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Klimawandel
New Jerseys Küsten - vom Meer bedroht

Der US-Bundesstaat New Jersey ist von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen: Der Meeresspiegel steigt, regelmäßig wird die Küstenregion von Hochwasserfluten geschädigt. Nun sollen Küstenbewohner ins sichere Landesinnere umgesiedelt werden - doch viele wehren sich.

Von Klaus Martin Höfer | 16.12.2018
    Starke Brandungswellen schlagen am 18.9.2003 an die Küste von Avalon (US-Bundesstaat New Jersey). Der gefürchtete Wirbelsturm "Isabel" hat am 18.9. die amerikanische Ostküste erreicht.
    Überschwemmungen nach Sturmfluten werden in New Jersey seit den 1950er-Jahren immer häufiger (picture alliance / Mihalek)
    Woodbridge Township ist eine Stadt mit 100.000 Einwohnern, die sich sehr weitläufig verteilen. Die Stadt liegt westlich von New York im Bundesstaat New Jersey. Die offene See ist knapp zehn Kilometer entfernt. Doch Flut und Ebbe sind auch in Woodbridge zu spüren: Die Wasserläufe in dem Ort sind gezeitenabhängig. Das macht sich besonders bei Unwettern bemerkbar. Wenn Stürme den Atlantik aufpeitschen und Hochwasserfluten die Küste von New Jersey entlang rollen, bekommen dies die Bewohner in einigen Wohngegenden von Woodbridge Township hautnah zu spüren.
    Keller, Gärten, Straßen: regelmäßige Überflutungen
    Vor allem in den niedriger gelegenen Straßen haben die Bewohner deswegen regelmäßig mit Überflutungen zu kämpfen, selbst wenn es dabei nicht um einen der großen Stürme geht. Was das bedeutet, erklärt Brooke Maslo, Professorin an der nahegelegenen Rutgers Universität:
    "Regelmäßiges Volllaufen der Keller, Überflutung der Straßen, Abflüsse fließen rückwärts, die Gärten werden überflutet. Von den größeren Stürmen, den "Nor'easters" oder ähnlichen sind einzelne Hausbesitzer, haben wir gehört, bis zu 16 Mal betroffen gewesen."
    Brooke Maslo ist Landschaftsplanerin und arbeitet an der Rutgers-Universität in einer Abteilung, die Städte und Gemeinden in New Jersey bei Planungsaufgaben unterstützt. In Woodbridge hilft sie bei der Renaturierung von flutgefährdeten Flächen. Mehr als 200 Bewohner der Stadt sind in den vergangenen Jahren weggezogen, weil der Bundesstaat New Jersey ihnen Geld für ihre Häuser und Grundstücke gegeben hat, um in weniger flutgefährdete Gebiete zu ziehen. Die Grundstücke müssen freibleiben, dürfen nicht wieder bebaut werden. Was die Kommune damit macht, ist ihre Sache.
    Woodbridge hat sich dazu entschlossen, in einer Niederung Bäume und Sträucher anzupflanzen. Sie sollen auf natürliche Weise helfen, den Boden widerstandsfähig gegen Hochwasser zu machen. Deswegen und weil es das größte Überflutungsgebiet in Woodbridge ist, ist das Gebiet mittlerweile so etwas wie ein Vorzeigeprojekt. Professorin Maslo:
    "Im Watson-Crampton-Wohngebiet haben wir die größte Konzentration an freigekauften Grundstücken. Watson und Crampton sind zwei Straßen. Dies ist die Watson Avenue bzw. war es. Sie wird von der Crampton Avenue gekreuzt, und wir können mal darüber gehen."
    Bäume und Sträucher anpflanzen - für den Boden
    Brooke Maslo und ihre Mitarbeiterin Kathleen Kerwin gehen durch feuchtes Marschland, in dem bis vor wenigen Jahren Straßen verliefen. Die Masten für die Laternen und den Strom stehen noch. Vereinzelt ragen auch noch die zylinderförmigen Abwasserschächte zwischen dem Schilf in die Höhe. Durch das Abtragen der Straßenschichten wurde das Niveau gesenkt. Ein schmaler Graben, der zweimal unnatürlich in rechten Winkeln Haken schlägt, verdeutlicht ebenfalls, dass Menschen hier jahrzehntelang so gebaut hatten, dass die Belange der Natur vernachlässigt wurden.
