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Kindervorlesung in Dresden
"Bis auf den letzten Platz gefüllt"

"Kann man Häuser drucken?": Rund 700 Kinder und ihre Eltern wollen die Antwort wissen und lauschen deshalb der Vorlesung eines Professors bei der Dresdner Kinderuni. Entertainment kommt dabei im Hörsaal nicht zu kurz und nicht nur für die Kinder sind die Veranstaltungen wirkliche Sternstunden.

Von Claudia Euen | 16.05.2015
    Kinder verfolgen die Auftaktvorlesung der "Kinder-Uni" an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) (Brandenburg) am 05.03.2014
    Für die Kinder arbeiten die Professoren in Dresden umsonst: Ein gewisses Talent für Entertainment ist dabei wichtig. (dpa / picture-alliance / Patrick Pleul)
    Das Gedränge ist groß. Gemeinsam mit rund 700 Kindern und ihren Eltern wartet Charlotte vorm Audimax, dem größten Hörsaal der TU Dresden. Gleich geht es los. Die, die schon länger dabei sind, tragen gelbe T-Shirts oder Kappen mit dem Logo der Kinderuni. Doch zuvor müssen noch einige Formalitäten erledigt werden, weiß Charlotte:
    "Das ist der Ausweis und da gehst du jedes Mal hin und lässt ihn dir abstempeln. Hier gibt es ein Kreis und dann kriegst du da einen Stempel rein. Und dann kriegt man eine Urkunde am Ende. Also wenn man mindestens viermal da war."
    Charlotte ist zehn Jahre alt und in ihrem ersten Semester an der Uni. Drei Vorlesungen hat sie schon besucht, sie stellt sich in die Reihe und zeigt dem Einlasser ihren Ausweis:
    "Okay, ihr könnt, Danke."
    Frank Seidel bewacht den Eingang des Audimax, rein darf, wer einen gültigen Ausweis hat:
    "Die Erwachsenen können in den zweiten Hörsaal gehen, die kriegen genau das gleiche Programm, also Kinodirektübertragung und das wird auch sehr gerne angenommen, die 600 Plätze sind immer bis auf den letzten Platz gefüllt."
    Fünf Kindervorlesungen pro Semester
    Jedes Semester finden fünf Kindervorlesungen statt, drei davon in der TU Dresden, die anderen zwei beim Projektpartner, dem Deutschen Hygienemuseum. Dort können die Kinder und Eltern auch das Kindermuseum und die laufenden Ausstellungen besuchen. Teilnehmen kann, wer zwischen acht und zwölf Jahre alt ist. Die Vorlesung ist kostenfrei, braucht aber zusätzliche helfende Hände: Projektleiterin Katharina Leiberg sucht Themen und Professoren im Vorfeld. Rückt der Tag näher, packen rund 20 Mitarbeiter der TU Dresden mit an, damit alles gut funktioniert, sagt Seidel:
    "Ich bin genau wie die anderen Kollegen auch vom Uni-Marketing, und heute mal als Türsteher engagiert."
    Währenddessen wird drinnen für die Vorlesung geprobt. Professor Daniel Lordick ist Wissenschaftler am Institut für Geometrie und wird gleich den Kindern erzählen, ob man Häuser mit einem 3-D-Drucker herstellen kann. Ein Techniker hilft ihm mit der Präsentation: "Am besten, Sie ziehen die schon mal vor auf den VLC und machen Vollbild."
    Lordick: "So jetzt wähle ich die drei aus mit Doppelklick und dann passiert irgendwas."
    Es klappt, die Filme laufen. Der Saal füllt sich. Im Gegensatz zu einer regulären Vorlesung sitzen in den hinteren Reihen Sanitäter. Zudem werden für die Kinderuni extra Flyer hergestellt, jedes Kind bekommt nach der Anmeldung einen Brief und einen Ausweis, am Ende werden T-Shirts verkauft und Bücher gedruckt. Um das alles zu finanzieren, akquiriert Katharina Leiberg Sponsoren. Die Professoren allerdings arbeiten umsonst, sagt sie:
    "Das ist bewundernswert, weil es sehr viel Arbeit ist und überhaupt nicht vergleichbar mit einer Vorlesung für die Studierenden. Es ist viel wichtiger, dass der Professor ein gewisses Talent zum Entertainment hat, als dass er nun zwingend der nobelpreisverdächtige Wissenschaftler sein muss. Solche Vorlesungen sind auch wirklich Sternstunden für die Kinder und auch für uns."
    Erster Blick in die Welt der Wissenschaft
    Im Audimax ist die Vorlesung bereits im Gange. Professor Lordick führt die Kinder 45 Minuten lang durch die Welt der Architektur von morgen. Er zeigt Bilder von auf riesige Folien gedruckten Häusern, bis hin zu echten ausgedruckten Bauteilen, die mittlerweile in China zum Einsatz kommen:
    "Da ist ähnlich wie ein Drucker, der mit einer Düse Farbstofff aufspritzt, so wird hier mit einer Düse zähflüssiger Beton aufgespritzt. Schicht für Schicht entsteht das Haus. Also man kann Häuser 3-D-drucken, auf diese Art und Weise."
    Das ist faszinierend und nicht nur für die Kinder neu:
    "Es war spannend, die Balance zu halten zwischen den 8-Jährigen und 12-Jährigen. Ich wollte am Anfang noch mehr Philosophisches bringen und habe dann gemerkt, dass das nicht so ankommt und habe das dann runtergenommen", sagt Professor Lordick. Nach der Vorlesung stürmen die Kinder nach vorne und ergattern ein Autogramm. Am 2. Juni werden sie wiederkommen, dann geht es um den Ursprung des Menschen und die drängende evolutionäre Frage "Warum wir früher haarig waren". Interessierte können sich ab 7. September für das neue Semester bewerben.