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Keine Sorgenfalten bei der Windindustrie

Nach Plänen des Bundesumweltministers sollen Betreiber neuer Windkraftanlagen ihre bisher garantierte Vergütung erst ausgezahlt bekommen, wenn die Anlage bereits läuft. Die Branche verbucht Altmaiers Deckelungsvorschläge als Wahlkampfgetöse und meldet positive Zahlen für das vergangene Jahr.

Von Philip Banse | 30.01.2013
    Ja, die Betreiber und Hersteller von Windkraftanlagen sind natürlich nicht begeistert, wenn ihr garantierter Geldfluss abgebremst werden soll. Der Vertreter der deutschen Maschinen- Anlagenbauer, Thorsten Herdan, beklagte sich heute morgen auf der Pressekonferenz: Seine Windanlagenbauer säßen wöchentlich mit der Bundesregierung zusammen, um Wege zu finden, wie das Erneuerbare Energiengesetz, also die Förderung von Energie aus Wind, Sonne und Wasser, reformiert werden könne:

    "Wenn man dann allerdings während einer Sitzung zur Ursachenforschung die Symptombehandlung durch Herrn Altmaier hört, fragt man sich zumindest, ob da so ein sinniger Dialog ist. Aber vielleicht ist einfach Wahlkampf und Wahlkampf ist Wahlkampf und dann nehmen wir das zur Kenntnis und dann wird morgen vielleicht wieder was Neues kommen."

    Die Branche verbucht Altmaiers Deckelungsvorschläge also als Wahlkampfgetöse, das eh nie Gesetz werden wird. Gegenvorschläge, wie denn die Energiewende günstiger und planbarer voran getrieben werden kann, blieben die Windkraftlobbyisten heute allerdings schuldig. Sie ließen sich auch die gute Laune nicht verderben. Denn das abgelaufene Jahr 2012 war wieder ein ausgesprochen gutes Jahr für die Betreiber und Hersteller von Windrädern: 1008 neue Windkraftanlagen wurden ans Netz gebracht, das bedeutet 20 Prozent mehr Leistung aus Wind als im Jahr zuvor. Sylvia Pilarsky-Grosch vom Bundesverband Windenergie:

    "Mit 20 Prozent stärkerem Ausbau in 2012 gegenüber 2011 denke ich sind wir auf dem richtigen Weg. Was wir auch sehen ist, dass der Ausbau in 2012 im Grunde in allen Bundesländern stattgefunden hat. Ob Norden oder Süden – es ist nicht mehr nur der Ausbau in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, die sind immer noch am stärksten, aber die anderen ziehen doch sehr stark nach."
    20 Prozent mehr Leistung – dieser Ausbau sei nur möglich gewesen, so die Windkraft-Lobbyisten, weil die Bevölkerung Windräder immer besser akzeptiere. Der Maschinenbau-Lobbyist Thorsten Herdan sieht auch dieses Jahr positiv:

    "Wir erwarten auch wieder ein erhebliches Wachstum, das sogar noch größer ausfallen könnte – je nachdem wie sich die Entwicklung im Off-Shore-Bereich ergibt. Wir schieben mit 1700 Megawatt ein riesiges Projektvolumen vor uns her."

    Denn in der Nordsee werden gerade 350 Windräder mit 1700 Megawatt Leistung gebaut. Ob und wie schnell sie fertig werden, hängt davon ab, ob und wie schnell sie ans Stromnetz angeschlossen werden. Die Maschinenbauer gehen davon aus, dass die neue Haftungsregelung jetzt Investoren anlockt. Diese Haftungsregelung besagt im Kern: Wenn Verlust entsteht, weil Windräder nicht ans Stromnetz angeschlossen werden können, zahlen das die Verbraucher, also die Stromkunden. Lobbyist Herdan verteidigt diese Regelung:

    "Sie bauen auch kein Einkaufszentrum irgendwohin, wenn sie nicht wissen, ob dort Straßen sind, die die Kunden zu ihnen bringen. Also wird dort auch keiner ein Kraftwerk bauen, der nicht weiß, ob er sein Produkt, nämlich den Strom, von dort weg transportieren kann. Von daher sehen wir das simpel als gesellschaftspolitische Aufgabe an. Wenn diese Kraftwerke gesellschaftspolitisch gewollt sind und wir sie bauen und Investoren sich finden, die sie bezahlen, dann hätten wir auch gern schlicht und ergreifend die Infrastruktur, die unsere Produkte weg schafft von diesen Kraftwerken."

    So gut die Aussichten für dieses Jahr – mittelfristig dürften sich die deutschen Hersteller von Windrädern jedoch ernsthafte Sorgen machen. Der Grund: Überkapazitäten. Denn weltweit können Fabriken Windräder mit doppelt so Energie bauen, wie derzeit installiert sind:

    "Und was eine Überkapazität vom Faktor 2 bedeutet, muss ich ihnen nicht sagen. Das drückt nicht nur auf die Margen, das drückt auf so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann."