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NRW-Sportstaatssekretärin Andrea Milz
Mehr politische Schlagkraft für Sportvereine

Dem organisierten Sport in Nordrhein-Westfalen geht es derzeit sehr gut - auch dank der neuen Sportstaatssekretärin Andrea Milz. Sie möchte die Sportbünde, -Verbände und Vereine befähigen, ihre eigenen Interessen künftig noch besser durchzusetzen.

Von Moritz Küpper | 10.03.2018
    Andrea Milz, Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt
    Andrea Milz ist seit Sommer 2017 Staatssekretärin für Sport in Nordrhein-Westfalen (dpa / Rolf Vennenbernd)
    Andrea Milz sitzt in dem Besprechungsraum einer Mehrzwecksporthalle in Gütersloh. Vor ihr stehen Getränke, die gut zwanzig Vertreter verschiedener Vereine haben ordentlich aufgefahren: Schnittchen, geschnittenes Gemüse, Hähnchen-Spieße – doch niemand rührt etwas an. Stattdessen wird geredet:
    "Dann noch einmal offiziell: Herzlich Willkommen in den Räumen des TuS Friedrichsdorf, in der Ziegelei in Gütersloh, einer der großen Sportvereine, die wir haben, hier im Ortsteil natürlich der Sportverein."
    "Ich lerne bei jedem noch etwas"
    Milz, 54 Jahre alt, wie immer bunt gekleidet, heute in einer Art Zebra-Hose, dazu ein schrille pinke Handtasche, ist gekommen, um zuzuhören. Alle 54 Kreise beziehungsweise kreisfreien Städte, will die neue Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt der NRW-Staatskanzlei in ihrer Amtszeit jeweils für einen Tag besuchen. Die neue EU-Datenschutzverordnung, die Höhe der Übungsleiterfreipauschale, das Zusammenspiel mit dem Ganztag – das sind die Themen an diesem Nachmittag in Gütersloh. Knapp eine Stunde dauert das…
    "… und wir würden jetzt gerne den zweiten Teil und dann darf auch Frau Milz mal was sagen, wenn sie möchte, einfach in den lockeren inhaltlichen Austausch kommen. Ja, und ich denke mal: Frau Milz, sie haben das Wort."
    "Man sieht, dass ich wirklich zugehört habe und nicht mein Handy aus der Tasche gezogen hab, ist ja heute auch schon immer so ein Punkt, also. Aber das ist genau mein Ziel, wenn ich mir die Kreisverbände einen nach dem anderen, wie gesagt, ich brauche dafür fast in vier Jahre, wir sind sehr viele und das Land ist riesig von den Entfernungen. Wenn ich mir die alle nach dem anderen angucke: Ich lerne bei jedem noch irgendwas…"
    "Ihr müsst die Kommunen ansprechen"
    So wie heute über Jugendliche, die sich selbst organisieren. Doch neben dem Zuhören, ist Milz eines sehr wichtig:
    "Also, das wichtige ist – und das will ich auch immer allen Sportvereinen und –verbänden mit auf den Weg geben – ihr müsst die Kommunen ansprechen und die mitnehmen. Dieses: Ich mach da mal mein Ding und solange die sich nicht bei mir melden quatschen sie mir auch nicht rein, das funktioniert nicht mehr. Das heißt, man hat letztlich keine andere Chance, als mit den Kommunen zusammen auf den Weg sich zu machen."
    Die Sportvertreter in Gütersloh hören gebannt zu:
    "Und das betrifft auch nicht nur das Geld, aber auch das Geld. Und ich habe jetzt allen Kreissportbünden gerade erst einen Brief geschrieben, wo wir mal erklärt haben, nach dem jetzigen Haushalt in NRW, was es alles Neues gibt, wo sie alles auch mitmachen können und auch sollten und wo auch Geld zu holen ist."
    In der CDU gut verdrahtet
    Eben jene 210 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Nicht nur die Idee mit der Tour durchs Land, eben zu den Wählern, sondern auch anhand dieser Summe und eben der genannten Briefe, zeigt sich, dass Milz eine erfahrene Politikerin ist: Jahrelang saß sie als direkt gewählte Abgeordnete im Landtag, ist in ihrer Partei, der CDU, gut verdrahtet. Das zeigt: Der Sport, obwohl er formal in NRW keine Ministerin mehr, sondern nur eine Staatssekretärin hat, hat an Bedeutung gewonnen:
    "Also, wenn sie jetzt generell sagen, der Minister ist mehr wert als der Staatssekretär, dann müsste man ja die Frage mit Abwertung beantworten, aber: Nein. Der oberste Sportminister ist Armin Laschet, der Ministerpräsident. Der fungiert ja auch, wenn sie so wollen, als Ministerpräsident und Sportminister, weil er das Ehrenamt und den Sport zu sich in die Staatskanzlei geholt."
