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Kein Spaß im Bad

Anfang der 90er-Jahre galt ein Spaßbad im Osten der Republik als touristische Attraktion, die viel Geld in die Stadtsäckel spülen würde. Dummerweise kamen mehrere Bürgermeister auf die Idee, ein solches Spaßbad in ihrer Gemeinde zu bauen. Die Folge: Nur wenige ließen sich rentabel bewirtschaften.

Von Sven Näbrich | 21.01.2010
    "Also wir haben 850 qm Wasserfläche, und ich habe bewusst hier drauf verzichtet, auf so einen runden Topf. Sondern das sind 25-Meter-Becken, dass man auch gescheit drin schwimmen kann, hin und her."

    Reiner Heun ist stolz auf sein Bad, das Heide-SPA in Bad Düben. Einladende Schwimmbecken, Sprudelliegen und ein Strömungskanal warten auf die Gäste. Dazu ein gut ausgebauter Saunabereich, zwei Restaurants und die Hotelanlage. Erst vor wenigen Tagen feierte das Heide-SPA zehnjähriges Jubiläum. Ein Spaßbad allerdings sei das Heide SPA nicht, so Geschäftsführer Heun. Hier gehe es ruhig und erholsam zu. Doch auch für ein Kurmittelhaus mit Hallenbad – so die offizielle Bezeichnung – gab es eine satte Förderung.

    "Also, ein solch großes Objekt kann man natürlich nicht ohne staatliche Förderung bauen. Das ist eine öffentliche Einrichtung, so muss man das sehen. Das Gesamtobjekt hat 56 Millionen DM gekostet und wir erhielten eine 90-prozentige Förderung. Das ist exorbitant hoch, aber nicht die Investition ist das Entscheidende, sondern der laufende Betrieb im Anschluss."

    In Sachsen wurden seit der Wende 22 solcher Erlebnisbäder mit insgesamt 130 Millionen Euro gefördert. Heute gewährt der Freistaat keine entsprechenden Mittel mehr. Die Probleme mit den bestehenden Bädern sind groß genug: Es gibt zu wenige Besucher bei zu hohen Betriebs- und Energiekosten. Kaum eine Anlage kommt ohne Zuschüsse von Kommunen oder Gesellschaftern aus. Auch das Heide-SPA nicht, auch wenn Geschäftsführer Reiner Heun keine Zahlen nennt:

    "Es ist in der Tat so, wir haben diese drei sozusagen kommunalen Gesellschafter – den Landkreis, die Stadt Bad Düben und die Sparkasse – und nur dadurch, dass diese drei Gesellschafter jährlich Zuschüsse leisten, ist der gesamte Leistungsumfang überhaupt erst möglich hier zu leisten."

    Nur ein paar Kilometer weiter, fast am anderen Ende der Dübener Heide, in Bad Schmiedeberg. Hier, an einer verschneiten Nebenstraße liegt das Basso, das erste Spaßbad, das in neuen Bundesländern eröffnet wurde. Das war 1993. Heute hängt eine verrostete Eisenkette am Eingangstor. Die 80 Meter lange Wasserrutsche ist nur noch von außen zu erahnen. Das Basso scheint unter der Schneedecke in einen tiefen Schlaf versunken. Dabei hatte alles so verheißungsvoll begonnen, wie sich der Bürgermeister von Bad Schmiedeberg, Stefan Dammhayn, erinnert:

    "Das war schon ein tolles Erlebnis gewesen, denn bis dahin kannte man das Ganze ja nur von seinen Reisen in die alten Bundesländer oder vom Hören und Sagen. Und der Andrang in den ersten Tagen, der war natürlich enorm gewesen, das ist ganz klar, sodass man sich vor Besuchern kaum retten konnte."

    Der Ansturm aber ließ rasch nach, als rings um Bad Schmiedeberg weitere Spaßbäder aus dem Boden schossen. Als in Bad Düben dann das Heide SPA eröffnete, ging dem Basso die Luft aus. 2001 verkaufte die Stadt die Anlage, vor einem Jahr wurde das Bad ganz geschlossen. Für Bürgermeister Dammhayn ist der Niedergang des Basso ein klarer Fall verfehlter Strukturpolitik.

    "Das ist auf alle Fälle ein Fehler gewesen, das kann man im Nachhinein schon sehen. Ich kenne eine Statistik aus der damaligen Zeit, dass gesagt wurde: Im Umfeld von 70 Kilometern sollten keine Spaßbäder gegenseitig konkurrieren. Bis nach Bad Düben sind es 16 km, so in dieser Größenordnung. Es ist aber ein anderes Bundesland. Und ich habe die Befürchtung, dass man nicht immer so darüber redet, sondern dass jedes Bundesland seine eigene Politik macht."

    Gleichwohl müssen die Bad Schmiedeberger in Sachsen-Anhalt noch immer für das Basso Kredite abbezahlen. Im Jahr fallen so Kosten von 600.000 Euro an - und das bis 2018. Ein schöner Batzen, den die klamme Kommune liebend gern in andere Projekte stecken würde.

    "Wenn man das Ganze anfängt zu überlegen, wo könnte man dieses Geld sinnvoller anwenden, da kann man beim Kindergarten anfangen und bei der Seniorenbetreuung aufhören und das Ganze Spektrum zwischendrin bedienen. Wenn ich mir angucke, welche Qualität unsere Spielplätze haben, muss man sich dafür schämen."