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Kitty, Daisy & Lewis
Konsequent wie gestern klingen

Zwischen Rockabilly und Rock 'n' Roll, Blues und Swing wechseln sich bei den Geschwistern Kitty, Daisy & Lewis Gitarre, Klavier, Schlagzeug, Banjo, Ukulele und Mundharmonika ab. Auch ihr drittes Album "Third" ist wieder ein Familienprojekt - und klingt nach gestern.

Von Bernd Lechler | 24.01.2015
    Kitty Durham (l) und Lewis Durham spielen am Freitag (16.09.2011) mit ihrer Band Kitty, Daisy & Lewis ein Konzert in der Columbiahalle in Berlin.
    Die Band Kitty, Daisy & Lewis (picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    "Ich sehe heutzutage zwei Sorten Musik: Die richtige - und dann das Zeug, das bei den großen Radiosendern läuft, das auf den Massenmarkt gepumpt und den Leuten eingetrichtert wird. Das, und richtige Bands, Leute, die wirklich was machen."
    Deutliche Worte von Lewis Durham. Und seine Schwestern Kitty und Daisy erheben keinen Einspruch. Aber ein bisschen radikal muss man vermutlich sein, um eine Punklegende wie Mick Jones, früher bei The Clash, als Produzent zu gewinnen. Er hatte das Geschwistertrio schon länger beobachtet - und erwies sich als musikalisch breit genug aufgestellt, erzählt Kitty:
    "Gleich bei unserem ersten Treffen in einem Pub erwähnte er Bert Kaempfert, den deutschen Komponisten. Von ihm fanden wir "Swingin' Safari" immer toll. Da wussten wir: Mick Jones hat Ahnung. Das wird cool."
    "Third" klingt wieder reichlich retro
    Bert Kaempfert, 40er, 50er, 60er-Jahre: Auch das "Third"-Album von Kitty, Daisy & Lewis wirkt wieder reichlich retro. Allerdings sind sie da empfindlich. Daisy, die Älteste:
    "Wir haben nach wie vor das Kitty-Daisy-and-Lewis-Feeling, schätze ich. Diesen alten Vibe. Aber stilistisch, finde ich, machen wir moderne Musik. Wir benutzen nur alte Instrumente."
    Man sollte sie tatsächlich nicht einfach in eine Rockabilly-Schublade stecken. "Third" klingt außer nach Petticoats und amerikanischen Autos mit Heckflosse auch nach englischem Ska und die Country-Ballade "Developer's Disease" behandelt nicht Pferde oder Liebe, sondern die Gentrifizierung Londons.
    "In der legendären Denmark Street, wo die ganzen Musikläden sind, da gibt's die Twelve Bar. Und die machen sie jetzt dicht und so einen scheußlichen Laden draus, der aussieht wie alle anderen. Der Song handelt von der gierigen Idioten, die so etwas anrichten."
    Kein Computer im Studio
    Da klingen die Retro-Geschwister plötzlich aktuell. Trotzdem: In ihrem neuen, selbst eingerichteten Studio steht eine Bandmaschine, kein Computer wie sonst überall. Weil sie nicht an einem Bildschirm Musik machen wollen, sagt Lewis, der in seinem weit geschnittenen Zweireiher dasitzt wie aus den 40er-Jahren angereist und dessen sensible Ohren alles Digitale leblos finden. Sie besitzen einen Synthesizer, aber irgendwie kommen sie nie dazu, ihn zu benutzen. Im Übrigen beklagt er, dass in den Klubs heute ein echt getrommelter Beat als altmodisch gilt. Und erst ein Drumcomputer die Tänzer in Bewegung bringt.
    "Es wär cool, wenn Kids unsere Musik entdecken und dann weiterforschen. Ich habe das damals gemacht: Habe was gehört - und dann geguckt: Von wem waren die beeinflusst. Man sollte sich auch für die Geschichte der Musik, die man mag, interessieren."
    Zur ihrer eigenen Geschichte gehören natürlich: die Eltern. Denn Kitty, Daisy & Lewis sind kein Trio, sondern inklusive Trompeter zu sechst. Und fest dazu gehören Vater Graeme Durham an der Rhythmusgitarre und Mutter Ingrid Weiss, früher bei der Postpunkband "The Raincoats" am Bass. Sie machten schon immer Musik zusammen, nur eben inzwischen auf der Bühne. Und ansonsten schlage und vertrage man sich wie normale Bands auch. Aber will man nicht irgendwann was ohne die Eltern machen? Nö, sagt Lewis - solang die nicht was ohne uns machen wollen.
    Vielleicht kommt aus dem starken Familienverbund ja auch diese als Naivität getarnte Eigenwilligkeit ihrer Musik, die so resolut unmodisch ist und einfach nur spielen und gespielt werden will. Selbst wenn es mal nicht mehr laufen sollte.
    "Wenn es kleiner würde, dann wär das halt so. Dann schreiben wir einen Song drüber. Zum Glück ist unser Erfolg sehr allmählich gewachsen. Viele Bands, die es geschafft haben, trennen sich ja schnell wieder, wenn es weniger wird. Weil sie glauben: Das war's jetzt. Wir dagegen sind eine Familie. Ob auf der Bühne oder nicht. Musik machen wir eh."