    "Dies ist eine heruntergekommene Landschaft, in die der Mensch stark eingegriffen und eine Menge verändert, viel aufgeschüttet hat. Wir haben den Boden angereichert."
    Der Untergrund in diesem Wohngebiet und in vielen weiteren in der Region besteht aus Abraum und Schutt, vermischt mit dem Aushub von Baustellen. Keine besonders guten Böden, keine gute Voraussetzung, um Regen und Hochwasser versickern zu lassen.
    Mittlerweile wurden die ersten Bäume und Sträucher gepflanzt, die langsam wachsen und über die Jahre Blätter abwerfen und über die natürliche Verwesung einen festen Untergrund schaffen sollen. Junge Bäume stecken in Plastikrohren, aus Schutz vor Wildbiss und um die Wärme für ein schnelleres Wachstum zu speichern. Irgendwann werden die Bäume so groß sein, dass sie Schatten auf den Boden werfen und damit invasive Unkrautpflanzen ausdörren, die die Landschaftsplaner nicht haben wollen. Sie setzen auf einen heimischen Pflanzenmix, der aufeinander abgestimmt ist. Bis es soweit ist, wird es Jahrzehnte dauern. Weitere Anpflanzungen wären möglich, doch nicht jedes Grundstück ist frei. Professorin Maslo:
    "Rechts sind Gebäude, die stehen bleiben. Dieses hier wird abgerissen. Das nächste wurde schon abgerissen und der Rest der Häuser bis zur nächsten Straßenecke wird stehenbleiben."
    Die Küste: komplett zugebaut
    Denn nicht jeder will weg. Etliche Bewohner haben sich mit einem gewissen Fatalismus an die nassen Wiesen und die Überflutungen gewöhnt. Und weil es die großen Stürme mit ihren heftigen Verwüstungen nur alle paar Jahre gibt. Professorin Maslo:
    "Es ist nichts Regelmäßiges. Beim nächsten Sturm hat man dann schon vergessen, was zuvor passiert ist."
    Hafen mit Anlegestellen und Segelbooten in Cape May Harbor, Cape May County, New Jersey, USA.
    Gefährdete Idylle: Seit dem 19. Jahrhundert kommen Sommerurlauber an die Küsten New Jerseys (picture alliance / Richard Cummins)
    Woodbridge Township ist nicht die einzige Stadt in New Jersey, in der es durch gezeitenabhängige Flüsse Überflutungsgebiete gibt. Direkt von Unwettern betroffen sind Orte, die direkt am Atlantik liegen. New Jersey hat eine 230 Kilometer lange Küste. Beinahe überall gibt es Badestrände und Promenaden, dahinter ziehen sich Straßen entlang. Und im nördlichen Bereich stehen viele Sommer- und Landhäuser reicher New Yorker.
    An heißen Sommer-Wochenenden suchen Ausflügler aus dem Hinterland von Pennsylvania Erfrischung und Erholung an den Stränden von New Jersey, wie vor Jahrhunderten schon die Ureinwohner, die im Sommer an der Küste, im Winter landeinwärts wohnten. Der Unterschied: Damals gab es noch naturbelassene Strände. Das hat sich geändert: New Jersey war der erste US-Staat, dessen Küste nahezu komplett bebaut war. Sieben Prozent der Bevölkerung, rund 600.000 Menschen, leben in einem Küstenbereich, in dem sie von einer drei Meter hohen Flut direkt betroffen wären.
    Und seit Jahrzehnten steigt in New Jersey der Meeresspiegel, was erst einmal gar nichts mit dem Klimawandel zu tun hat, erklärt Professor Robert Kopp, er ist Klimaforscher an der Rutgers University und hat sich auf die Entwicklung von Küsten spezialisiert.
    "In New Jersey wirkt das Ende der letzten Eiszeit immer noch nach. Auch ohne den weltweiten Meeresanstieg würde das Meer jährlich um eineinhalb Millimeter und sogar ein wenig mehr ansteigen, weil die Küstenregion auf einem Bodensatz liegt, der sich unter seinem eigenen Gewicht zusammenzieht."
