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Klimawandel bedroht die deutschen Wälder

Angesichts der neuen Waldzustandserhebung fordert Christoph Rullmann von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald mehr Unterstützung für die Buche in der Waldbewirtschaftung. Der Klimawandel und seine Begleiterscheidungen wie Stürme und Trockenereignisse belasteten die Wälder extrem.

Christoph Rullmann im Gespräch mit Georg Ehring | 03.02.2012
    Georg Ehring: Früher sprach man vom Waldschadensbericht - heute heißt es weniger dramatisch Waldzustandserhebung. Allen sichtbaren Schäden zum Trotz ist der Wald in den vergangenen Jahren nicht etwa gestorben, sondern weiter gewachsen. Rund ein Drittel der Landesfläche in Deutschland sind von Wäldern bedeckt, überwiegend Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen. Gestern hat das Bundeslandwirtschaftsministerium die neuesten Daten herausgegeben - das Ergebnis: etwas höhere Schäden, und zwar vor allem deshalb, weil sich der Zustand der Buchen deutlich verschlechtert hat. - Über Waldschäden und Waldgesundheit möchte ich jetzt mit Christoph Rullmann sprechen, er ist Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Guten Tag, Herr Rullmann!

    Christoph Rullmann: Guten Tag! Ich grüße Sie.

    Ehring: Herr Rullmann, was tut sich bei der Buche?

    Rullmann: Ja, die hat sich deutlich verschlechtert im Vergleich zu den Vorjahren - dadurch vor allen Dingen, dass diese Fruktifizierung der Buche - die treibt ja in jedem Jahr normalerweise in bestimmten Abständen immer Früchte aus -, diese Abstände immer kürzer werden. Das zeigt eben, dass es der Buche schlechter geht und sie natürlich sich reproduzieren möchte, und dies führt natürlich zu einer Schwächung der Buche.

    Ehring: Gelingt denn diese Reproduktion oder müssen wir um den Bestand der Buchen fürchten?

    Rullmann: Wir müssen nicht um den Bestand der Buchen fürchten, aber sagen wir mal, die Buche ist eine Baumart, die wir einfach mehr beobachten müssen und die wir auch intensiver unterstützen müssen in der Waldbewirtschaftung.

    Ehring: Wie unterstützt man Buchenwälder?

    Rullmann: Buchenwälder - man muss entsprechende Standorte, die sozusagen für Buchenwälder geeignet sind, auch entsprechend bewirtschaften, man muss entsprechend den Wilddruck reduzieren, dass sich die Buche natürlich auch von unten verjüngen kann, und wir müssen natürlich alle als Gesellschaft unser Verhalten so anpassen, dass wir nicht zu einer weiteren Verschärfung der Klimaprobleme beitragen. Weil, das ist nämlich etwas, was in den letzten Jahren eigentlich der entscheidende Faktor für die Situation des Waldes geworden ist.

    Ehring: Wie schadet der Klimawandel den Wäldern? Kann man das schon beobachten?

    Rullmann: Wir haben ja, als diese Diskussion der Waldschäden aufkam, in den 80ern, da haben wir ja immer von den Schadstoffen gesprochen. Sozusagen der entscheidende Faktor für die Gesundheit des Waldes waren Schwefeldioxid-Emissionen und verschiedene andere Gase und Luftverunreinigungen, die durch die Industrie entstanden sind. Die sind immer noch da, natürlich in deutlich reduzierter Form, weil viel getan worden ist dafür. Aber diese Entwicklung, die sozusagen für den Wald positiv sich gestaltet hat, die wird jetzt überlagert durch die Veränderungen des Klimawandels, der zum Beispiel durch Stürme, durch diese Trockenereignisse, die wir immer stärker haben - wir hatten ja auch wieder dieses Jahr ein sehr trockenes Frühjahr, und das belastet natürlich die Wälder extrem.

    Ehring: Was kann man dagegen machen? Es wird ja versucht, auch dagegen den Wald zu rüsten.

    Rullmann: Was ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir standortgerechte Wälder haben, also die Bäume auch da wachsen, wo sie eigentlich hingehören, und dass wir eine besonders große Vielfalt an Baumarten in den Wäldern haben, weil nur, wenn ich diese Vielfalt habe, dann können die Bäume natürlich auch entsprechend jeder seinen Platz einnehmen, wenn sich die Standortbedingungen mal verschlechtern.

    Ehring: Es werden immer Mischwälder gefordert, das geht aber auf Kosten der Wirtschaftlichkeit. Wie sehen Sie das denn?

    Rullmann: Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass gemischte Wälder besser wachsen als Monokulturen. Und natürlich geht es da ja auch immer um eine finanzielle Geldanlage, die man da sehr langfristig tätigt. Die Risikofaktoren für einen Mischwald sind deutlich niedriger als für eine Monokultur. Deswegen sind auch Waldbesitzer daran interessiert, Mischwälder anzubauen.

    Ehring: Ein weiteres Stichwort ist die Versauerung des Bodens als Langzeitfolge von Schadstoffen. Hat man die inzwischen im Griff?

    Rullmann: Die hat man teilweise im Griff, aber sie ist immer noch da und man geht an vielen Orten natürlich dazu über und kalkt die Waldböden, um eben dieser Entsauerung entgegenzuwirken. Was aber noch viel gravierender geworden ist in der letzten Zeit, ist so ein menschlich bedingter Stickstoffeintrag im Wald, und dieser Stickstoffeintrag, der hat zwar dazu geführt, dass die Wälder so ein bisschen gedüngt wurden - man muss sich das vorstellen wie eine Düngung -, man weiß aber nicht, wie sozusagen die Waldböden das kompensieren können irgendwann, und ob es da irgendwann einen Effekt gibt, dass die Böden sozusagen voll sind und plötzlich alles an das Grundwasser abgeben.


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