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Kettenverträge an Hochschulen
Wann sind Befristungen rechtswidrig?

Vor dem Bundesarbeitsgericht hat eine Wissenschaftlerin der Uni Leipzig gegen ihre Befristung geklagt. 22 Jahre lang hangelte sich die Frau von einem Vertrag zum nächsten. Das Gericht gab ihr zwar nicht recht, legte aber dennoch eine Sache ganz grundsätzlich fest.

Von Henry Bernhard | 09.06.2016
    Zwei Studierende in Talar und Dokturhut
    Zeiten für Promotion und Habilitation zählen nicht mit, wenn es um die arbeitsrechtlich relevante Dauer von Befristungen geht. (picture alliance / dpa / Alaa Badarneh)
    Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Wissenschaftlerin zunächst keinen Erfolg. Das BAG verwies die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück, da noch Details der letzten Befristung zu klären sind. Aber das höchste deutsche Arbeitsgericht erklärte dennoch etwas grundsätzlich Neues, so Gerichtssprecher Waldemar Reinfelder.
    "Neu ist, dass erstmals für den Bereich der Hochschulen deutlich gemacht wurde, dass auch dort unter den genannten Umständen, das heißt, wenn sehr viele oder sehr lange Befristungen sind, überprüft werden muss, ob institutioneller Rechtsmissbrauch vorliegt."
    Was anderswo schon länger gilt, ist nun also auch für die Hochschulen festgelegt: Zu lange Befristungen können im Einzelfall rechtswidrig sein. Im konkret verhandelten Fall war es anders:
    "Zwar war hier eine sehr lange Zeit der Befristung bzw. in Beschäftigung in Beamtenverhältnissen auf Zeit, aber im konkreten Fall hat die Ausbildung eine sehr große Rolle gespielt und sehr lange Zeiträume erfordert; deswegen wurde Rechtsmissbrauch verneint."
    Zeiten für Promotion und Habilitation zählen also nicht mit, wenn es um die arbeitsrechtlich relevante Dauer von Befristungen geht. Ansonsten aber gilt es aber nun für Hochschulen und deren Angestellte, genauer hinzuschauen:
    "Rechtsmissbrauch bedeutet, dass ich überprüfe, ob ein Arbeitgeber von an sich zulässigen rechtlichen Mitteln in unzulässiger Weise ausnahmsweise Gebrauch macht."
    Zu häufige und zu lange Befristungen können ein Zeichen für Rechtsmissbrauch sein.