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Keine Gnade für Saddam Hussein

Im November 2006 wurde Saddam wegen dieses Massakers zum Tode durch den Strang verurteilt. Seine Anwälte legten Berufung ein, die nun verworfen wurde. Nach dem Gesetz muss er binnen dreißig Tagen hingerichtet werden. Das Gericht hat den Wunsch Saddams, wenigstens erschossen zu werden, verworfen. Er soll wie ein Schwerverbrecher gehenkt werden.

Von Brigitte Baetz | 27.12.2006
    Bremer: "Ladies and Gentlemen, we got him. "

    Am 13.Dezember 2003 wurde Saddam Hussein aus einem Erdloch in einem kleinen Bauernhof bei Tikrit gezogen. Ein beschämendes Ende für den selbsternannten Nachfolger eines Sultan Saladin. Für Paul Bremer, damals Zivilverwalter im Irak, und die gesamte US-Regierung eine Stunde des Triumphes. Dabei trug die "Operation Morgenröte", wie die Festnahme im amerikanischen Militärjargon genannt wurde, durchaus Züge einer Groteske. 600 Soldaten waren aufgeboten worden, um den verwirrten, grau und ungepflegt wirkenden Ex-Diktator aus seinem Versteck zu holen. Unter anderem waren eine Staffel Jagdflugzeuge und mehrere Eliteeinheiten im Einsatz.
    Nach dem offiziellen Kriegsende hatte es sieben Monate gedauert, bis der von George W. Bush zum Inbegriff des Bösen stilisierte Herrscher gefangen genommen werden konnte. Untergrundkommandos seiner Anhänger griffen immer wieder US-Truppen an, das Netzwerk des alten Baath-Regimes schien immer noch zu funktionieren. Saddams Ende als freier Mann konnte da nicht ernüchternder sein. Vor laufender Kamera wurde er von einem US-Militärarzt untersucht und wirkte wie ein apathischer Obdachloser, der die erniedrigende Zeremonie verschüchtert über sich ergehen ließ.

    Bremer: " Das ist ein großer Tag in der irakischen Geschichte. Jahrzehntelang haben Hunderttausende von Ihnen unter diesem grausamen Mann gelitten. Jahrzehntelang hat Saddam Hussein Sie, die Bürger, gegeneinander ausgespielt. Jahrzehntelang hat er ihre Nachbarn bedroht und angegriffen. Jene Tage sind für immer vorbei. Jetzt ist es an der Zeit, den Blick auf die Zukunft zu richten, auf ihre Zukunft der Hoffnung und eine Zukunft der Versöhnung. "

    Mit Fug und Recht lässt sich sagen: Saddam Hussein gehörte zu den größten Despoten der vergangenen Jahrzehnte. Auch die Gegner des letzten Irakkrieges wurden nicht müde, dies immer wieder zu betonen. Der Irre von Bagdad, der Schlächter, der Größenwahnsinnige - die Liste seiner unschmeichelhaften Beinamen ließe sich beliebig fortsetzen. Sein Zynismus zeigte sich beispielsweise für die Weltöffentlichkeit kurz vor Ausbruch des Zweiten Golfkrieges im Jahr 1991, als er vor laufenden Kameras einem kleinen Jungen den Kopf tätschelte, dessen Eltern er als Geiseln genommen hatte. Auch sein eigenes Volk schonte er nicht:

    "Der Feind steckt jetzt fest auf dem heiligen irakischen Boden, der beschützt wird von seinem Volk und seiner Armee, die ihm, dem Feind, mit Härte und Präzision entgegentreten. Ihr Iraker trefft ihn mit der Seele und der Härte des Heiligen Krieges. Macht ihn müde, so dass er unfähig wird, weitere Verbrechen gegen Euch zu verüben und gegen die Menschlichkeit."
    Als Saddam seine Durchhalteparolen Ende März 2003 über das staatliche Fernsehen verbreiten ließ, war längst klar, dass die Zeit seines Regimes abgelaufen war. Der Wille, dabei im Zweifel sein ganzes Volk mit in den Untergang zu reißen, passt in die Vita eines Mannes, die von Kindesbeinen an von Gewalt geprägt war.
    Im Alter von 19 Jahren beging er für seinen Onkel den ersten Auftragsmord. Kurz nach seiner Amtsübernahme als irakischer Präsident ließ er 1979 alle Rivalen in Partei und Regierung hinrichten. Im eigenen Land bombardierte er kurdische Dörfer mit Giftgas. Seine Soldaten schickte er ohne mit der Wimper zu zucken in einen sinnlosen Krieg mit dem Iran, in dem mindestens eine halbe Million Menschen den Tod fanden. Gefolgsleute und Verwandte, die es wagten, gegen seinen autoritären Führungsstil aufzubegehren, bezahlten dafür mit dem Leben. Er überfiel Kuwait und nahm, wie auch zwölf Jahre später, einen Krieg mit den USA in Kauf. Zynisch stilisierte er sich kurz vor dem Ende zum Opfer, seinen Kampf gegen Amerika zur Sache der arabischen Welt:

