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Kein Kurswechsel Richtung EU

Tschechiens neuer Präsident Milos Zeman betont die Bedeutung der EU für das Land. Alles nur Show, sagen Kritiker, denn viele seiner Wähler seien Nationalisten. Tatsächlich schlug Zeman im Wahlkampf noch ganz andere Töne an.

Von Stefan Heinlein | 12.02.2013
    Die Wachablösung auf der Prager Burg ist eine tägliche Touristenattraktion. Doch auch viele Tschechen besuchen den Amtssitz ihres Präsidenten. Künftig wird dort die Europaflagge wieder neben der tschechischen Fahne wehen.

    "Höchste Zeit, dass sich was ändert. Ich will hoffen, der neue Präsident ist kein Europaskeptiker wie Klaus. Zumindest kehrt jetzt die Flagge zurück..."

    …freut sich diese Rentnerin aus Ostböhmen

    Der Flaggenwechsel auf der Prager Burg ist von Milos Zeman als große politische Aufführung geplant. Als Ehrengast hat er EU-Kommissionspräsident Barroso persönlich eingeladen. Eine inszenierte Show ohne politische Substanz, kritisiert der Politikwissenschaftler Vit Benes:

    "Er wird eine Doppelstrategie fahren. In Brüssel präsentiert Zeman sich als guter Europäer. In Tschechien wird der Präsident dagegen weiter auf Europa schimpfen. Viele seiner Wähler kommen aus der nationalistischen Ecke."
    Tatsächlich präsentierte sich Milos Zeman bereits im Wahlkampf nicht als Gegenentwurf zu dem EU-Kritiker Vaclav Klaus. Bei seinen Anhängern in den armen ländlichen Regionen ist die EU-Skepsis tief verwurzelt. Bei allen öffentlichen Auftritten vermied der Linkspolitiker deshalb das Thema Brüssel:

    "Ich werde als Präsident an die Tradition von Vaclav Klaus anknüpfen und vor allem die Regionen unseres Landes besuchen. Die Innenpolitik ist wichtig und nicht die Reise zu EU-Gipfeln oder irgendwelchen exotischen Zielen."

    Doch es gibt auch klare Unterschiede zu dem lautstarken EU-Kritiker Vaclav Klaus. Während der Amtsinhaber in den vergangenen zehn Jahren alle Schritte einer tieferen europäischen Integration ablehnte, will sein Nachfolger künftig durchaus eine konstruktive Rolle in Brüssel spielen. Tschechien müsse wieder zum harten Kern Europas gehören.:

    "Ich bin Europaföderalist – das heißt: Weitere nationale Kompetenzen müssen auf die gesamteuropäische Ebene übertragen werden – vor allem in der Außen- und Verteidigungspolitik."

    Trotz aller Kritik an der populistischen Wahlkampfstrategie von Milos Zeman erwarten deshalb auch seine politischen Gegner deutliche Veränderungen auf der Prager Burg. Eine wachsende Mehrheit der Tschechen habe genug von der antieuropäischen Politik von Vaclav Klaus, so der ehemalige EU-Kommissar Vladimir Spidla. Der neue Präsident werde deshalb zumindest teilweise diese Erwartungen erfüllen:

    "Es wird in jedem Fall proeuropäischer sein als Vaclav Klaus. Natürlich wird er nicht mit allen Dingen einverstanden sein aber er wird mit gutem Willen verhandeln um die komplizierten Probleme gemeinsam zu lösen."

    Dennoch bleiben Zweifel an der Nachhaltigkeit seiner europapolitischen Überzeugungen. Noch vor seiner Amtseinführung in wenigen Tagen kündigte Milos Zeman an, ein rascher Beitritt Tschechiens zum europäischen Fiskalpakt sei nicht notwendig. Dieser Schritt sei erst nach einer Euro-Einführung in Tschechien sinnvoll. Die Gemeinschaftswährung liege für sein Land jedoch in weiter Ferne.

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