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Klimakontrolle
Chancen und Risiken von Geo-Engineering

Seit Anfang der 1990er-Jahre betreibt die Welt Klimaschutz, doch der Erfolg bleibt aus. Um rund die Hälfte ist der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid seitdem gestiegen – von Rückgang keine Spur. Kein Wunder, dass nach Alternativen gesucht wird: Das Stichwort heißt Geo-Engeneering.

Von Daniela Siebert | 21.08.2014
    Noch sind es meist Gedankenspiele, doch die Forscher haben schon zwei Ansatzpunkte gefunden, um den Klimawandel zu bremsen: bei der Sonneneinstrahlung und beim Kohlendioxid, das bereits in der Umwelt ist. Es geht beispielsweise um Aufforstung, Meeresdüngung, das Aufhellen von Wolken oder absichtliche Emission von Partikeln, die Sonnenlicht zurück ins All strahlen. Konferenz-Gastgeber Mark Lawrence vom Institute for Advanced Sustainability Studies.
    "Alle von den diskutierten Climate Engineering Maßnahmen sind noch in der Theorie. Es gibt Versuche zu Eisendüngung, natürlich Wiederaufforstung wird praktiziert, aber große Neuaufforstung wird noch nicht in dem Rahmen praktiziert, dass man das als Geo-Engineering nennen könnte. Und von den Sonnenreflexionsmaßnahmen wird keins davon bisher praktiziert."
    Partikelinjektionen in die Atmosphäre oder die Stratosphäre
    Es gab in der Vergangenheit bereits Feldversuche, durch das Düngen von Ozeanen mit Eisen mehr CO2 zu binden. Dieser Ansatz sei aber weitgehend vom Tisch so Lawrence. Vor zwei Jahren scheiterte ein britisches Test-Vorhaben zur Ablenkung von Sonnenstrahlen mithilfe von Wasserteilchen in der Stratosphäre an Patentstreitigkeiten. Trotzdem setzen viele Experten ihre Hoffnungen auf Partikelinjektionen in die Atmosphäre oder die Stratosphäre, so Mark Lawrence. Es gebe jedoch viele Argumente dagegen..
    "Es ist noch nicht bekannt, welche Nebenwirkungen die verschiedenen Techniken auf die Atmosphäre haben könnten, wir wissen, dass sie inhomogen auf die Erde wirken, wir wissen aber noch nicht, ob das dann ein Nachteil ist, wir wissen, dass die Entwicklung von Regulierung dafür sich in den ersten Zügen als enorm schwierig erweist und vor allem der wichtigste Nachteil ist, dass wir uns als gesamtglobale Gesellschaft noch nicht im kleinsten Maße durchgedacht haben, was es für uns als Menschen die tiefere Bedeutung wäre, wenn wir versuchen würden gezielt Kontrolle über die Erdsysteme zu nehmen."
    Auch an den Ideen, vorhandenes Kohlendioxid zu binden oder zurückzuholen gibt es viel Kritik. Etwa bei der Aufforstung: Die müsste in riesigem Maßstab erfolgen, um das Klima zu verändern. Doch woher sollen all die Flächen dafür kommen? Und der Versuch, mehr CO2 in den Meeren zu binden, könnte Fischen und Wasserpflanzen schaden. Auch künstliche Bäume werden erfunden, die wie Antennen das CO2 aus der Luft fangen. Doch das fordere immens viel Energie- und Logistik-Einsatz so Lawrence.
    Bei vielen möglichen Maßnahmen können die Nebenwirkungen kaum abgeschätzt werden. Beispiel: Eine Veränderung des Klimas würde sich auch auf das Wettergeschehen auswirken. Wie weiß niemand genau.
    Dazu kommen gravierende rechtliche Unsicherheiten. Denn Climate Engineering ist von den existierenden Gesetzen kaum erfasst wie Professor Daniel Bodansky, Jura-Professor an der Arizona State University erklärt:
    "Derzeit ist der gesetzliche Rahmen sehr fragmentarisch. Es gibt ein paar internationale Abkommen, die relevant sind, aber nichts Umfassendes. Nur Stückwerk."
    Respekt vor ungewünschten Nebenwirkungen überwiegt
    Beispielsweise gebe es im internationalen Umweltrecht, die Vorschrift, grenzüberschreitende Verschmutzung zu vermeiden. Bislang scheint der Respekt vor unerwünschten Nebenwirkungen des Climate Engineering noch zu überwiegen. Auch die teilweise immensen Kosten solcher Maßnahmen verhindern eine Umsetzung in die Praxis.
    Mark Lawrence sieht frühestens in einigen Jahrzehnten realistische Chancen, den Klimawandel durch Climate Engineering zu bekämpfen. Besonders bei möglichen Manipulationen zur Sonneneinstrahlung ist er vorsichtig.
    "Ich bin dagegen, dass irgendwelche von diesen Techniken in der nahen Zukunft eingesetzt wäre, weil wir einfach die Basis an Information, die wir brauchen noch nicht haben. Erst nachdem wir in aller Wahrscheinlichkeit zehn oder zwanzig Jahre Forschung vor uns haben, sollten wir überhaupt darüber nachdenken um eine Meinung zu formieren pro oder contra."