Aus den Feuilletons

Gewalt gegen Frauen geht alle an

Oppositionsführerin Maria Corina Machado (l) und die Ehefrau des venezolanischen Oppositionsführers Leopoldo López, Lilian Tintori (r), nehmen am 06.05.2017 in Caracas (Venezuela) an einem Protestmarsch von Frauen gegen die Unterdrückung durch die Regierung teil. Seit Wochen fordern Demonstranten in teils gewalttätigen Protesten den Rücktritt von Staatspräsident Maduro. Foto: Ariana Cubillos/AP/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
"Frauenmarsch gegen Unterdrückung" in Caracas © dpa / picture-alliance / Ariana Cubillos
Von Arno Orzessek  · 22.11.2017
Das Feuilleton der "Zeit" hinterfragt die vermeintliche Opferrolle von Frauen. Courage sei der Ausweg aus der Sexismus-Falle, heißt es in der Wochenzeitung. In der "TAZ" wird indes proklamiert, dass Gewalt gegen Frauen ein Problem aller sei und institutionell.
"Weg damit!" heißt es barsch in der TAGESZEITUNG – und weiter:
"Gewalt gegen Frauen ist global – und sie ist nebenan. Sie ist institutionell und sie ist persönlich. Und sie ist immer ein Problem von allen."
Deshalb veröffentlicht die TAZ rund um den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November täglich einen Text zum Thema.
Im aktuellen Artikel erzählt Imke Ankersen, wie gedemütigt sie sich während und nach der komplizierten Geburt ihrer Tochter gefühlt hat.
"Und wieder stehen sie über mir. Sie blicken auf mich und meine Milchpumpe herab: der Oberarzt, der nicht da war, und die Assistenzärztin, die im entscheidenden Moment weglaufen wollte. 'Wir waren gerade bei ihrer Tochter, sie scheint ja jetzt recht stabil [sagen sie].' Alles, was ich in diesem Momente denke, ist: Wer hat euch eigentlich hereingebeten? Wer hat euch eigentlich erlaubt, sie zu sehen? […] Aber das sage ich nicht. Ich bleibe höflich. Ich schüttele Hände."
Soweit die TAZ-Autorin Imke Ankersen…

Frauen - machtlose Opfer?

Der das Feuilleton der Wochenzeitung DIE ZEIT missfallen dürfte. Das fragt nämlich in großen Lettern: "Wieso machtlos? Wieso Opfer?"
Ursula März legt lang und breit dar, dass sie selbst keine Courage besitzt, um dann zu erklären, warum Courage dennoch der Ausweg aus der Sexismus-Falle ist, eigentlich jedenfalls.
"Ich wüsste nicht, weshalb das Patriarchat im Jahr 2017 für den Mangel an weiblicher Courage, weiblicher Solidarität und für die Beharrlichkeit eines sehr speziellen weiblichen Narzissmus verantwortlich sein sollte, der […] [Frauen] daran hindert, dem angeblich flächendeckenden Alltagssexismus auf wehrhafte und spontan wirksame Weise zu begegnen. Will heißen: unangenehm aufzufallen. Das vermeiden Frauen gern. Es ist ihr gutes Recht […]. Aber jahrelang gegen die sogenannte gläserne Decke trommeln, dann aber hilflos zusehen, wie sich eine Männerhand unerbeten aufs Knie schiebt, ohne dem Besitzer der Hand umgehend auf die Pfoten zu hauen oder […] den Ellbogen in die Rippen zu stoßen, das dürfte auf einen veritablen Widerspruch hinauslaufen: zwischen politischen und gesellschaftlichen Machtansprüchen einerseits und subjektiver Ohnmachtsbehauptung andererseits."
Ein Aufruf zu anti-sexistischer Gewalt von der ZEIT-Autorin Ursula März.
Kommen wir vom Dauerbrenner des Herbstes zum Thema des Tages!

Höckes persönliches Mahnmahl

Dass das "Zentrum für politische Schönheit" dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke eine Mini-Replik des Berliner Holocaust-Mahnmals neben sein Grundstück in Bornhagen gesetzt hat und ihn pseudo-verfassungsschutzmäßig beobachtet…
Das kommentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG so:
"Wie immer sind Rhetorik und Motivik dieses ‚aggressiven Humanismus‘ […] [wie ihn Phillip Ruch vom 'Zentrum' nennt] grob bis zum äußersten, und die Reduktion eines strukturellen Problems auf eine Einzelperson mündet vorrangig in die Eroberung neuen Raums für Rechtschaffenheitspflege. Allerdings hat das Zentrum gar nicht den Anspruch, auf moralisch einwandfreiem Grund zu stehen. Im Zweifel sind sie für Destabilisierung; aus der Grobheit ergibt sich die Ambivalenz, die das künstlerische Spiel mit Moral von bloßer Moral unterscheidet"
Konstatiert der FAZ-Autor Kolja Reichert unter der Überschrift "Moralbeton".
Die Tageszeitung DIE WELT fragt "Kann Erpressung Kunst sein?", gibt aber keine Antwort, sondern beschränkt sich auf die Beschreibung der Ereignisse in Bornhagen.
Nur in einem Punkt ist sich Christian Mayer sicher: "Gleiches mit gleichem zu vergelten war noch nie eine gute Idee."
Was diese Weisheit mit den Anti-Höcke-Aktionen zu tun haben soll, bleibt uns unklar.
Unmissverständlich ist dagegen, was Michael Naumann in der FAZ in puncto Regierungsbildung äußert: "Die SPD sollte zurück in die große Koalition gehen."
Dagegen bemerkt die Ex-CDU-Politikerin Christina Schröder in der WELT:
"Union und Grüne könnten noch einmal auf die FDP zugehen. […] Das wäre ungeheuer großmütig."
Ob es so kommt oder anders, liebe Hörer: Wir wünschen allen mit einer Überschrift in der ZEIT eine…
"Zeit der Glückseligkeit."
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