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Klimaabgabe für Kohlekraftwerke
Widerstand gegen Gabriels Pläne

Wirtschaftsminister Gabriel macht Druck. Das Prestigeprojekt Energiewende ist ins Stocken geraten, die Klimaziele sind gefährdet - und das, obwohl Deutschland den G7-Vorsitz innehat. Sein jüngster Vorstoß: eine Klimaabgabe für Kohlekraftwerke. Ein Vorstoß, der bei der Union auf heftigen Widerstand stößt.

Von Johannes Kulms | 20.03.2015
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei einem Pressetermin.
    Ist ein Kraftwerk älter als 20 Jahre und überschreitet der CO2-Ausstoß eine bestimmte Grenze, sehen Gabriels Pläne Strafzahlungen für die Konzerne vor. Die Grenzwerte sollen von Jahr zu Jahr gesenkt werden. (dpa / Stephanie Pilick)
    "Unterirdisch" – so lautet die Reaktion von Joachim Pfeiffer auf den Vorstoß von Sigmar Gabriel. Nicht nur dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag missfallen die Pläne zu einer Zwangsabgabe für Konzerne, wenn deren alte Kohlekraftwerke zu viel CO2 ausstoßen.
    Auch Thomas Bareiß, klimapolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, geht das zu weit.
    "Ich sehe das sehr kritisch. Das, was wir jetzt vorgelegt bekommen haben, ist ein Kohleausstiegsgesetz. Und ich glaube nicht, dass wir auch noch einen Kohleausstieg nach dem Kernenergieausstieg machen können. Das wird unsere Volkswirtschaft belasten und auch die Verbraucherpreise zu sehr nach oben treiben. Ich denke, wir müssen hier mit Besonnenheit rangehen und wir sollten glaube ich noch mal drüber reden, was wir jetzt genauestens machen."
    Treibhausgase um 40 Prozent senken bis 2020
    Bareiß verweist stattdessen auf den europäischen Emissionshandel. Doch genau dieser helfe nicht weiter, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, sagt das Wirtschaftsministerium: Bis 2020 will Deutschland den Ausstoß an Triebhausgasen um 40 Prozent senken im Vergleich zum Jahr 1990.
    Als Zwischenlösung will Gabriel bei veralteten Kohlekraftwerken ansetzen, weil diese besonders viel CO2 ausstoßen. So erhofft er sich 22 Millionen Tonnen des Treibhausgases einzusparen.
    Ist ein Kraftwerk älter als 20 Jahre und überschreitet der CO2-Ausstoß eine bestimmte Grenze, sehen Gabriels Pläne Strafzahlungen für die Konzerne vor. Die Grenzwerte sollen von Jahr zu Jahr gesenkt werden. Der Wirtschaftsminister erhofft sich dadurch eine Lenkungswirkung: Letztendlich könnten so veraltete Kohlekraftwerke vom Markt verdrängt werden. 90 Prozent der fossilen Stromerzeugung würde laut dem Eckpunktepapier nicht diese Abgabe leisten müssen.
    Viele Hintertüren für Konzerne, kritisieren Die Grünen
    Die Grünen bemängeln, dass das Konzept zu viele Hintertüren für die Konzerne ließe:
    "Es war überfällig, dass der Wirtschaftsminister auch anerkannt hat, dass Kohlekraftwerke auch ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten müssen. Aber das Instrument ist bisher vollkommen unklar. Das ist 'ne klimapolitische Blackbox. Und es ist unklar, inwieweit wirklich Kohlekraft hier reduziert wird und der notwendige Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird. Weil der Preis, so wie das vorgesehen ist, allein das nicht regeln kann," kritisiert Annalena Baerbock, Sprecherin für Klimapolitik in der Grünen-Bundestagsfraktion.
    Greenpeace bezeichnet Gabriels Pläne als "Mogelpackung", weil die Strafzahlungen für Konzerne "lächerlich niedrig" seien, so die NGO.
    Verärgerung über Gabriels Vorstoß bei der Union
    Lob kommt von der Umweltstiftung WWF: Angesichts des nicht funktionierenden europaweiten Handels mit CO2-Rechten wären Gabriels Pläne ein großer Schritt nach vorn für Deutschlands Glaubwürdigkeit im Klimaschutz.
    Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie dagegen sieht in den Zusatzbelastungen der Kohleverstromung eine Gefahr für "einen geordneten und langfristigen Strukturwandel."
    "Am Ende des Tages geht es darum, eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung auf die Beine zu stellen. Und das heißt, nichts tun ist keine Alternative," verteidigt der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubert Heil das Eckpunktepapier.
    Heil sieht in dem Papier eine gute Grundlage für Gespräche mit der Union. Diese hatte aus Verärgerung über Gabriels den Vorstoß ein für diesen Samstag angesetztes Gespräch der Koalitions-Energieexperten abgesagt. Stattdessen soll das Treffen am kommenden Donnerstag stattfinden.