    Das Meer steigt - schnell
    Das Land senkt sich, das Meer steigt, und dann kommt noch der Klimawandel dazu. Erhöht sich die weltweite Temperatur, dann schmelzen die Polkappen und der Meeresspiegel steigt an der Küste von New Jersey weiter. Professor Robert Kopp:
    "Es gibt in New Jersey einige komplexe Zusammenhänge, zum Beispiel änderte die Eisschmelze das Gravitationsfeld des Planeten und seine Verläufe. Wenn Eis in der Antarktis schmilzt, steigt das Meer stärker. Wenn es in Grönland schmilzt, steigt es weniger. Meeresströme wie bei uns der Golfstrom, die sich verschieben, können Auswirkungen auf den Meeresanstieg haben."
    Schon jetzt sind die Daten alarmierend: Im 20. Jahrhundert stieg das Meer im Schnitt jährlich um 1,4 Millimeter, im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts waren es drei Millimeter im Jahresschnitt, mehr als doppelt so viel. Und dies hat Auswirkungen: In Atlantic City, die für ihre Spielkasinos berühmte Stadt im südlichen Bereich der Küste von New Jersey zum Beispiel, wurden in den 1950er-Jahren an zwei oder drei Tagen im Jahr die Straßen überschwemmt, weil es eine besonders starke Flut gab. Jetzt passiert das an zehn Mal so vielen Tagen – zwischen 20 und 30 Tage sind es jährlich.
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    Klimaforscher Robert Kopp befasst sich mit der Entwicklung von Küsten (Deutschlandradio / Klaus Martin Höfer)
    Der gestiegene Meeresspiegel hat aber noch andere Folgen: Auch schwächere Stürme können mittlerweile große Auswirkungen haben. Und größere Stürme noch stärkere. Professor Robert Kopp:
    "Bei höherem Meeresspiegel reicht ein geringer Sturm, um die gleichen Überflutungen auszulösen. Wäre das Meer nicht angestiegen, wären nach unseren Schätzungen 80.000 bis 100.000 Menschen in New York und New Jersey 2012 vom Supersturm Sandy gar nicht betroffen gewesen."
    Grundstücke aufkaufen für die Renaturierung
    Trenton, eine knappe Autostunde südwestlich von Woodbridge gelegen, ist die Landeshauptstadt von New Jersey. Dort, im Umweltministerium, hat Fawn McGee ihr Büro. Sie leitet das "Green Acres"-Programm, mit dem der Bundesstaat Flächen von Privatpersonen, Unternehmen oder Kommunen aufkauft, um sie in öffentliche Grünflächen umzuwandeln. Und sie ist auch für das "Blue Acres"-Programm zuständig, mit dem Gebäude und Grundstücke in Flutgebieten aufgekauft werden, mit Geld vom Staat und aus dem Haushalt von New Jersey. Wenn sie mit den Menschen spricht, die von Überflutungen betroffen sind, geht es selten um weltweite Klimaforschung, sondern um sehr persönliche Schicksale. Fawn McGee:
    "Ich habe Herzattacken gesehen, einem Mann, der wegen des Stresses auf einem Auge blind wurde, Scheidungen, ein Familienmitglied, das nicht wieder zurück in das Haus wollte, das andere wollte wegziehen, Kinder mit Albträumen. Hochwasser, Feuerwehrsirenen, aus Häusern gerettet werden, zurückgehen beim Sonnenaufgang, um den Schlamm bei Seite zu schaffen, das Haus wieder aufzubauen – das verursacht Angst in diesen Familien."
    Und dennoch wollen viele Familien bleiben. Sie lassen die Versicherung den Schaden bezahlen, auch wenn die Prämien danach steigen, und bauen ihr Haus wieder auf – bis zum nächsten heftigen Unwetter. Mit dem "Blue Acres"-Programm versucht die Landesregierung zu helfen, ersetzt den betroffenen Eigentümern den Wert ihres Hauses, den es vor der Beschädigung durch Hochwasser oder Stürme hatte. Doch für viele Bewohner der Küstenregionen käme dies einer Niederlage gleich, hat Fawn McGee erleben müssen.
