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Klagen für gleichen Lohn für gleiche Arbeit

Zeitarbeitern steht die gleiche Bezahlung wie Beschäftigten der Stammbelegschaft zu, wenn ihre Verleihfirmen keinen gültigen Tarifvertrag haben. Doch wegen Verjährungsfristen und Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen dürfte es für viele Zeitarbeiter schwer werden, tatsächlich Geld zu bekommen – und so wird geklagt.

Von Blanka Weber | 13.03.2013
    Es ist ein vielschichtiges Thema. Eines, das eigentlich die Politik bearbeiten müsse, sagte der Anwalt der Brandenburger Klägerin kurz nach der Verhandlung am Morgen in Erfurt. Denn es schließt sich die Frage an: Welche Konsequenzen hat das auf Nachzahlungen – auch in der Sozialversicherung? Arbeitgeber rechnen mit enormen Summen.

    Für seine Mandantin ging es um mehr als 16.000 Euro. Von 2009 bis 2010 hat sie als Leiharbeiterin gearbeitet und dafür zwischen 6 und 6 Euro 15 pro Stunde bekommen. Aus ihrer temporären Arbeit ergab sich später ein fester Job im selben Unternehmen. Bis heute ist sie dort beschäftigt und bekommt - seitdem - für dieselbe Leistung 12 Euro 84.

    Und weil dieses Thema doch eine Tragweite birgt, ging es ihrem Anwalt, Kai-Uwe Zänker nicht nur um jenen Betrag für seine Mandantin:

    "Wir haben hier schon zu beachten, dass die Rechtsfrage, ob meine Mandantin 6 Euro 15 zu recht verdient hat oder 12 Euro 84, aus politischer Sicht geklärt werden sollte. Also, die Aufgabe, die das Bundesarbeitsgericht jetzt hat über diese vielen, vielen Rechtsfragen zu entscheiden, die sich mit dieser Frage verbinden, die stelle ich mir nicht leicht vor, und ich teile durchaus das Unbehagen der beklagten Seite."


    Von Millionen, gar Milliarden war im Vorfeld des Urteils die Rede. Sozialversicherungsträger hätten die Möglichkeit, unabhängig von sogenannten Ausschlussfristen, über 4 Jahre rückwirkend Versicherungsbeiträge einzufordern. Rückstellungen gäbe es bei Unternehmen für diese Fälle nicht. Darauf verwies der Anwalt der beklagten Seite – jenes Unternehmens, in dem die Frau als Leiharbeiterin beschäftigt war. Jene Klägerin war heute nicht anwesend, ließ der Anwalt wissen:

    "Meine Mandantin ist ganz froh, dass sie wieder Arbeit hat, und möchte die auch behalten und hält sich deshalb auch in den Rechtsstreitigkeiten zurück."

    Ihre Klage wurde heute abgewiesen. Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen Leiharbeiterlohn und dem jener Stammbelegschaft. Inken Gallner vom Bundesarbeitsgericht erklärt – warum:

    "Arbeitnehmer, die nun solche kurzen Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag haben, die mussten rechtzeitig geltend machen, deshalb hat die Arbeitnehmerin verloren, weil die Ausschlussfrist versäumt war, obwohl sie noch nicht sicher wusste, dass die CGZP nicht tariffähig ist."

    Die CGZP ist die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit – jene Gemeinschaft die, – laut eines BAG-Urteils von 2010 – tarifunfähig ist. Das Bundesarbeitsgericht stellte heute fest:

    "Gestärkt wurden die Rechte der Leiharbeiter, indem klar gesagt wurde, wenn so ein Tarifvertrag ungültig ist, dann haben die Arbeitnehmer Anspruch auf das gleiche Entgelt wie die Stammarbeitnehmer des Entleihunternehmens, das ist ganz klar diese Aussage."

    Allerdings müssen Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht werden. Zwei ähnliche Fälle haben heute vor dem Bundesarbeitsgericht Recht bekommen. Circa 80 weitere Fälle sollen demnächst allein hier verhandelt werden.