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Klimakonferenz
"Für letzte Klarheit sorgen"

Bei der Pariser Klimakonferenz gehe es in den verbleibenden Stunden darum, die letzten Zweifler zu überzeugen, sagte unser Korrespondent Georg Ehring. Das vorliegende Papier sei wohl der endgültige Vertragsentwurf - in einigen zentralen Punkten habe es noch einmal Bewegung gegeben.

Georg Ehring im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker | 12.12.2015
    Ein Mann läuft an den etwa einen Meter hohen Zeichen "#COP21" vorbei, die als Installation im Raum stehen.
    Installation auf der Klimakonferenz in Paris. (dpa/picture alliance/Ian Langsdon)
    Ann-Kathrin Büüsker: Der Körper so mancher Teilnehmer des Klimagipfels in Paris besteht wohl zu großen Teilen nur noch aus Koffein und Adrenalin. Hinter uns liegt die dritte Nacht in Folge, die dort verhandelt wurde. Da dürfte so mancher wirklich körperlich langsam an sein Limit kommen. Aber es scheint sich gelohnt zu haben. Ein scheinbar endgültiger Entwurf steht, seit 11:30 Uhr wird er an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgegeben, die dann darüber debattieren müssen. Georg Ehring in Paris, wissen Sie bereits, was in diesem Entwurf drinsteht?
    Georg Ehring: Ich habe den Entwurf noch nicht, ich habe gerade gehört, dass das Ziel 1,5 Grad als Begrenzung der Temperaturerhöhung, der Erderwärmung weiter enthalten ist in Verbindung mit dem Ziel von 2 Grad, das war einer der ganz wichtigen Diskussionspunkte, aber das Papier ist noch nicht verteilt worden. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hat gesagt, nach der Sitzung, die jetzt gerade begonnen hat, werde das Papier verteilt, dann solle es einige Stunden Zeit zum Lesen geben, damit die Delegierten sich damit befassen können, und anschließend soll es beschlossen werden. Die Zeit zum Lesen ist, so ist zu hören, recht großzügig bemessen, weil es im Hintergrund noch Diskussionsbedarf gibt. Es haben einige Delegationen mit einzelnen Formulierungen noch Probleme und sind noch nicht endgültig zur Zustimmung bereit. Aber das Papier soll nicht wieder aufgemacht werden, es ist ein Vertragsentwurf, der auch schon in die sechs UN-Sprachen übersetzt worden ist, und es geht darum, da für letzte Klarheit zu sorgen.
    Büüsker: Was könnte denn tatsächlich endgültig drinstehen, wenn wir uns mal die bisherigen Entwürfe anschauen?
    Ehring: Ja, einmal das langfristige Temperaturziel, Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 2 Grad oder auf deutlich unter 2 Grad mit dem Wunsch, es hier auf 1,5 Grad zu begrenzen. Man sucht nach einem anderen Wort für Dekarbonisierung, weil da einige Schwellenländer nicht mit einverstanden gewesen sind. Emissionsneutralität anzustreben im Laufe dieses Jahrhunderts war eine weitere Alternative, die aber auch nicht durchgekommen ist. Dann der Mechanismus, dass jedes einzelne Land sich Ziele setzt im Klimaschutz und dass die dann regelmäßig überprüft werden alle fünf Jahre. Das sind so die Kernpunkte, 100 Milliarden Dollar pro Jahr ab 2020, um die Entwicklungsländer im Klimaschutz zu unterstützen, das sind so die wichtigsten Punkte dieses Vertrages.
    Büüsker: Sie haben es gesagt, es besteht wahrscheinlich auch noch ein bisschen Diskussionsbedarf über dieses Papier, wie ist denn da das weitere Prozedere?
    Ehring: Ja, im Hintergrund wird dann gesprochen, das ist dann nicht öffentlich, in kleinen Runden. Es sind dann Diskussionen, zweiseitige Diskussionen vor allem mit der französischen Präsidentschaft vermutlich angesagt, und dann wird irgendwann im Laufe des Tages ein Plenum zusammengerufen werden, erst das Comité de Paris, also der Ausschuss, der diesen Vertrag jetzt beraten hat, und dann geht dieser Ausschuss, wenn es denn alles so gut läuft, über in die Conference of the Parties, also in die Vollversammlung der UN-Klimarahmenkonvention, und dann kann es irgendwann beschlossen werden. Eine zeitliche Prognose wage ich noch nicht, aber es kann gut sein, dass es noch eine Nachtsitzung geben wird.
    Büüsker: François Hollande hat ja sein Kommen angekündigt – deuten Sie das als positives Zeichen?
    Ehring: François Hollande ist sicherlich nicht gekommen, um sich eine Niederlage abzuholen, er ist entweder gekommen, um den Vertrag zu feiern oder um die letzten Zweifler noch zu überzeugen, und ich vermute, dass es beides ist, aber es ist wahrscheinlich, wenn es ein Zeichen ist, dann ist es ein positives.
    Büüsker: Georg Ehring war das live aus Paris. Er wird die Lage vor Ort weiter für uns beobachten und hier im Tagesverlauf im Deutschlandfunk weiter darüber berichten.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.