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Klimaschutz
2020 ist schon übermorgen

Am Montag beginnt in Bonn die Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen. Umweltverbände halten es für ein verheerendes Signal, dass Deutschland seine eigenen Klimaziele bis 2020 wohl nicht einhalten wird, wie kürzlich bekannt wurde. Die Konferenz wollen sie nutzen, um Druck zu machen - vor allem beim Kohleausstieg.

Von Werner Eckert | 04.11.2017
    Maschinen für den Braunkohleabbau stehen im Braunkohletagebau Welzow Süd nahe Welzow (Brandenburg).
    Braunkohletagebau Welzow Süd in Brandenburg (picture alliance/ dpa/ Patrick Pleul)
    Ausgerechnet wenn Besuch kommt, ist nicht aufgeräumt. So ungefähr geht die Alltagsübersetzung dessen, was die Bundesregierung jetzt in Bonn erlebt. Die Welt ist zu Gast und Deutschland hält seine eigenen Klimaziele nicht ein. Die geschäftsführende Umweltministerin, Barbara Hendricks:
    "Selbstverständlich werden uns Fragen gestellt werden auf der internationalen Bühne, weil wir ja unsere Klimaziele 2020 nicht werden erreichen können, wenn wir nicht noch weitere Schritte gehen bis dahin."
    Statt 40 Prozent weniger Treibhausgase schafft Deutschland so nur maximal 32 - das Vorzeigeland beim Klimaschutz, Mutterland der Energiewende. Das ist ein verheerendes Signal, sagen die Umweltverbände. Sven Harmeling von Care International:
    "Ich glaube, das wird auch öffentlich und international immer stärker wahrgenommen. Es gibt immer mehr kritische Artikel, die zeigen: Deutschland schafft seinen Weg nicht und sein Ziel nicht."
    Schließlich gibt es in Bonn bei dieser Konferenz ohnehin nicht substanziell viel zu entscheiden. Die Bundesregierung hat deshalb schon im Vorfeld die Zeit des Handels ausgerufen:
    "Mehr denn je kommt es bei dieser Welt-Klimakonferenz darauf an, dass zum Verhandeln auch das Handeln kommt."
    Und genau das klappt derzeit nicht. Vor allem in der Verkehrspolitik. Da sind die Treibhausgas-Emissionen seit 1990 sogar leicht gestiegen. Auch die Landwirtschaft hängt hinterher. Und dann – der größte Brocken - die Kohlekraftwerke. Seit 2009 schon kein Fortschritt mehr beim Klimaschutz. Die alte – und mutmaßlich neue – Bundeskanzlerin hat die Vorneverteidigung angetreten. Angela Merkel im Wahlkampf mit großen Ankündigungen:
    "Ich sage, wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich ihnen."
    Knackpunkt Kohlekraftwerke
    Und das muss sie den Wählern und der Welt beweisen. Prof. Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung erwartet von einer neuen Jamaika-Regierung da schnelle Taten:
    "Sie muss auf jeden Fall aus der Kohle aussteigen, sie muss einen Fahrplan vorlegen, wie das gehen soll. Sie muss den europäischen Emissionshandel sanieren und sie müsste auch dafür sorgen, dass eine Verkehrswende sinnvoll eingeleitet wird."
    2020 ist schon übermorgen. Die Klimaschützer nutzen die Chance einer Klimakonferenz im eigenen Land und machen Druck auf die Sondierer und möglichen Koalitionäre. Deshalb fordert Christoph Bals von der Denkfabrik Germanwatch vor allem: Die Hälfte aller Kohlekraftwerke muss bis dahin abgeschaltet sein.
    "Erstens: Es geht am schnellsten. Zweitens: Es ist machbar, weil wir gewaltige Überkapazitäten haben und drittens: Es ist am kostengünstigsten."
    Nur so bleibe Deutschland auch bei der Klimakonferenz glaubwürdig, sagen die Klimaschützer. Die geschäftsführende Umweltministerin sieht – deutlich - Handlungsbedarf. Aber sie erinnert an das große Kapital an Vertrauen, das die Bundesrepublik sich bei diesen Konferenzen aufgebaut habe. Barbara Hendricks vor einigen Tagen ein bisschen flapsig:
    "Ja, die denken weiterhin, wir sind super - und so soll das auch bleiben."
    Die künftige Regierung hat das in der Hand. Und Berlin und Bonn werden sich in den kommenden beiden Wochen da noch fröhlich Bälle hin und her werfen.