Donnerstag, 25. April 2024

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Kirche und Homosexualität
"Es gibt viele Möglichkeiten, mit Gott ins Reine zu kommen"

In seinem Abschlussdokument zur Familiensynode hat Papst Franziskus das Nein zur die Homo-Ehe bekräftigt. Für viele Schwule und Lesben sei die Position der Kirche aber nicht so wichtig, sagte der Comic-Zeichner Ralf König im DLF. Viele von ihnen machten ihr Ding und kümmerten sich wenig darum, was der Papst sage.

Ralf König im Gespräch mit Karin Fischer | 08.04.2016
    Comiczeichner Ralf König signiert in Brüssel eine von ihm gemachte Wandmalerei.
    Comiczeichner Ralf König (picture alliance / dpa / Stephanie Lecocq)
    Karin Fischer: Schon sehr lange beschäftigt sich der Comic-Zeichner Ralf König mit dem Thema Religion, das allerdings als Agnostiker, was man seinen Büchern auch deutlich anmerkt. In "Archetyp" stößt Noah Tiere eigenhändig vom Schiff. In "Prototyp" wird Adam Atheist und in "11.000 Jungfrauen" zeichnet König einen Papst, der Jungfrauen hinterhersteigt. Nun hat Papst Franziskus ein Schreiben zu Ehe und Familie veröffentlicht, dessen Inhalt zumindest in Kirchenkreisen als Fortschritt gefeiert wird. Zum Umgang mit Homosexualität und Homosexuellen sagt es nicht viel, aber doch so viel, dass jeder Mensch unabhängig von seiner sexuellen Orientierung in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden müsse. Niemand soll auf immer und ewig verurteilt werden, lautet die tröstliche Botschaft. Ralf König, den Comic-Zeichner, habe ich vor der Sendung gefragt, ob das nicht eine gute Nachricht zumindest für schwule Katholiken sei.
    "Es wird ja verlangt, dass der Homosexuelle seine Sexualität nicht ausleben darf"
    Ralf König: Wenn der Papst das sagt, das hört sich immer so gut an. Das hört sich immer so barmherzig an und als wenn alle damit leben könnten. Aber es wird ja gleichzeitig verlangt, dass der Homosexuelle seine Sexualität nicht ausleben darf. Ein Schwuler, der nicht mit Männern schläft, ist ein guter Schwuler und einer, der es nun mal tut, eben nicht. Zumindest ist das mein Stand der Dinge. Es wäre sensationell, wenn das in dem Brief jetzt anders stünde. Ich finde, es klingt immer alles so gut und barmherzig, aber im Grunde ist es halt doch so eine absurde vergangene Stimme, die man da immer hört aus diesen Vatikan-Kreisen, wo ich immer denke, wer nimmt das eigentlich noch ernst. Dass die Medien und dass die Menschen das überhaupt interessant finden, was der Papst da ab und zu mal oder was irgendwelche Pfarrer da ab und zu mal von sich geben, das wundert mich eigentlich am meisten daran, dass das immer noch so ausschlaggebend ist. Weil ich bin überzeugt davon, dass die allermeisten Menschen und auch die Gläubigen längst ihr Ding machen. Es gibt so viele gläubige Schwule und Lesben, die machen ihr Ding und kümmern sich wenig darum, was der Papst sagt. Wenn man denn glaubt an Gott, ich tue das nicht so, aber wenn man denn glaubt, dann gibt es, glaube ich, viele Möglichkeiten, mit Gott ins Reine zu kommen und sein eigenes Gewissen da vertreten zu können, vor allen Dingen wenn es um diese Dinge geht wie Sexualität, die ja nun wirklich, ich sage mal, Gott gegeben sind und wo man nichts dran machen kann.
    Fischer: Sie haben in Ihrem Comic "Antityp" vor allem auch den Apostel Paulus für die rigide Sexualmoral der Katholischen Kirche verantwortlich gemacht. Warum ihn?
    König: Na ja. Von dieser Jesus-Figur wissen wir wenig, aber er hat ja nichts gegen Frauen und nichts gegen Schwule und eigentlich gar nichts gegen Sexualität oder den Genuss am Leben gesagt. Diese Bresche hat Paulus bestiegen. Ich habe diese Briefe wirklich hoch und runter gelesen in allen möglichen Übersetzungen. Es war gar nicht so einfach zu verstehen, was der Mann überhaupt meint. Auch in der Theologie, unter Theologen ist er ja immer ein Streitpunkt, was hat er nun eigentlich gemeint und so. Ich habe mich auch hier mit einem schwulen Katholiken ein bisschen gestritten in der Recherche. Der meinte, dass Paulus das gar nicht gemeint habe, dass Homosexualität zu verdammen sei. Das kann man ja so lesen wie man will, aber ich habe ein bisschen recherchiert und mein Bild ist einfach, dass es ein sehr, sehr lustfeindlicher, schlecht gelaunter, kleiner, hässlicher Mann war, der da seine eigenen Komplexe und Psychosen zur Religion gemacht hat, und jetzt haben wir den Salat.
    "Dieser Papst ist mir lieber als der vorherige"
    Fischer: Sie haben vorher gesagt, Sie verstehen gar nicht, warum jeder diesem Papst-Schreiben so viel Aufmerksamkeit widmet. Andererseits haben Sie ja schon vor vielen Jahren das Wiedererstarken der Religionen als Zeichen auch einer neuen Sinnsuche beschrieben. Heute wird im Namen der Religion Terror ausgeübt und werden westliche Werte in Frage gestellt. Kommt da so ein Schäfchenpapst nicht gerade recht?
    König: Dieser Papst ist mir lieber als der vorherige, auf jeden Fall, und ich finde ihn auch erst mal ganz sympathisch und er hat natürlich einen Verein zu vertreten, wo es ziemlich knirscht im Gebälk, wie viele sehr konservative Leute da sind, die auch jeden Fortschritt zu verhindern wissen. Trotzdem, ich traue dem nicht übern Weg. Das ist eine sehr sympathische Figur auf dem Papstthron, aber man muss nach wie vor sehr genau hingucken, was er sagt und was dahinter steckt und was es eigentlich gar nicht meint, was er sagt, nicht wahr. In den USA ist das mit der Homoehe durch. Sogar auch im katholischen Irland ist das mit der Homoehe durch. Ich finde es wirklich schändlich, dass wir hier noch nicht so weit sind, dass Angela Merkel nicht irgendwann gesagt hat, so, dann machen wir das jetzt auch mal. Jetzt inzwischen sitzt ihr vielleicht die AfD im Nacken, keine Ahnung, da ist das nicht auf der obersten Agenda. Aber ich finde, die Politik sollte da sich sehr viel freier machen von diesen ganzen religiösen Dingen. Das ist auch hierzulande immer noch nicht, dass es wirklich getrennt ist.
    Fischer: Ralf König über das Problem mit der Homosexualität und der Politik und über den Liebesbrief des Papstes.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.