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Kauder lobt freiwilliges Hilfsangebot der Banken für Griechenland

Heute trifft sich Finanzminister Schäuble mit Bankenvertretern, um deren Hilfsangebot für Griechenland zu besprechen. Volker Kauder relativiert die lobenswerte Freiwilligkeit: Die Banken seien von der Griechenlandkrise "natürlich auch betroffen".

04.05.2010
    Silvia Engels: Gestern stimmte das Bundeskabinett zu, den deutschen Anteil der Bürgschaften für Kreditermächtigungen für Griechenland im Umfang von 22,4 Milliarden Euro für drei Jahre auf den Weg zu bringen. Daneben entwickelt die Bundesregierung Pläne, wie künftig solche Krisen wie jetzt in Griechenland abgewendet werden können.
    Am Telefon ist der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Guten Morgen, Volker Kauder.

    Volker Kauder: Guten Morgen, Frau Engels.

    Engels: Eine geordnete Insolvenz für Euro-Staaten, dazu müsste man die Verträge der Europäischen Union aufschnüren. Ist das überhaupt realistisch?

    Kauder: Ich glaube schon, dass man dort eine gute Chance hat, in Europa darüber zu sprechen, weil alle europäischen Staaten sehen, dass das, was in Griechenland geschehen ist, ja nicht nur die Griechen in Schwierigkeiten bringt, sondern die Stabilität der Euro-Zone insgesamt gefährdet ist, und das muss vermieden werden und deshalb müssen solche Vertragsänderungen, die eine geordnete Insolvenz oder eine Rechtskonstruierung ermöglichen, auch durchgesetzt werden. Das werden schwierige Verhandlungen, aber sie müssen aufgenommen werden.

    Engels: Ist das Stichwort geordnete Insolvenz jetzt nur ein mögliches Zuckerstück, das Sie auch Ihren Abgeordneten von der Unionsfraktion geben können im Sinne von "wir denken ja weiter", denn die Abgeordneten sind ja wahrscheinlich nicht begeistert, dass sie intern sparen sollen und nach außen hin Milliarden für Griechenland geben sollen?

    Kauder: Natürlich ist da keine Euphorie und keine Begeisterung, aber es war gestern in der Fraktionssitzung ganz klar zu spüren, dass die Kolleginnen und Kollegen um die Verantwortung wissen. Deswegen hat auch eine überwältigende Mehrheit zugestimmt, dieses Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Im Übrigen möchte ich schon darauf hinweisen, dass eine unmittelbare Belastung des Haushaltes nicht stattfinden. Es ist ein Darlehen, das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau gegeben wird, für das dann der Bund bürgt, und wir sind davon überzeugt, dass das von Griechenland, der EU und vor allem dem Internationalen Währungsfonds ausgehandelte Sparpaket Griechenland wieder wettbewerbsfähig macht und so keine Ausfälle entstehen.

    Engels: Wir haben es eben im Beitrag gehört, Herr Kauder. Nun wollen die Banken einen freiwilligen Beitrag leisten. Auf der anderen Seite fordert die SPD-Opposition, die Banken sollten verpflichtet werden, sich an der Griechenland-Hilfe zu beteiligen. Was ist da geplant?

    Kauder: Wir wollen neben dem Gesetzgebungsverfahren einen Entschließungsantrag im Deutschen Bundestag verabschieden mit Aufforderungen an die Regierung, und dort wird auch über das Thema Banken zu reden sein. Es geht nur um eine freiwillige Beteiligung, da es keine Rechtsgrundlage gibt, die Banken zu irgendetwas zu zwingen. Allerdings muss den Banken auch klar gemacht werden – und das wird der Bundesfinanzminister machen -, wenn wir diese Hilfsaktion nicht starten, dann sind sie natürlich auch betroffen. Deswegen sind die ersten Hinweise, dass die Banken bereit sind zu helfen, auch für mich positive Signale.

    Engels: Herr Kauder, Sie selbst hatten noch vor einer guten Woche davon gesprochen, auch eine Umschuldung Griechenlands sei ins Auge zu fassen. Das wäre ja ein teilweiser Forderungsverzicht der staatlichen und privaten Gläubiger gewesen, also auch der Banken. Warum ist das eigentlich vom Tisch?

    Kauder: Sie haben völlig Recht: Ich habe gesagt, das muss geprüft werden, das muss einbezogen werden. Aber der Internationale Währungsfonds hat dies ausgeschlossen und hat gesagt, das kommt für ihn nicht infrage – aus verschiedenen Gründen, auch, weil die Konsequenzen noch nicht zu übersehen wären, auch was Lebensversicherungen anlangt, die ebenfalls solche Papiere haben. Aber der entscheidende Punkt ist: Der Internationale Währungsfonds hat die Verhandlungen geführt, er hat die Bedingungen ausgehandelt, er hat gesagt, Umschuldung kommt jetzt nicht in Betracht und nicht infrage, und deswegen kann das jetzt nicht gemacht werden. Aber in Zukunft wollen wir ja diese geordnete Insolvenz als eine Möglichkeit haben, und dann wird eben damit ein Teil dann auch die Umschuldung.

