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Kita-Streik
Kita-Mitarbeiter an der Belastungsgrenze

Ab Freitag wird bundesweit in den Kitas gestreikt. Auch in Sachsen-Anhalt. In einer Magdeburger Kita bereiten sich Eltern, Großeltern und Erzieher auf den kommenden Streik vor - jeweils auf ihre Weise.

Von Christoph Richter | 07.05.2015
    Erzieherinnen und Erzieher demonstrieren am 09.04.2015 in Magdeburg für mehr Geld, dabei halten sie mehrere Plakate und Verdi-Fahnen hoch.
    Erzieherinnen und Erzieher demonstrieren am 09.04.2015 in Magdeburg für mehr Geld. (DPA/Jens Wolf)
    "Ja, gerechtfertigt ist es schon. Die machen einen harten Job und das soll auch gut bezahlt werden, finde ich schon."
    Die 27-jährige Mutter der vierjährigen Lea grübelt, wie sie die Betreuung regelt. Ob Freunde oder Verwandte die Tochter übernehmen oder ob sie ihre Tochter mit zur Arbeit nimmt. Eltern, die über den Streik richtig verärgert sind, trifft man - bis jetzt zumindest - eher selten. Wenn, dann sind es diejenigen, die das Pech haben, keine Großeltern wie Christel und Klaus-Dieter Rüdel zu haben. Als sie von dem Streik hörten, erklärten sich sofort bereit, für ihren Enkel da zu sein.
    "Unser Enkelsohn freut sich. Er sagt dann schon, au heute ist mein Glückstag, ich bin wieder bei Oma und Opa."
    Den Ärger mancher Eltern nachvollziehen
    Mariana Garz ist Kindergärtnerin aus Leib und Seele und hat noch zu DDR-Zeiten gelernt, erzählt sie. Jetzt arbeitet sie in der Magdeburger Kindertagesstätte Moosmutzel. Benannt nach einer Figur aus dem Kinderhörspiel "Traumzauberbaum" des DDR-Liedermachers Reinhard Lakomy.
    Den Ärger mancher Eltern kann sie nachvollziehen, sagt Erzieherin Mariana Garz.
    "Was man auch verstehen kann, wenn ich keine Oma zu Hause habe, keine Tante die mich unterstützen kann. Das Kind muss ja irgendwie untergebracht werden. Aber nur so können wir auch unserem Frust Ausdruck geben und so einen Streik als Mittel benutzen."
    Kollegin Hanka Glade-Rostkovius nickt mit dem Kopf.
    "Es waren jetzt fünf Verhandlungsrunden und die Arbeitgeber haben kein Angebot gemacht. Und irgendwie muss es ja weitergehen."
    Die Erzieherin rechnet vor: Netto 2.000 Euro monatlich, das ist in Magdeburg in etwa der Höchstverdienst einer Erzieherin in einer kommunalen Einrichtung. Nach 26 Dienstjahren.
    Für die rund 160 Kinder ist die Kita Moosmutzel am Rand eines Magdeburger Plattenbauviertels ein Paradies: Neben den Gruppenräumen gibt es eine Holz-Bastelwerkstatt, ein Kinderforscher-Labor. Das Highlight ist der mit Tüchern verhangene, sogenannte Snoezelraum - eine Art Meditationsraum für Kinder.
    Job ist anspruchsvoller geworden
    Der Job hat sich wesentlich verändert, ist wesentlich anspruchsvoller geworden: Erzieher sollen sich jedem Kind ganz individuell widmen. Frühkindliche Förderung, gesunde Ernährung, Integrationsarbeit ist selbstverständlich. Daneben sollen die Kindergärtnerinnen pädagogisch wertvolle Konzepte erarbeiten, sich weiterbilden. In der normalen Arbeits-Zeit sei das bei dem geringen Personalschlüssel überhaupt nicht zu schaffen, sagt Hanka Glade-Rostkovius.
    "Es ist eigentlich ein schöner Beruf. Es sollte sich nicht anhören, als wollten wir mega jammern. Es ist wirklich mein Traumberuf, das ist es wirklich. Aber es geht oft an die Belastungsgrenze. Das sehe man an den Krankenständen der Kollegen. Wir müssen oft gucken, sind die Gruppen abgedeckt. Also es ist oft sehr anstrengend."
    240.000 Kinderpfleger, Erzieher und Sozialarbeiter gibt es bundesweit in kommunalen Einrichtungen. Von dem Streik werden aber auch mehr als eine halbe Million Beschäftigte bei freien und kirchlichen Trägern profitieren, sagt Hanka Glade-Rostkovius, da die Tarifverträge dort übernommen werden bzw. als Orientierung dienen.
    "Wir streiken für alle Erzieher, nicht nur für die staatlichen Einrichtungen."