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"Keulenschlag gegen die FIFA"

In aller Stille wurde eine massive Parlamentsinitiative gegen Privatbestechung auf den Weg gebracht, die von Abgeordneten bereits als "Lex Fifa" bezeichnet wird. Die Rechtskommission des Nationalrats fordert eine Gesetzesänderung, nach der die Bestechung von Privatpersonen künftig als ein Offizialdelikt behandelt wird. Dann muss bei Korruptionshinweise der Staatsanwalt schon kraft Amt ermitteln - und zwar auch bei großen Sportdachverbänden wie der Fifa oder dem IOC.

Von Thomas Kistner | 18.01.2012
    Initiator ist der sozialistische Abgeordnete Carlo Sommaruga, doch auch Nationalrat Roland Büchel von der Schweizer Volkspartei begrüßt den Vorstoß als - Zitat - "Keulenschlag gegen die FIFA". Eine Hürde steht noch bevor: Der Ständerat. Das geheim abstimmende Gremium aus 46 Kantonsvertretern hat bereits einen anderen Vorstoß Büchels gegen die Sportkorruption hinausgezögert. Nun warnt Büchel die in der Schweiz umtriebige Sportlobby: Der neue Gesetzesvorstoß sei - wörtlich - "ein klares Zeichen, dass die Menschen in der Schweiz die Nase voll davon haben, wie sich die FIFA hier ungestraft aufführt".

    Eine Abkehr vom Thema FIFA hat auch die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit vollzogen. Die OECD hatte für die 10. Antikorruptions-Jahreskonferenz in Paris Mitte März FIFA-Präsident Joseph Blatter als Schlüsselredner angekündigt, gemeinsam mit OECD-Generalsekretär Angel Gurria. Nun wurde der FIFA-Boss diskret aus dem Programm gestrichen. Ein Schlüsselauftritt des affärenumtosten Funktionärs bei der OECD wäre "unpassend", hatte unlängst ausgerechnet ein Mitstreiter Blatters gerügt. Man dürfe nicht jemandem ein Forum geben, "der selbst mitten in einem Reformprozess steckt", hat der Basler Kriminologe Mark Pieth wörtlich moniert.

    Compliance-Experte Pieth, selbst bei der OECD tätig, soll ein Reformprogramm für die Fifa auf die Beine stellen. Nun tagt die von ihm und der Fifa komponierte Runde erstmals in Basel. Kritisch beäugt von Transparency International. Offenbar sieht Pieth zunehmend, dass er in die Rolle eines FIFA-Weißwäschers gerückt werden könnte. Zur Auftaktsitzung sagte er, man wolle darüber beraten, ob diese "eine umfassende Untersuchung der Vergangenheit fordern soll, und wer diese durchführen sollte".