    "Die Politik unseres Landes ist, das Böse zu verhindern. Doch wenn das Böse zu uns kommt, mit seinen zerstörerischen Waffen, dann müssen wir uns in den Heiligen Krieg begeben und glauben. Das wird uns mit Stolz erfüllen und Gott gefallen."
    Es mag merkwürdig klingen: Aber trotz der von ihm mit verursachten Kette der Gewalt war Saddam Hussein lange Zeit für viele Menschen im Irak und in anderen arabischen Ländern eine Art Hoffnungsträger. Man liebte und verehrte ihn wie einen Popstar. Saddam, Saddam - diesen Ruf hörte man 1990 von Casablanca bis Ramallah. Saddam Hussein war in den Augen der Hoffnungslosen der einzige arabische Herrscher, der es im Zweiten Golfkrieg gewagt hatte, offen gegen die verhasste Supermacht USA und ihren Verbündeten Israel aufzubegehren. Für viele der sich latent gedemütigt fühlenden Araber ein Grund, über alle seine Schandtaten und Menschenrechtsverletzungen hinweg zu sehen.
    Bis zu Husseins blutigem Kuwait-Abenteuer hatten auch die USA und die meisten europäischen Staaten zur Seite geschaut. Sie wollten den Terror, mit dem der Herrscher am Tigris jegliche Opposition erstickte, lieber nicht an die große Glocke hängen. Denn hatte Hussein nicht auch Erfolge vorzuweisen: die Reform des Bildungswesens zum Beispiel, die Förderung der Frauenarbeit, die Förderung der Wissenschaft? Und: Seine schlagkräftige Armee konnte als Bollwerk gegen das iranische Regime der Mullahs dienen. Ayatollah Khomeini hieß schließlich in den 80er Jahren der orientalische Bösewicht Nummer eins.
    Nach offizieller Darstellung kam Saddam Hussein am 28. April 1937 in Tikrit zur Welt. In Wirklichkeit jedoch wurde er nicht in der Heimatstadt Sultan Saladins, sondern in einem kleinen Dörfchen in einfachen, ja ärmlichen Verhältnissen geboren. Das Elternhaus bestand aus Schlammziegeln, es gab kein fließendes Wasser und keinen elektrischen Strom. Der Vater hatte eine Cousine geheiratet, um nach arabischer Sitte den Zusammenhalt des Clans zu stärken, machte sich aber gleich nach der Geburt des Jungen aus dem Staub. Der Stiefvater verprügelte ihn, und auch der junge Saddam lernte, dass Gewalt ein probates Mittel sein kann, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Schon als Junge verschaffte er sich mit Aggressivität Respekt, in die Schule nahm er eine Pistole mit. Er war "ein Sohn der Gassen", wie die Araber Straßenjungen nennen, die mit kleinen Diebstählen und Schwarzhandel ihre Existenz sichern.
    Zur Politik kam Saddam durch einen Onkel, der ihn in seine Obhut nahm und nach Bagdad brachte. Khairallah Tulfah war im Gefängnis gewesen, weil er sich gegen die britischen Oberherren im Irak aufgelehnt hatte. Zudem hatte er an einem fehlgeschlagenen Attentat auf den Haschemitenkönig Feisal II. teilgenommen. Saddam lernte, dass politische Macht im Irak nicht durch Wahlen, sondern durch Usurpation erlangt wird: Das Königtum wurde durch eine Militärdiktatur abgelöst, dieses wiederum durch das Regime der Baath-Partei. Diese war 1947 in Damaskus gegründet worden mit dem Ziel, die arabische Welt von allen Formen der Fremdherrschaft zu befreien und sie politisch wie wirtschaftlich zu einen.
    Dabei waren weder die Baath-Partei noch Saddam Hussein selbst dem Islam besonders zugetan. Die Baath- zu deutsch: Wiedererweckungs-Bewegung ist eigentlich sozialistischen Idealen verpflichtet. In den beiden Ländern, in denen sie an die Regierung kam, in Syrien und im Irak, ist sie bald nur jedoch noch ein Machtinstrument.
    Auf dem Rücken dieser Partei wird Saddam Hussein zum Herrscher über Euphrat und Tigris. Empfohlen hatte er sich durch die Teilnahme an einem Attentat auf den Militärdiktator Kassem. Unter dem Staats- und Parteichef Hassan al-Bakr beginnt sein Aufstieg.
    1979 löste Saddam den erkrankten al-Bakr als Staats- und Regierungschef, Baath-Generalsekretär und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ab. Al-Bakr gehörte zu den wenigen Rivalen, die er nicht zu liquidieren wagte. Denn kurz nach seiner Amtsübernahme machte er kurzen Prozess. Bei einer Sitzung vor laufender Fernsehkamera ließ er zahlreiche Genossen und Regierungsmitglieder abführen, die sofort hingerichtet wurden. Nachdem seine Opfer den Saal verlassen hatten, vergoss er - noch vor laufender Kamera - ein paar Tränen.
    Innerhalb kürzester Zeit baute Saddam Hussein, der Stalin als eines seiner Vorbilder nannte, den Irak zum totalen Überwachungsstaat aus. Den Parteiapparat, die Geheimdienste und die Armee hielt er mit einem System gegenseitiger Bespitzelung und regelmäßigen blutigen Säuberungswellen in Schach. Schlüsselpositionen in Armee, Geheimdiensten und Regierung besetzte er zum Teil mit nahen Verwandten. Die Kultur der Gewalt zielte aber bald nicht nur nach innen.
    1980 griff der Irak den Iran an. Anlass: ein kleiner Streifen Land um den Schatt al Arab. Acht Jahre dauerte dieser Feldzug, bald bekannt als Erster Golfkrieg. Die Golfstaaten unterstützten Saddam Hussein mit viel Geld, hofften sie doch, dass er ein Bollwerk bilden könnte gegen die Islamische Revolution. Ähnliche Motive hatte der amerikanische Geheimdienst, der die irakische Armee mit Satellitenbildern von der Front versorgte. Unruhen in den nordirakischen Kurdengebieten schlug Saddam unterdessen mit Giftgaseinsätzen nieder. 1988 gelang es Saddam Hussein, den verlustreichen Krieg gegen den Iran als halber Sieger zu beenden - zumindest, was das gewonnene Territorium betraf. Am 20. August wurde der Waffenstillstand verkündet, ein Friedensvertrag wurde nicht geschlossen. Saddam war empört, dass man ihm nun nicht die Führungsrolle in der arabischen Welt andiente. Hatte er nicht heroisch die Region gegen den islamischen Revolutionsexport verteidigt? Doch es kommt alles anders. Als der amerikanische Iran-Contra-Skandal aufgedeckt wurde, erfuhr Saddam, dass die USA hinter seinem Rücken auch das Regime der Mullahs mit Waffen versorgt hatten.
    Das alles ließ die westliche Öffentlichkeit relativ unbeeindruckt. Der Golf schien den meisten Europäern weit entfernt. Doch das sollte sich bald ändern. Das Verhältnis zwischen Saddam und den Golfstaaten verschlechterte sich. Letztere bestanden nämlich auf Teilrückzahlung des Geldes, das sie Saddam für seinen Feldzug gegen den Iran gegeben hatten. Saddam geriet damit in eine Zwickmühle: Er hatte seinem Volk nach den Entbehrungen des Krieges einen wirtschaftlichen Aufschwung versprochen, der nun an der Schuldenlast zu scheitern drohte. Im Sommer 1990, nach einem monatelangen Streit zwischen Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Irak über Ölförderquoten, kam es zum Bruch. Unter dem Vorwand, eine Revolution im Nachbarland unterstützen zu wollen, erklärte Saddam das reiche Emirat kurzerhand zur irakischen Provinz.
    Die Weltöffentlichkeit war empört. Vertreter der Vereinten Nationen und eine ganze Reihe von Vermittlern unternahmen viel, um die Situation zu entschärfen. Doch Saddam ignorierte eine UNO-Resolution nach der anderen, damals vor allem auch deswegen, weil er die amerikanische Entschlossenheit unterschätzte. Die USA ließen nicht mit sich handeln und boten dem Provokateur in Bagdad nicht die Möglichkeit, sich ohne Gesichtsverlust aus dem Emirat am Golf zurückzuziehen. Saddam versuchte noch, die Kuwait-Frage mit dem Palästinenser-Problem zu verquicken, doch mehr als die Unterstützung der arabischen Massen und der völlig machtlosen PLO brachte ihm das nicht. Die meisten arabischen Staaten schlossen sich der von den USA geführten und von der UN abgesegneten Anti-Irak-Allianz an, auch die wichtigen Regionalmächte Syrien und Ägypten.

