservaten vorgeführt werden - so wie jetzt die Indianer in den Vereinigten Staaten."
    Für den 67-jährigen Jedraszewski, bisher Erzbischof in Lodsch, ist das neue Amt ein deutlicher Karrieresprung.
    Die katholische Kirche in Polen indes wird damit noch nationaler. In den vergangenen beiden Jahren rückte sie immer deutlicher in die Nähe der PiS. Während der Parlamentswahl 2015 drückte sie ihre Unterstützung für die Partei noch verhalten aus. Doch zuletzt sprang nicht nur Jedraszewski den Rechtskonservativen bei. So warfen verschiedene Erzbischöfe der polnischen Opposition Verrat an Polen vor, weil diese die Regierung in Warschau auch auf EU-Ebene angeprangert hatte. Zuletzt kritisierten Bischöfe Oppositionspolitiker dafür, dass sie auch über Weihnachten den Plenarsaal des Parlaments besetzt hielten. Sie verträten damit eine "bemitleidenswerte Karikatur der Demokratie", erklärte der Danziger Erzbischof Slawoj Leszek Glodz.
    Enttäuschung über Franziskus' Entscheidung bei Liberalen
    Das letzte Wort über die Ernennung von Erzbischöfen in Polen hat der Papst. Er wählt unter verschiedenen Kandidaten aus, die von polnischen Bischöfen vorgeschlagen wurden. Liberale Katholiken hatten darauf gehofft, dass Franziskus die Nähe des polnischen Klerus zur PiS kritisch sieht und er sich in Krakau für einen Geistlichen mit Distanz zur Regierungspartei entscheidet. Diese Hoffnung hatte auch Adam Szostkiewicz, Publizist der Zeitschrift "Polityka":
    "Ich bin enttäuscht über die Entscheidung für Jedraszewski. Sie passt meinem Gefühl nach überhaupt nicht zur Krakauer Tradition eines offenen, am Zweiten Vatikanischen Konzil orientierten Katholizismus."
    Die Enttäuschung ist umso größer, als Papst Franziskus selbst in vielen Fragen eine deutlich liberalere Position bezieht als etwa der neue Krakauer Erzbischof Jedraszewski. Aber ganz offenbar habe der Heilige Vater nicht die Absicht, der Kirche in Polen seinen Stempel aufzudrücken, kommentieren Beobachter.