    "Wir sind in Gemeinden gewesen, die aus Protest gegen uns Sticker mit "no retreat" - "kein Rückzug" auf ihre Autos geklebt haben."
    Jeder der wegzieht, hinterlässt eine Steuerlücke
    Ob und wie stark das staatliche Buy-out-Programm nachgefragt wird, hängt dabei nicht nur von den betroffenen Besitzern der Häuser, sondern auch von den Städten und Gemeinden ab. Das hat mit dem US-amerikanischen Steuersystem zu tun. Kommunen werden direkt von ihren Bewohnern finanziert. Hausbesitzer zahlen vergleichsweise hohe Grundsteuern mit denen die Kommunen ihre Infrastruktur unterhalten, öffentliche Schulen finanzieren, den Straßenbau, eine eigene Polizei. Jedes abgerissene Haus verursacht also auch Lücken im Haushalt. Trotz der stetig steigenden Gefahr durch Überflutungen, müssen die Bürgermeister und die Stadträte also abwägen und überlegen, wie sie die Steuerausfälle ausgleichen. Und bei ihren Entscheidungen sind die Kommunen autonom. Fawn McGee:
    "Jede Kommunalverwaltung ist anders. Wir haben 566 davon in New Jersey. Die sind die Königinnen und Könige in ihren Gemeinden. Sie machen die Regeln."
    xy un xy stehen in einer Landschaft bei Woodbridge.
    Stück für Stück: die Renaturierung von Grundstücken in Woodbridge ist ein langfristiges Projekt (Deutschlandradio / Klaus Martin Höfer)
    Doch die Alternative ist, bei jeder Überflutung das Gebiet von der Feuerwehr und Polizei, beides von der Stadt finanziert, evakuieren zu lassen. Danach steigen die Versicherungsprämien für die Häuser, die immer weniger attraktiv sind. Und sie verlieren dadurch an Wert. Und weil die Steuern sich nach dem Hauswert richten, sinken auch die Steuereinnahmen. Mit diesen Argumenten versucht Fawn McGhee auch die Bürgermeister und Stadträte zu überzeugen. Nach dem Hurrikan Sandy 2012, den viele als Superstorm bezeichnen, waren viele aufgeschlossener, sagt sie.
    "Sandy hat bei den Kommunalverwaltungen ein Umdenken in der Steuerfrage ausgelöst. Auch die, die von dem Hurrikane nicht betroffen waren, sagten, macht alles, was nötig ist, um unserer Gemeinde zu helfen. Der Sturm hat in New Jersey alles verändert."
    Viele wollen bleiben - und passen sich an
    Zurück im Überflutungsgebiet in Woodbridge. Ein Mann schraubt an seinem Auto. Sein Haus steht an der Grenze zum neuen Renaturierungsgebiet. Auch auf der anderen Seite sind Grundstücke freigeräumt. Er habe auch verkaufen sollen, sagt er. Aber er ist geblieben, stellt die Vorteile heraus.
    "Ein Haus ohne Nachbarn, suche das mal in Woodbridge!"
    Knurrig gibt er Antwort, seinen Namen will er nicht nennen. Sie hätten ihm nicht genug Geld geboten, nur den Betrag, den er für das Haus bezahlt habe, sagt er, deshalb sei er noch hier. Im Hintergrund dröhnen die Autos vom nahegelegenen New Jersey-Turnpike, einer mehrspurigen Autobahn und die Flugzeuge, die in Newark starten oder landen. Dies ist keine wohlhabende Wohngegend, manche sind froh, hier ein Haus gefunden zu haben. Der Autoschrauber spielt dann auch die Überflutungsgefahr herunter. Das mit dem Wasser sei eigentlich gar nicht schlimm.
    "Wird das Pflaster nass, mache ich es sauber. Das ist alles."