    "There is no way Iraq can win."

    Präsident George Bush senior sollte Recht behalten: Die Niederlage Saddams war total. Eine Bodenoffensive zwang die irakischen Truppen zum Abzug aus Kuwait. Der Irak erkannte alle UNO-Resolutionen an, unter anderem die Zahlung von Reparationen und den Verzicht auf ABC-Waffen.
    Doch der Macht- und Militärapparat Saddams blieb voll funktionsfähig. Auch die anschließenden Aufstände der schiitischen Minderheit im Süden und der Kurden im Norden des Landes stürzten den Machtpolitiker nicht vom Sockel. Mit brutaler Gewalt ging er gegen die Aufständischen vor. Vergebens hofften vor allem die Kurden auf den militärischen Beistand durch die USA. Zur Kontrolle des Diktators beschloss der UN-Sicherheitsrat eine ständige Überwachung der irakischen Rüstungsindustrie. Da Bagdad aber immer wieder versuchte, die Inspektoren hinters Licht zu führen, erhöhten die Vereinten Nationen den Druck. Strenge Wirtschaftssanktionen warfen das Land um Jahre zurück. Die Kindersterblichkeit stieg, Krankenhäuser konnten nicht mehr arbeiten. Schulen und Fabriken verfielen. Der Mittelstand musste sein Hab und Gut verkaufen, um genügend zu essen zu haben. Eine halbe Million Iraker kam infolge der Sanktionen ums Leben. Die Inflationsrate betrug zeitweilig 6.000 Prozent. Immer wieder bombardierten Briten und Amerikaner die beiden Flugverbotszonen des Landes.
    Zu Aufständen kam es nur noch gelegentlich. Die Angst vor den allgegenwärtigen Geheimdienstspitzeln war groß, denn jedes irakische Kind wusste, dass Saddam mit jedem kurzen Prozess machte, der auch nur eine Spur von Kritik äußerte. Schließlich wurden Hinrichtungen von Regime-Gegnern hin und wieder auch im Fernsehen übertragen.
    Der Herrscher von Bagdad sah sich gern als Führer der arabischen Welt. Man musste wohl kein Psychologe sein, um vorherzusehen, dass der Aufsteiger aus kleinsten Verhältnissen nie und nimmer den amerikanischen Ultimaten nachgeben würde, die zum Ziel hatten, ihn aus dem Irak zu vertreiben. Schließlich waren es auch die Amerikaner gewesen, die das Land als Bollwerk in den Achtzigerjahren gegen den Iran aufgerüstet hatten. Lange Jahre hatte man ihn umworben. Nun, und spätestens nach dem Anschlag des 11. September 2001, bei dem ihm keine Mitverantwortung nachgewiesen werden konnte, wollten ihn die USA entmachten. Vordergründig hatte Saddam für die innerarabische Propaganda damit ein Faustpfand in der Hand. Denn er konnte sich als Opfer präsentieren:

    "Ich sage, wir haben immer eine positive Antwort gegeben, selbst zu illegalen und unfairen Forderungen der bösen Menschen. In der Hoffnung, dass die Welt aufwachen würde, um das UNO-Embargo aufzuheben, das unserem Volk auferlegt wurde und das Böse des Krieges zu verhindern. Nachdem sie keine Ausreden mehr hatten, kamen sie als Aggressoren, die Fratze des Bösen zeigend, die wir schon vorher von ihnen kannten."

