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Kein Geld mehr für den Ruhestand

Das Älterwerden der Menschen ist eines der drängendsten Probleme für Sozialkassen, Unternehmen und öffentliche Hand. Umso erstaunlicher, was heute eine Studie zutage förderte: Die Bereitschaft zu privater Altersvorsorge nimmt ab.

Von Dieter Nürnberger | 04.10.2012
    Die Einschätzungen der Deutschen hinsichtlich der privaten Altersvorsorge werden immer ambivalenter. Zum einen waren noch nie so wenige Menschen bereit, etwas zum Ausbau ihrer privaten Vorsorge beizutragen. Zum anderen sieht fast jeder zweite Befragte das eigene Engagement als ausreichend an. Und dies alles vor dem Hintergrund, dass sich fast die Hälfte ohnehin fragt, ob private Anlageformen überhaupt noch Sinn machen. Die Postbank hat diese Trends zusammen mit dem Allensbach-Institut für Demoskopie ermittelt. Es ist die zehnte Studie dieser Art. Die ermittelten Aussagen seien keine kurzfristige Erscheinung, sondern eher längerfristige Trends, sagt Michael Meyer vom Retailvorstand der Postbank.

    "Der Anteil derer, die ihre Altersvorsorge einfrieren, ist demnach in den vergangenen zehn Jahren um mehr als ein Drittel gestiegen – auf einen Negativrekord von 42 Prozent. Noch extremer ist diese Entwicklung bei jungen Berufstätigen von 16 bis 29 Jahren. Hier hat sich die Zahl der Verweigerer sogar mehr als verdoppelt. Die tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen liegen heute auf den niedrigsten Stand seit Beginn unserer Messungen. "

    Die Staatsschulden- und Eurokrise sorgten für eine Verunsicherung, die Bereitschaft neue und langfristige Altersvorsorgeverträge abzuschließen, sinke deshalb. Andererseits wiege die vergleichsweise stabile Beschäftigungslage in Deutschland viele Menschen in Sicherheit. Unterschätzt werde allerdings die Inflation: So sei die Kaufkraft des Euro innerhalb von zehn Jahren um 20 Prozent gesunken. Das sollte nachdenklicher stimmen, so die Analyse der Postbank. Da überrascht es vielleicht kaum, dass Immobilien als Mittel zur Altersvorsorge derzeit hoch im Kurs stehen.

    "Fast jeder Dritte, der seine Vorsorge stärken will, plant heute den Bau oder den Kauf eines Eigenheims. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es rund ein Viertel weniger. "

    Die private Altersvorsorge in Deutschland müsse daher komplett neu überdacht werden, sagt Michael Meyer. Er macht dies beispielsweise an der staatlich geförderten Riester-Rente fest: Diese sei noch nie so unpopulär wie heute gewesen. Innerhalb nur eines Jahres sei die Wertschätzung bei Jüngeren um ein Drittel zurückgegangen. Nicht einmal jeder Fünfte aller Befragten gibt sie noch als besonders sichere Vorsorgeform an.

    Als Konsequenz fordern die Analytiker der Postbank vor allem mehr Aufklärung und Information hinsichtlich der Altersvorsorge. Zu diskutieren sei, ob beispielsweise die betriebliche Altersvorsorge zur gesetzlichen Pflicht werden sollte.

    "In unserer Studie plädiert eine klare Mehrheit der Deutschen sogar für eine gesetzliche Pflicht zur betrieblichen Altersvorsorge. 56 Prozent halten dies für einen guten Vorschlag und nur 19 Prozent nicht."

    Die repräsentative Umfrage zeigt somit vor allem Verunsicherung hinsichtlich einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge. Und noch ein Detail: Viele der jüngeren Befragten vermuten, dass ihr Renteneintrittsalter einmal deutlich höher liegen wird, als heute - nämlich bei 70 Jahren.