Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Kleberhersteller CPH aus Essen
Auf die Mischung kommt es an

Auf dem Sektor der Etikettier-Klebstoffe gilt CPH inzwischen als Weltmarktführer. Dabei wird das Essener Unternehmen vor allem von großen Brauereien geschätzt. Schließlich sorgt CPH dafür, dass die Etiketten von Bierflaschen auch daran haften bleiben - selbst bei stundenlangem Bad in der Eiswanne.

Von Klaus Deuse | 10.04.2015
    Bierflaschen der Brauerei Stauder laufen über ein Fließband beim Essener Kleberhersteller CPH. Das Unternehmen forscht nach dem richtigen Klebstoff für die Etiketten.
    Bierflaschen beim Kleberhersteller? CPH forscht auch in den eigenen Hallen nach den richtigen Haftstoffen für die Etiketten. (picture alliance / dpa - Roland Weihrauch)
    Die hellbraune Substanz in dem Glas, in dem Chemiker Dr. Oliver Grotkopp herum rührt, ist zäh und klebrig: "Das ist jetzt hier ein Muster für einen Etikettierleim auf biologischen Polymeren. Ich werde verschiedene Parameter von diesem Leim hier feststellen. Das ist zum Beispiel die Abbindezeit, die Zeit bis zum Faserriss, Viskosität, Per-Wert. Und damit definieren wir dann grob, in welcher Richtung dieser Leim dann eingesetzt werden kann."
    Im Labor der Chemischen Produktions- und Handelsgesellschaft (CPH) in Essen beschäftigt sich ein Dutzend Chemiker mit der Entwicklung von speziellen Klebstoffen. Unterschiedlichste Klebstoffe, die u.a. für die Etikettierung von Getränkeflaschen und Verpackungen, für Zigaretten oder für Babywindeln benötigt werden. Es kommt in jedem Fall auf die Mischung an, erläutert Unternehmensgründer Gerwin Schüttpelz beim Gang durch die Produktionshalle. Zur Mixtur gehören vor allem Flüssigkomponenten: "Die werden über Rohrleitungen automatisch über Computer gesteuert dazu gegeben. Einige Pulverprodukte müssen manuell dazu gegeben werden. Die Mischungsverhältnisse sind sehr, sehr unterschiedlich."
    Kunden aus 100 Ländern
    300 Mitarbeiter beschäftigt CPH am Stammsitz in Essen. Außerdem betreibt das weltweit agierende Unternehmen noch Produktionsstätten in der Ukraine, in Portugal und Südafrika. Beliefert werden Kunden in rund 100 Ländern.
    "Im Bereich der Etikettier-Klebstoffe produzieren wir hier in Deutschland rund 20.000 Tonnen. Insgesamt werden hier im Werk rund 50.000 Tonnen Klebstoff produziert."
    Über 90 Prozent gehen in den Export. Auf dem Sektor der Etikettier-Klebstoffe firmiert CPH inzwischen als Weltmarktführer, der dafür sorgt, dass die Etiketten von namhaften Unternehmen auf deren Produkten auch bei großen Temperaturunterschieden haften bleiben: "Fast jedes Gebinde, jede Verpackung muss irgendein Etikett bekommen. Und dort sind wir überall dabei."
    Der Jahresumsatz liegt bei rund 100 Millionen Euro. Der größte Anteil, so Gerwin Schüttpelz, entfällt auf große internationale Brauereien: "Wenn Sie heute eine Flasche Heineken oder Carlsberg, oder die großen Namen in die Hand nehmen, sind die weltweit mit unseren Klebstoffen etikettiert."
    Daran hätte Gerwin Schüttpelz vor 30 Jahren nicht zu träumen gewagt: "Ich war Student, habe während der Semesterferien ein bisschen Geld als Lkw-Fahrer verdient. Kam mit Klebstoffauslieferung erstmals in Verbindung. Hab' das Geschäft für die Firma, für die ich damals gearbeitet habe, als Aushilfsfahrer entwickelt. Nach einer gewissen Zeit war die Entwicklung so weit, dass ich glaubte, vielleicht ein bisschen Provision dafür anfragen zu dürfen. Und die damalige Chefin hat dann gesagt: Wenn Du glaubst, alles klug und selbst machen zu können, dann mach es doch selbst. Und damit war ich den Fahrerjob los."
    Aber der Jurastudent Schüttpelz wusste schon, welche Unternehmen Klebstoff benötigen. Nämlich Buchbindereien, Brauereien und Papierverarbeitungsbetriebe. Und dann begann er mit seiner ersten, wie er heute schmunzelnd anmerkt, profanen Entwicklung: "Ich habe nämlich in einem alten Holzbottich angefangen, Kleister anzusetzen und habe den an die Papier verarbeitende Industrie, sprich zur Herstellung von Brötchentüten verkauft."
    Klebstoff für Bierflaschen muss eiswasserbeständig sein
    Der nächste Schritt bestand darin, Klebstoffe für Etiketten auf Getränkeflaschen zu entwickeln. Heute werden in Essen an jedem Tag bis zu drei Hochseecontainer mit jeweils 20 Tonnen Klebstoffen unter anderem für große Brauereien in Mittel- und Südamerika sowie Asien beladen. Nur zur Verdeutlichung der Größenordnung: Um eine Million Flaschen zu etikettieren, benötigen die Brauereien gerade einmal 100 Kilogramm Klebstoff. Trotzdem gibt es für die Chemiker im Entwicklungslabor noch genug zu tun. Denn gerade für den Markt in Südamerika und Asien benötigt man Klebstoffe, die auch bei tropischem Klima und gleichzeitig eisiger Kühlung halten. Gelagert werden die Flaschen für Barbecus in diesen Regionen nämlich traditionell in Eiswasserbottichen: "Die Icecubes schwimmen da drin rum. Und die Flaschen stehen Stunden oder Tage lang in diesem Pool, in diesem Wasserbecken. Und dort muss der Klebstoff eiswasserbeständig sein, damit das Etikett drauf bleibt. Das sind Anforderungen, die wir fast überall außerhalb Europas haben."
    Mit dem Zusatz von Chemikalien ließe sich dieses Problem zügig lösen. Aber das Unternehmen aus dem Ruhrgebiet hat schon früh nach Alternativ-Lösungen gesucht. Seit 1983 setzt man auf umweltverträgliche Klebstoffe. Ein ökologischer Ansatz, der sich als Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt ausgezahlt hat: "Produkte wie Formalin, wie Schwermetalle, wie Zink, Borax, Kupfer, Konservierungsmittel sind bei uns schon seit vielen Jahren aus dem Produkt. Und zwar durch Eigeninitiative, nicht durch Gesetzgebungsverfahren."
    Zu viel will Firmenchef Schüttpelz natürlich nicht verraten, aber als Alternative zu auf Rohöl basierenden Rohstoffen beschäftige man sich im CPH-Labor intensiv mit den Klebemöglichkeiten von Apfel-Trester. Und weil der Mensch schon ganz früh mit neu entwickelten Produkten in Berührung kommt, setzt Schüttpelz auf besondere Verträglichkeit: "In Babywindeln geht sehr, sehr viel Schmelzklebstoff. Und das ist auch unsere Idee. Wir wollen mit diesem abbaubaren Schmelzklebstoff auch noch mehr, ich sag mal, ungefährliche Produkte an den Popo von dem Baby bringen."