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Kein Vertrauen der Märkte in die griechische Finanzsituation

Das griechische Parlament hatte erwartungsgemäß den Haushalt für 2013 verabschiedet, eine Voraussetzung dafür, dass Griechenland neue Hilfskredite bekommt. Doch ein Aufatmen an den Finanzmärkten ist nicht zu spüren.

Von Brigitte Scholtes | 12.11.2012
    Wirkliche Erleichterung sähe anders aus. Das Ja des griechischen Parlaments zum Haushalt 2013 hat die Finanzmärkte nicht wirklich beruhigt. Das Vertrauen in eine nachhaltige Lösung der griechischen Finanzsituation sei derzeit nicht hoch, meinen Börsianer. Und das ist nicht verwunderlich, da ja erst in der vergangenen Woche die Europäische Kommission die Verschuldungssituation des Landes schlechter eingeschätzt hat. Auch wenn Griechenland grundsätzlich auf einem guten Weg sei – das waren dann doch schlechte Nachrichten, meint Eugen Keller, Devisenexperte des Bankhauses Metzler:

    "Wir müssen rechnen damit, dass 2014 die Reise in Richtung 190 Prozent des BIP geht, das sind natürlich Zustände, die alles andere als tragfähig sind. Man hat sich ja selbst ein Ziel vorgegeben, was da lautete, bis 2020 120 Prozent vom BIP zu erreichen. Und das ist jetzt eigentlich eine schöne Illusion geworden."

    Dass die nächste Tranche des Hilfskredits nun bald fließt, die Auszahlung von 31,5 Milliarden Euro also, damit rechnen die Börsianer nicht. Die EZB werde wohl wieder wie schon im August mit einem Überbrückungskredit einspringen müssen, glauben sie. Denn die notwenige Bedingung für die Auszahlung des Hilfskredits ist ja der Troika-Bericht. Der liegt zwar nun vor, aber noch ist er nicht im Detail bekannt, wenn auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker von einem positiven Grundton spricht.

    Die Politik, aber auch die Finanzmärkte haben inzwischen offenbar gelernt, dass man den Bogen nicht überspannen darf, was die Belastbarkeit des griechischen Volkes angeht. So meint Torsten Windels, Chefvolkswirt der NordLB:

    "Wenn wir eine Arbeitslosigkeit haben in Spanien oder auch in Griechenland im Jugendlichen-Bereich von über 50 Prozent, dann hat man vielleicht als Deutscher ein gewisses Gefühl dafür, dass da Grenzen erreicht sind dessen, was akzeptabel erscheint. Und uns sind Nicht-Regierungssituationen durch den Sturz einer Regierung, durch das Zerbrechen von Koalitionen überhaupt nicht gelegen. Insofern muss man beides im Auge halten. Auf der einen Seite den Druck hochhalten, dass die Anpassungen da vorwärts gehen, auf der anderen Seite die Regierungsfähigkeit in diesen Ländern auch erhalten zu lassen."

    Grundsätzlich sei die Sparpolitik aber richtig, glaubt Devisenexperte Keller vom Bankhaus Metzler:

    "Nach guter alter Kaufmannssitte den Gürtel enger zu schnallen und die Bilanz auf herkömmliche Art und Weise zu konsolidieren ist sinnvoll, und es gibt erste kleine Erfolgsgeschichten. Nichtsdestotrotz ist es ein immens langer Weg, der noch viele Opfer bereithalten wird."

    Und da nun die Rezession auch in den anderen Krisenländern immer stärker wird, sind das insgesamt keine guten Aussichten. 2013 könnte also ein sehr forderndes Jahr für alle werden. Doch offenbar will man zumindest in Deutschland bis zur Bundestagswahl im Herbst stillhalten.