    Milz sitzt nun in ihrem Dienstwagen. Der Besuch in Gütersloh ist vorbei. Angesichts des Mehrs an Geld, versteht sie ihre Aufgabe als Lotsin durch die diversen Förderprogramme, aber auch als Lautsprecherin für weitere Mittel:
    "Mir ist zwar schon einmal gesagt worden: Du darfst nicht immer den Vereinen sagen, sie müssen trommeln. Aber: Letztlich ist es das. Wir leben heute alle davon, dass wir uns eben zu Wort melden, wenn wir auch für irgendwas kämpfen. Kämpfen ist nie leise, das ist immer laut. Die Vereine, die Sportvereine, haben inzwischen auch erkannt, dass so eine Zurückhaltung, so nach dem Motto: Wird schon gut für uns ausgehen. Oder: Man wird sich auch schon mit uns beschäftigen oder uns bedenken, dass das manchmal ein Trugschluss ist."
    Unterstützung vom Landessportbund
    Für sie steht fest:
    "Heute sind viele andere Akteure wirklich sehr medienstark. Und da kann der Sport sich zum Teil noch nicht miteinreihen, sondern hat noch so ein bisschen Nachholbedarf. Und da erinnere ich dann immer die Menschen, wenn ich die Gelegenheit hab, auch mal daran, dass man doch den Mund aufmachen muss."
    Unmittelbar nach der für den Sport positiven Haushalts-Entscheidung in NRW, schickte Milz Briefe – und zwar an die Sportbünde und Fachverbände. Betreff: "Erhöhung der Sportfördermittel". Neben der Auflistung der finanziellen Errungenschaften und Fördermittel, stand dort auch ein Appell: Jetzt gelte es, so schrieb Milz, das Vertrauen des Parlaments in die Qualitäten des Sports einzulösen und mit den zusätzlichen Mitteln an erster Stelle sportliche Erfolge, aber auch einen Beitrag für gesundheitliche, soziale und Bildungserfolge herbeizuführen. Dabei würde sie auf Unterstützung zählen. Worte, die auch Christoph Niessen, Vorstandsvorsitzender des Landessportbund NRW teilt:
    "Ja, definitiv. Nicht zurücklehnen, sondern: In der Kommune sich stark machen, bei der kommunalen Politik darauf drängen, dass man in die relevanten Gremien mithineinkommt, dass man gehört wird, dass man zur politischen Stimme wird, das setzt natürlich auch voraus, dass die Vereine vor Ort ihren Stadt- und Kreisportbund stark machen. Das beginnt dabei, Versammlungen eben wahrzunehmen und eben deutlich zu machen, dass bei der Mitgliederversammlung eines Kreisportbundes oder Stadtsportbundes nicht sieben Vereine sitzen, sondern 70 oder 170, je nachdem wie viel in der Kommune eben da sind und diese starke Stimme eben auch wirklich durch Zahlen zu untermauern."
    Mehr finanzielle Möglichkeiten reichen nicht
    Niessen ist glücklich über die neue politische Konstellation hinsichtlich des Sports:
    "Das ist eine klare Aufwertung für den Sport, weil der Ministerpräsident damit ein Signal gesetzt hat, dass Sport wichtig ist, dass Sport eine Chefsache ist und bei ihm in der Staatskanzlei angesiedelt wird und eben nicht nur Teil eines Ministeriums mit nur vielen verschiedenen Aufgaben ist."
    Ein Umstand, der sich auch bei Milz im praktischen Staatssekretärsleben, bemerkbar macht:
    "Also, was ich merke, ist: Dadurch, dass ich so viel durchs Land fahre, das wäre natürlich einem Minister, der für fünf, sechs verschiedene Aufgaben zuständig ist, ja auch gar nicht so möglich gewesen."
    Doch das sei wichtig: Denn, so Milz, was für die Sportvereine gelte, müsse auch die Devise für die Politik seien. Mehr finanzielle Möglichkeiten rausholen allein, reiche jedenfalls nicht:
    "Ich kann nicht davon ausgehen, dass alle Menschen das irgendwie mitkriegen, dass die das in der Zeitung lesen, dass ihnen das irgendwer erzählt. Ich muss das selber transportieren. Das heißt: Ich muss auch meine Stimme erheben."