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Klimaschutz-Debatte
Flugscham - die Luftfahrtbranche verteidigt sich

Die Luftfahrtindustrie wehrt sich gegen das Phänomen des "Flugschams". Der Kerosinverbrauch sei gesunken, durch eine Flottenmoderisierung würden die Schadstoffemissionen reduziert. Umweltexperten geht das nicht weit genug. Vielfach seien das nur Effizienzverbesserungen, die ohnehin realisiert würden.

Von Dieter Nürnberger | 16.08.2019
Ein Flugzeug fliegt über dem brandenburgischen Sieversdorf (Oder-Spree) scheinbar ganz nah am Mond vorbei.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft spricht sich dafür aus, Klimaschutzmaßnahmen im Flugbereich allein international zu realisieren (picture alliance / dpa / lbn / Patrick Pleul )
Anfang August stellte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft BDL eine neue Nachhaltigkeitsagenda vor. Und vor allem das Versprechen, dass man erreichen wolle, die luftverkehrsbedingten CO2-Emissionen langfristig auf null zu senken, ließ aufhorchen. Heute konkretisierte der BDL: Beispielsweise könnten allein durch eine Flottenmodernisierung die Schadstoffemissionen reduziert werden.
So sei der Kerosinverbrauch seit 1990 bereits um mehr als 40 Prozent gesenkt worden, so BDL-Nachhaltigkeitsexpertin Uta Maria Pfeiffer: "Damit das in Zukunft auch so weitergeht, haben unsere Fluggesellschaften derzeit 210 neue und emissionsärmere Flugzeuge in Bestellung. Diese haben einen Wert von 42 Milliarden Euro."
Somit habe sich der Kerosinverbrauch vom Verkehrswachstum längst abgekoppelt, so der BDL.
"Man könnte sicherlich deutlich ambitionierter rangehen"
Das klingt gut, bestätigt Martin Cames, Energie- und Klimaschutzexperte beim Ökoinstitut. Allerdings sei in diesem Bereich auch mehr möglich.
"Das Problem ist, dass das, was da im Moment propagiert wird - diese Standards - aus unserer Sicht nur sogenanntes Business-as-usual ist. Also das darstellt, was ohnehin durch den ökonomischen Prozess an Effizienzverbesserung realisiert wird. Da könnte man sicherlich deutlich ambitionierter rangehen."
Doch immerhin sorgen solche Effizienzverbesserungen für eine verbesserte Klimabilanz der Luftverkehrsbranche, die einen Anteil von knapp drei Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen innehat. Handlungsbedarf sehen Umweltschützer trotz dieses vermeintlich geringen Wertes: Denn zum einen gibt es im Luftverkehr jährliche Steigerungsraten von vier bis fünf Prozent. Und die klimaschädliche Wirkung von Stickoxyden und Wasserdampf sei bislang noch nicht einmal abschließend quantifiziert worden.
"Nationale Alleingänge falsch"
Der BDL sprach sich heute dafür aus, Klimaschutzmaßnahmen im Flugbereich allein international zu realisieren. Der Dachverband hält inzwischen den Emissionshandel für ein marktbasiertes und auch funktionierendes Instrument. Nationale Alleingänge seien hingegen falsch, so Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow: "Gut und wirksam sind Instrumente, die international abgestimmt sind. Aufgrund der Internationalität des Luftverkehrs."
Hauptgeschäftsführer von Randow verweist auch auf das künftige CO2-Kompensationssystem "Corsia", hier müssen die Fluggesellschaften ab 2020 eine Abgabe zahlen, die mit einer Finanzierung von zertifizierten Klimaschutzprojekten verbunden ist. Ein erster Schritt, sagt Martin Cames vom Ökoinstitut.
"Aber: Es geht dort allein um CO2-neutrales Wachstum. Das heißt: Es sollen nicht die Emissionen auf null reduziert werden, sondern ab 2020 keine zusätzlichen Emissionen mehr aus diesem Sektor kommen. Und das ist natürlich nicht kompatibel mit der Vereinbarung von Paris."
Vieles von dem, was in der Nachhaltigkeitsagenda des BDL angedacht werde, gehe lediglich in die richtige Richtung, so das Ökoinstitut. Weswegen viele Umweltexperten auch weiterhin nationale Regulierungen zur Verringerung des Flugverkehrs nicht ausschließen wollen.