    Wie gefährlich war Saddam wirklich? Der Nachweis einer irakischen Aufrüstung auf dem Gebiet der ABC-Waffen misslang, was später auch die Geheimdienste einräumten. Doch klar ist: der Diktator war zumindest in der Hinsicht unberechenbar, wie es ein von Geltungsdrang beherrschter Machtmensch, der nur noch von Schmeichlern umgeben ist, nur sein kann.

    Nach seiner Verhaftung herrschte zunächst fast siebzehn Monate lang Schweigen über das, was ein Prozess gegen Saddam bringen konnte, Schweigen auch über die Behandlung des Angeklagten. Ersteres erklärt sich teilweise mit den schwierigen und lang dauernden Ermittlungen im Hinblick auf die Anklagepunkte Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zum anderen befindet sich der Irak immer noch de facto im Zustand des Bürgerkrieges. Fast geriet die Person durch die unklare Zukunft des Irak in Vergessenheit.
    Im Oktober 2005, fast genau sechzig Jahre nach den Kriegsverbrecherprozessen von Nürnberg, begann das Verfahren gegen Saddam. Allerdings war es kein internationaler Gerichtshof, sondern die Iraker selbst führten den Prozess gegen ihren ehemaligen Diktator. Schließlich, so US-Präsident George W. Bush damals, waren sie es auch, die unter ihm zu leiden hatten:

    "Iraqis need to be a very much involved. He was a person that... they were the people, that were brutalized by this man. He murdered many, gassed them ..."
    Das Sondertribunal wurde schon drei Tage vor Saddams Festnahme einberufen und urteilte nicht nur Saddam, sondern auch sieben andere Mandatsträger seines Regimes ab. Um den Prozess möglichst rasch voranzutreiben, wurde Saddam wegen eines Massakers von 1982 in der schiitischen Ortschaft Dudschail angeklagt. Ein vergleichsweise "kleiner" Vorfall in 23 Jahren der Gewaltherrschaft und der Kriegstreiberei. Die Tötung von 150 Einwohnern war die Vergeltung für ein gescheitertes Attentat auf Saddam durch Anhänger der schiitischen Dawa-Partei gewesen. Rund 1.500 Menschen wurden damals zudem festgenommen und teilweise gefoltert. Die jüngsten Opfer waren 13 Jahre alt. Für die internationale Öffentlichkeit war das Ereignis damals höchstens eine Randnotiz. Saddam Hussein hatte sich, was niemanden wunderte, für unschuldig erklärt und erkannte zudem die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht an.
    Im November 2006 wurde Saddam wegen dieses Massakers zum Tode durch den Strang verurteilt. Seine Anwälte legten Berufung ein, die nun verworfen wurde. Nach dem Gesetz muss er binnen dreißig Tagen hingerichtet werden. Das Gericht hat den Wunsch Saddams, wenigstens erschossen zu werden, verworfen. Er soll wie ein Schwerverbrecher gehenkt werden.
    Noch läuft ein weiterer Prozess gegen Saddam Hussein. Dabei geht es um den Völkermord an den Kurden, die so genannte Anfal-Militärkampagne, bei der 1987 und 1988 bis 100.000 Kurden ums Leben gekommen waren. Weitere Anklagen gegen Saddam und andere Funktionäre sind noch anhängig. Gegen Saddam werden diese aber nicht mehr durchgeführt, wenn es zu der nun beschlossenen Hinrichtung kommt. Eine Aufklärung und Aburteilung dieser Ereignisse ist also dann nur noch über die anderen Funktionäre des damaligen Irak möglich.