    Engels: Warum, Herr Kauder, damit noch mal die Nachfrage, sind die Banken dort außen vor? Warum soll es unbedingt nur die Freiwilligkeit sein? Warum gehen Sie nicht der SPD ein Stück entgegen, die ja fordert, sie müssten verpflichtet werden?

    Kauder: Weil es dafür keine Rechtsgrundlage gibt.

    Engels: Und die können Sie auch nicht schaffen?

    Kauder: Die kann man so ohne Weiteres auch nicht schaffen. Wir könnten ja beispielsweise, wenn wir nicht ein Insolvenzrecht hätten, Gläubiger auch nicht an der Insolvenz beteiligen. Es muss also eine Rechtsgrundlage dafür geben, und solange es die nicht gibt, können wir die Banken nur auf diesem Weg beteiligen. Das muss europaweit geregelt werden. Wir können ja nicht nur in Deutschland Banken beteiligen, in Frankreich nicht. Also es gibt hier Regelungsbedarf europaweit.

    Engels: Die Europäische Zentralbank, um ein anderes Thema anzusprechen, hat sich gestern zum ersten Mal in ihrer Geschichte bereit erklärt, griechische Wertpapiere auch unabhängig von deren Rating zu akzeptieren. De facto kann Griechenland nun also auch Ramschpapiere hinterlegen und dafür harte Euro bekommen. Ist das nicht eine richtig große Gefahr für die Stabilität des Euro?

    Kauder: Wenn dies in diesem Ausnahmefall geschieht, das muss man sich schon noch mal genauer anschauen. Aber es gehört insgesamt zu diesem Rettungspaket und wir sollten jetzt mehr davon sprechen, dass der Euro auch unsere Währung ist und nicht die griechische, sondern sie ist unsere Währung. Sie muss stabil gehalten werden, und so wie wir 2008 ein Rettungsprogramm haben durchführen müssen, damit die Sparerinnen und Sparer ihr Sparvermögen nicht verlieren, müssen wir jetzt ein Rettungsprogramm machen, um die Stabilität des Euro zu sichern.

    Engels: Aber, Herr Kauder, darüber sprechen wir ja gerade. Die Stabilität des Euro kann doch nicht gewährleistet sein, wenn ein Staat und möglicherweise auch demnächst Portugal oder Spanien über diesen Umweg so viel Geld von der EZB bekommen wie sie wollen. Das ist doch Geld drucken?

    Kauder: Das können die auch nicht bekommen, soviel sie wollen, sondern es muss alles im Rahmen dessen ablaufen, was der Internationale Währungsfonds beschlossen hat. Da legen wir auch großen Wert drauf.

    Engels: Herr Kauder, sind denn mit den neuen Bürgschaften, die wir jetzt für Griechenland gesehen haben, die Steuersenkungspläne, die vor allem die FDP will, vom Tisch?

    Kauder: Ich habe schon angesprochen, dass keine unmittelbare Belastung des Bundeshaushaltes stattfindet. Es ist eine Bürgschaft, von der wir ausgehen, dass sie nicht fällig wird, und deswegen bleibt es bei dem, was wir vereinbart haben: eine Absenkung der Belastungen im unteren und mittleren Einkommensbereich und das voraussichtlich ab 2012.

    Engels: Nun meldet die "Berliner Zeitung", dass das Bundesfinanzministerium laut der jüngsten Steuerschätzung davon ausgehe, dass es 14 Milliarden weniger für 2011 bekomme und 40 Milliarden weniger bis 2013. Sind das auch die Zahlen, mit denen Sie schon rechnen?

    Kauder: Ich warte, bis die Steuerschätzung offiziell am Donnerstag bekannt gemacht wird.

    Engels: Wenn es in diese Richtung geht, die da drinsteht, werden Sie dann trotzdem an den Steuersenkungen, wie die FDP und ja auch die Union sie eigentlich will, festhalten?

    Kauder: Wir haben gesagt, dass ab 2012 eine Senkung möglich ist. Die Spielräume können wir erst sagen, die Größenordnung, wenn wir die Steuerschätzung kennen. Jetzt warten wir mal auf den Donnerstag und spekulieren nicht.

    Engels: Volker Kauder, der Fraktionschef von CDU/CSU. Wir sprachen mit ihm über Griechenland und die möglichen Folgen für den Haushalt. Vielen Dank für das Gespräch.

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