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Klima-Risiko-Versicherungen
Schnellere Hilfe bei Katastrophen

Das Erdbeben in Nepal hat wieder mal gezeigt: Nach Naturkatastrophen braucht es oft viel Zeit, bis internationale Hilfe in Krisengebieten ankommt. Abhilfe schaffen können Klima-Risiko-Versicherungen, die in Dürregebieten in Afrika bereits erfolgreich genutzt werden. Der Vorteil: Die Hilfe ist schneller und billiger.

Von Michael Castritius | 08.05.2015
    Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes bereiten Flüge mit Hilfsgütern für die Erdbeben-Opfer in Nepal vor.
    Klima-Schutz-Versicherungen sollen schnellere Hilfe bei Naturkatastrophen ermöglichen. (AFP / Hannibal Hanschke)
    Klima-Risiko-Versicherungen - das klingt zwar sperrig, bürokratisch, aber: Sie sind lebensnah.
    Nach Naturkatastrophen sind arme Länder bislang Bittsteller, Bettler auf der Weltbühne: Helft uns.
    Als Versicherte, die selber einzahlen, haben sie aber einen Anspruch auf Schadensbegleichung. Und zwar schnell, betonte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller.
    "Damit sind Klima-Risiko-Versicherungen Teil einer Überlebensversicherung. Sie befreien aus dem Teufelskreis: Denn wer kann und will investieren, wenn jederzeit durch eine Katastrophe alles zerstört werden kann. So aktivieren diese Versicherungen langfristige Entwicklungsperspektiven statt kurzfristiger Überlebensstrategien. Wissenschaftler sagen uns voraus: Das Extreme wird zunehmend das Normale".
    Extremwetter, Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Erdrutsche: Die Folgen des Klimawandels betreffen zu 90 Prozent Entwicklungsländer - die zuvor am wenigsten zum Klimawandel beigetragen hätten, betonte Minister Müller.
    Zum Beispiel der Pazifik-Staat Kiribati. Nur zwei bis drei Meter über dem steigenden Meeresspiegel liegen die Inseln, sind dem Untergang geweiht. Die Entsiedelung hat begonnen.
    Präsident Anote Tong ist nach Berlin gekommen, weil für ihn diese Klima-Risiko-Versicherung eine "Hoffnung in hoffnungsloser Zeit" sei - und weil es seine Aufgabe sei, zu erzählen.
    "Unsere Geschichte erzählt die menschliche Dimension des Klimawandels. Sie bringt die Menschlichkeit in die Klima-Debatten. Klimawandel passiert heute. Für uns an der Front läuft die Zeit schneller ab, als wir angenommen haben. Unsere Inseln werden in einem Jahrhundert nicht mal mehr existieren. Unser Schicksal zeigt im Grunde dass, was der gesamten Welt in naher Zukunft widerfahren wird. Die Versicherung aber wäre positiv für uns. Sie kann in der Zwischenzeit helfen, bis wir dann im Desaster enden werden."
    Nicht nur schnellere, auch billigere Hilfe
    Es waren afrikanische Länder, die die Idee der Risiko-Versicherungen ausgearbeitet und umgesetzt haben, erzählt Nigerias Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala. Auslöser seien die katastrophalen Dürreperioden gewesen und die lange Zeit, die es brauche, bis internationale Hilfe komme.
    "In dieser Zeit verlieren wir Menschenleben, verlieren wir Grundlagen für den Lebensunterhalt. Die Idee war, für diese Versicherung einen "Afrikanischen Risiko Index" zu erstellen, nach dem zahlen die 25 beteiligten Länder ihre Prämien ein. Und im Katastrophenfall erhalten sie schnelle Zahlungen. Deutschland und Großbritannien haben uns enorm beim Aufbau geholfen. Insgesamt verfügt unsere Agentur jetzt über 200 Millionen Dollar."
    Und schnelle Hilfe, so die Erfahrung in Afrika, hilft nicht nur den Menschen: Sie ist auch noch billiger als später ankommende Nothilfe. Die Dürre-Versicherung musste bislang 26 Millionen Dollar auszahlen - spätere Katastrophenhilfe hätte wahrscheinlich das Achtfache gekostet. Denn wenn es etwa sofort neues Saatgut gibt, können die Menschen auch viel eher wieder ernten und sich selber versorgen.
    Dieses Modell der Klima-Risiko-Versicherungen will die deutsche Bundesregierung noch während ihrer G7-Präsidentschaft verbreiten. 150 Millionen Euro werden bis nächstes Jahr investiert, versprach Minister Müller. Und er will bei den anderen Industriestaaten werben: Mitmachen bitte.
    Bislang sind weltweit etwa 100 Millionen Menschen gegen die Auswirkungen des Klimawandels versichert - in den nächsten fünf Jahren sollen 400 Millionen hinzukommen.