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Klimarettung durch Spendengelder

Geld macht nicht unbedingt glücklich, man kann es aber sinnvoll einsetzen. Zum Beispiel, um anderen Menschen oder der Umwelt zu helfen. Wer viel Geld hat, kann eine Stiftung gründen, mit deren Erträgen dann ein gemeinnütziger Zweck finanziert wird.

Von Michael Engel | 18.11.2008
    Bei einer Tagung an der evangelischen Akademie Loccum trafen sich Stifter und Vertreter von Organisationen, die mit gestiftetem Geld arbeiten.

    Nicola Berlinger ist von Beruf "philanthropische Beraterin". Und das bringt sie tagtäglich mit Menschen zusammen, die Gutes tun wollen, indem sie einen Teil ihres Geldes in den Dienst der Menschheit stellen möchten. Projekte oder Stiftungen, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen, stehen dabei hoch im Kurs. Im Einzelfall, so die Finanzmentorin aus München, geht es um mehrere Millionen Euro. Kleinere Spenden bewegen sich im Bereich von zehn- bis 50-Tausend Euro.

    "Da sind Junge, die geerbt habe, die sagen, na ja, Geld zu verdienen, steht nicht im Vordergrund. Die sagen, ich brauche eine Aufgabe. Ich möchte hier etwas tun. Ich brauche einen Zweck in diesem Leben. Und nachdem ich schon so viel Geld habe, kann ich mich doch anderweitig betätigen. Und da geht es auch bis ins hohe Alter. Wenn jemand aus dem Unternehmen ausscheidet, mit 60 oder 65, und sagt, ich möchte mein Leben mit einem neuen Inhalt füllen. Das ist auch eine Variante."

    Manche wollen einfach nur Geld spenden. Andere wollen selbst aktiv werden - ehrenamtlich. Denn durch das Vermögen im Hintergrund sind sie auf ein Arbeitsentgelt nicht angewiesen. Nicola Berlinger vermittelt die Kontakte zum Beispiel zu Umweltorganisationen. Klaus Wiegandt, der vor acht Jahren das "Forum für Verantwortung" gründete, hat dieses Coaching nicht mehr nötig. Zweieinhalb Millionen Euro steckte der ehemalige Metro-Chef in seine Stiftung. Motivation des Managers ist seine Sorge um Klimawandel und Umweltzerstörung.

    "Ein öffentlicher Diskurs mit der Bevölkerung, der Zivilgesellschaft, hat in keinem Land der Welt bisher stattgefunden über Nachhaltigkeit. Das ist das Anliegen meiner Stiftung, dass ich gesagt habe, ich will mithelfen, diesen Diskurs mit der Zivilgesellschaft voranzubringen, weil nur dann die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen setzen kann."

    Die Stiftung ließ unter anderem Lehrmaterialien für Bildungseinrichtungen entwickeln. Vor allem ehemalige Firmenchefs beteiligen sich mittlerweile an seinem Vorhaben und spenden stattliche Beträge. Durchweg positive Erfahrungen macht auch die erst im März 2008 gegründete "Europäische Klimastiftung", die als sogenannte "operationale Stiftung" kein eigenes Stiftungskapital besitzt, sondern die Fördermittel anderer Stiftungen verwendet – zum Beispiel von der Hewlett-Stiftung. Allein in diesem Jahr kann die junge Organisation mehr als zehn Millionen Euro ausgeben, freut sich Martin Rocholl.

    "Zum Glück kommt bei Menschen, die irgendwann mal wirklich so viel Geld verdient haben, dass sie Milliardäre geworden sind, oftmals der Punkt im Leben, wo sie sagen, jetzt möchte ich eigentlich etwas sinnvolles tun für die Welt und nicht nur Geld verdienen. Und wir haben das große Glück, dass wir einige dieser Menschen bei uns als Stifter dabei haben und ihnen zeigen können, wie sie mit ihrem Engagement in diesem ganz wichtigen globalen Thema "Klimaschutz" etwas bewirken können."

    Nicht immer wollen die wohlhabenden Spender öffentlich in Erscheinung treten. Geförderte Aktionen für die Umwelt können nämlich politisch durchaus umstritten sein, wie zum Beispiel der Widerstand gegen Atomkraft – gefördert unter anderem von der "Bewegungsstiftung" mit Sitz im niedersächsischen Verden. 10.000 Euro zahlte der Sohn eines deutschlandweit bekannten Unternehmers, der dann doch lieber anonym bleiben möchte, um den erfolgreichen Familienbetrieb daheim vor unangenehmen Fragen zu bewahren.

    "Die Bewegungsstiftung ist ja auch nicht nur Umwelt, also es sind hochpolitische Kampagnen, die da gefördert werden, und da trifft man natürlich dann auch immer wieder mal ein Thema, das sagen wir mal in der eigenen Familie bzw. in den Familienunternehmen dann auch nicht ganz unumstritten ist. Und insofern deshalb so das Pseudonym oder die Anonymität."

    Rund 16.000 Stiftungen bürgerlichen Rechts werden zur Zeit in Deutschland gezählt. Sie investieren sieben Milliarden Euro pro Jahr in verschiedenste Projekte. Sechs Prozent davon, schätzungsweise 420 Millionen Euro, werden in die Umwelt gesteckt. Tendenz steigend.