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Kitaleitungs-Kongress
Alte Probleme, neue Herausforderungen

Wer heutzutage eine Kita leitet, hat es nicht leicht: Es fehlt vor allem an Geld - für die Erzieherinnen und für die Ausstattung. Doch nicht nur Personal- und Finanzsorgen treiben die Kitaleiter um. Auf einem Kongress in Düsseldorf tauschten sie sich jetzt auch über Inklusion und Integration aus.

Von Vivien Leue | 20.04.2016
    Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske (SPD, hinten rechts) und Bürgermeister Heiko Müller verfolgen am 01.07.2015 in Falkensee den Morgenkreis einer Kita.
    Morgenkreis in einer Kita in Falkensee (dpa / Bernd Settnik)
    Dass Kreativität und Spaß im Kita-Alltag auch in Zeiten von Finanznot und Personalmangel möglich sind, zeigt sich beim Kitaleitungs-Kongress in Düsseldorf. Am Abend sind dort mehrere Projekte ausgezeichnet worden, die sich vor allem durch Einfallsreichtum auszeichnen. In Hamburg haben Kinder und Erzieher einen Stadtführer für neuzugezogene Eltern entwickelt, in Mühlheim haben Erzieher mit den Kindern eine Küche im Außengelände gebaut. Gabriele Becker-Albrecht, Leiterin des evangelischen Kindergartens Arche in Mühlheim, erzählt, wie genau das Projekt ablief:
    "So haben wir über einen gewissen Zeitraum von drei Monaten mit den Kindern alles erarbeitet, was zu einem Küchenbau gehört: Ob es Materialien, Werkzeuge, Skizzen einer Küche, die sind gefahren zu einem Baumarkt, haben dort das Holz besorgt, alles was dazu gehört."
    Ihre Kollegin Andrea Held erzählt, wie leidenschaftlich die Kinder mitgearbeitet haben:
    "Ich kann mich noch daran erinnern, dass wirklich Zweieinhalbjährige da standen und das erste Mal Schraubzwingen gesehen haben, haben das ausprobiert, waren begeistert, die Großen haben den Kleinen geholfen, erklärt, was Sägespäne sind."
    Fachkräftemängel lähmt viele Einrichtungen
    In Zeiten, da viele Kindergärten unter Überbelegung, Personalmangel, und zum Teil ausufernder Bürokratie leiden, sind Projekte wie diese häufig zur Ausnahme geworden. Dabei ist es oft gar nicht das Geld, an dem so etwas scheitert, sagt Kita-Leiterin Gabriele Becker-Albrecht:
    "Was wir haben müssen, ist Personal, Personal, Personal, dann kann man das auch leisten, auch so gute qualitative Arbeit."
    Aber der Fachkräftemangel hat längst auch die Erzieher-Branche erreicht und lähmt viele Einrichtungen, wie auch die anderen Teilnehmer des Kitaleitungs-Kongresses schildern:
    "Also was sich momentan auf die tagtägliche Arbeit auswirkt, ist definitiv der Fachkräftemangel, zu gucken, wo kriege ich Personal her, wie qualifiziere ich nach."
    "Wir brauchen mehr qualifiziertes Personal, die im täglichen Kita-Geschäft arbeiten können, und das gut."
    Warum fehlt gutes Personal? Auch darüber wurde am Abend viel diskutiert. Eine Erklärung: Die Gehälter reichen nicht aus, um gut ausgebildete Fachkräfte zu halten, wie Kita-Leiterin Carolin von Wangenheim aus Ratingen schildert:
    "Jeder der eine Uni besucht hat und einen Abschluss gemacht hat, will sich natürlich weiter entwickeln, und ich glaube, es scheitert nicht daran, dass der Kindergarten nicht genügend herausfordert, sondern es ist dann auch einfach, dass das Gehalt nicht reicht."
    "Wir werden immer mehr Integrationskindergarten"
    Auch Michele Brucato, einer der wenigen Männer beim Kongress, sagt, dass der Job zwar viel Spaß macht und die Kinder einem viel zurückgeben, aber:
    "Klar, man kommt dann glücklich nach Hause, sieht den Kontoauszug und denkt dann: Ok, ist doch nicht alles Gold, was glänzt."
    Für ihn, Leiter eines Kölner Kindergartens, gibt es im Kita-Alltag aber noch weit mehr Probleme als Geld und Personal, vor allem die bürokratischen Hürden sind zum Teil hoch:
    "Wir werden immer mehr Integrationskindergarten. Wir haben behinderte Kinder, die zu uns kommen, wo von Kommune zu Kommune gar nicht klar ist, wo kommen die Gelder her, wen muss ich da ansprechen, wie sind die Prozesse - dann dauern die viel zu lang. Also das zieht sich wie ein roter Faden durch alles durch."
    Das Thema Inklusion treibt auch Kita-Leiterin Carolin von Wangenheim um, vor allem, weil es gerade etwas in Vergessenheit gerät:
    "Es kommen immer neue von oben neue Themen, erst die Inklusion, die noch gar nicht abgefrühstückt ist, jetzt kommt die Flüchtlingsproblematik dazu, und es wurde noch gar nicht genug Geld ausgegeben, um das erste Problem zu finanzieren."
    Jetzt also die Flüchtlingskinder. Sie waren auch Thema einer Diskussionsrunde beim Kongress, an der Vertreter von Politik und Trägern teilgenommen haben. Fazit: Viele Erzieher fühlen sich für diese neue Aufgabe nicht gut genug unterstützt. Sie wünschen sich unter anderem mehr Zeit, um zum Beispiel gut mit den Eltern kommunizieren zu können oder ihnen bei Alltagsproblemen zu helfen. Aber zusätzliche Zeit ist häufig nicht da, im modernen Kita-Alltag.