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Kimbanguisten-Gemeinde
Fanfare für den Propheten

In Wuppertal gibt es eine Gemeinde der Kimbanguisten. Die charismatische Religionsgemeinschaft hat ihre Ursprünge im Kongo. Die Gläubigen verehren Jesus - und den Gründer der Bewegung, den Wunderheiler Simon Kimbangu. So viel Personenkult ist der Amtskirche verdächtig.

Von Thomas Daun | 03.05.2017
    Junge mit Trompete während eines Gottesdienst einer Kimbanguisten-Gemeinde.
    Blasmusik ist Teil des Gottesdienst bei Kimbanguisten. Das Foto wurde im Kongo aufgenommen. (AFP / Eduardo Soteras)
    Ein großer, schmuckloser Raum in einem ehemaligen Fabrikgebäude in Wuppertal-Oberbarmen; wochentags hat sich hier eine Sprachschule eingemietet, abends nutzt ein islamischer Kulturverein den Ort. Sonntags aber trifft sich die Kimbanguisten-Gemeinde, um ihren Gottesdienst zu feiern. Ein provisorischer Altar ist aufgebaut; etwa zwanzig Frauen und ein paar Männer haben sich davor im Kreis aufgestellt; sie singen in Lingála, einer der vielen kongolesischen Sprachen.
    "Wir sind auch Christen; wir lehren auch das christliche Evangelium."
    Pfarrer Nickson Nsakuameso ist Generalinspektor der Kimbanguistischen Kirche in Deutschland und betreut bundesweit sechs Gemeinden. "Eglise de Jésus Christ sur la terre par Son Envoyé Spécial Simon Kimbangu" - so lautet der wohlklingende Name der afrikanischen Religionsgemeinschaft, die Simon Kimbangu 1921 im damals belgisch beherrschten Kongo gründete. Der charismatische Prediger und Wunderheiler wurde noch im selben Jahr von der Kolonialbehörde zum Tode verurteilt; der belgische König wandelte die Strafe in lebenslange Haft um. Bis zum Lebensende schmachtete Kimbangu im Gefängnis. Nickson Nsakuameso:
    "Bis 12. Oktober 1951 war er da, also 30 Jahre wegen die Evangelium von Jesus Christus. Mehr nicht. Der hat nichts Böses getan, aber war 30 Jahre im Gefängnis."
    Strenge Regeln für Gläubige
    In seinen Predigten kämpfte Kimbangu sowohl gegen die Unterdrückung der Schwarzen durch die Kolonialherren als auch gegen afrikanischen Hexenglauben, Fetischismus und Geisterkult. Entsprechend streng sind die religiösen Regeln der Kimbanguisten, die sich aus den Zehn Geboten und weiteren Vorschriften aus den fünf Büchern Moses sowie aus dem Neuen Testament herleiten. Nickson Nsakuameso:
    "Wir dürfen zum Beispiel kein Alkohol trinken, wir dürfen kein Schweinefleisch essen, wir dürfen nicht tanzen und wir dürfen nicht nackt baden oder schlafen. Und wir können nicht am Sonntag arbeiten gehen oder am Sonntag kaufen oder verkaufen."
    "Fanfare" - so nennt sich die Blaskapelle der Kimbanguisten. Etwa zwanzig meist jugendliche Blechbläser mit Trompeten, Posaunen, Hörnern und Tubas intonieren inbrünstig religiöse Hymnen - eine willkommene Abwechslung beim sonntäglichen Gottesdienst, der über vier Stunden dauert.
    "Die Kirche ist sehr groß und stark im Kongo. Sie wurde sehr stark gefördert in den Jahren des Diktators Mobutu, weil Mobutu grundsätzlich alles Westliche abgelehnt hat und er deshalb das kimbanguistische Christentum als ein einheimisches Christentum ganz stark gefördert hat. In dieser Zeit ist die Kirche sehr stark gewachsen, weil sie eben die staatliche Förderung hatte."
    Die Theologin Claudia Währisch-Oblau arbeitet für die "Vereinte Evangelische Mission" und pflegt enge Kontakte zu vielen afrikanischen Gemeinden in Deutschland.
    In ihrer Heimat Kongo steht die Kimbanguisten-Kirche heute im Schatten von schnell wachsenden pfingstkirchlichen und charismatischen Gemeinden. Von der Amtskirche werden die Kimbanguisten argwöhnisch beäugt - vor allem wegen des Personenkults, der sich im Laufe der Jahre um den Gründer Simon Kimbagu entwickelte. Claudia Währisch-Oblau:
    "Irgendwann entwickelte sich das dann, dass aus dem Propheten Simon Kimbangu dann plötzlich Gott persönlich wurde, so dass heute gesagt wird, die Söhne - oder einer der Söhne ist der Heilige Geist und die Enkel haben alle göttliches Blut."
    Der Punkt Sekte
    Wegen der Differenzen um die Person ihres Propheten lassen die Kimbanguisten auch ihre Mitgliedschaft im "Ökumenischen Rat der Kirchen" ruhen, in den sie vor fast 50 Jahren als erste unabhängige afrikanische Kirche aufgenommen wurden. Claudia Währisch-Oblau:
    "Da sind sich alle Christen, egal ob sie jetzt Orthodoxe, Katholiken oder Protestanten sind einig: Jesus Christus ist einmalig und wenn er einmal wiederkommt, dann so, dass es für alle erkennbar ist, aber nicht irgendwie in einem Propheten, in dem dann manche Jesus sehen und andere nicht. Da ist glaub ich für alle Kirchen der Punkt 'Sekte' auf jeden Fall erreicht"
    Generalinspektor Nickson Nsakuameso lässt sich jedoch nicht beirren - und gibt sich zugleich weltoffen.
    "Kimbanguistische Kirche ist von Simon Kimbangu. Und Simon Kimbangu kam von Jesus Christus. Der Jesus hat uns versprochen, einen Tröster zu schicken, der mit uns bleiben soll für immer. Wir sind offen für alle Leute. Die können kommen wie die wollen. Aber nur unsere Gebote, unsere Gesetze."