    Ein Haus weiter hat die Besitzerin das Gebäude auf Holzstelzen gesetzt, damit ihr Keller nicht überflutet wird. Kommt das Hochwasser, muss sie allerdings rechtzeitig die Autos in Sicherheit bringen, die vor der Tür stehen. Und die Bewohner müssen jeden Tag die Treppe gehen, auch die Einkäufe nach oben tragen. Das Höherlegen der Häuser sei keine Idee mit Zukunft, vor allem, wenn die Bewohner dann älter werden, argumentiert Fawn McGee bei ihren Verhandlungen hier offenbar vergeblich.
    Einen Tag zuvor hatte es geregnet, nicht viel. Ein üblicher Regen. Die Querstraße, die auf das Renaturierungsgebiet stößt, war bereits nicht mehr befahrbar, erzählt ein Mann, der mit seiner Familie aus dem Haus kommt. Seit acht Jahren wohnt er hier. Hochwasser hat er auch schon erlebt.
    "Zwei, drei Mal gab es Überflutungen, keine Schäden. Schäden gibt es, wenn Hurrikans kommen."
    Wegziehen wolle er trotzdem nicht, sagt er mit spanischem Akzent und geht zu seinem Auto, das er 200 Meter weiter weg geparkt hat, wo die Straße etwas höher liegt. Wer damit zurechtkommen will, muss sich anpassen. Zum Beispiel, das Auto nicht direkt in der Einfahrt parken, genauer auf den Wetterbericht achten. Woodbridge ist eher eine Arbeiterstadt. Blue Collar-Jobs gibt es am nahegelegenen Flughafen von Newark. Oder bei den vielen Dienstleistungsbetrieben, Fast-Food-Restaurants. Wer nicht viel verdient, wird nicht so schnell wegziehen und sich in neue Schulden stürzen. Und nach dem nächsten Sturm wird halt wieder aufgeräumt.
    Künftig immer mehr Flutkatastrophen
    Das wird allerdings nicht mehr lange so weitergehen können. Selbst wenn sich die Staaten an die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens halten, rechnen Wissenschaftler wie Professor Kopp an der Küste von New Jersey mit einem Meeresspiegelanstieg von einem knappen halben bis zu einem ganzen Meter bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Professor Kopp:
    "Doch wenn die Emissionen weiter steigen, Paris nicht greift und wir weiter fossile Brennstoffe verbrennen, gibt es weitaus höhere Zahlen. Es gibt in der Antarktis wichtige physikalische Entwicklungen, die wir noch nicht richtig verstehen. Vorhersagen auf den Erkenntnissen zur Antarktis vor sechs Jahren, gehen von 75 bis 135 Zentimeter aus. Nach aktuellen Erkenntnissen sind 240 Zentimeter und mehr wahrscheinlich. Wir öffnen die Büchse der Pandora, wenn wir weiter hohe Emissionen haben, und das ist, worauf wir uns in New Jersey einstellen müssen."
    Professor Kopp berät zahlreiche Kommunen in New Jersey, klärt sie über die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf. Städte wie Woodbridge haben sich überzeugen lassen zu handeln, auch wenn nicht alle Bewohner mitmachen.
    Ein zerstörtes Haus am Union Beach, New Jersey - fünf Jahre nach den Zerstörungen durch Hurrikan Sandy im Oktober 2012.
    Mit Hurrikan Sandy kam das Umdenken - der Orkan verwüstete auch die Küste New Jerseys (picture alliance / Dennis Van Tine)
    Fawn McGee hat mittlerweile aufgegeben mit abstrakten Zukunftsberechnungen zu argumentieren, wenn sie mit Hausbesitzern redet. Stattdessen spricht sie über Unwetter und Hochwasser, die sie bereits durchstehen mussten, und die in den nächsten Jahren häufiger noch vorkommen werden, und sie macht dies anhand von konkreten Zahlen klar.
    "Wir reden nicht über globale Erwärmung, wir haben über den Anstieg der Meeresspiegel gesprochen. Es geht darum, darüber zu reden, was hier und jetzt mit ihrer Familie passiert - oder über einen Sturm in 50 Jahren. Wenn wir das tun, sagen die Leute, das ist Sache meiner Enkel, meines Sohnes, meiner Tochter. Sie leben im Hier und Jetzt. Es ist schwer, für sie darüber nachzudenken, was einmal kommen wird."
    Doch genau das wäre weitaus besser, sagt Fawn McGee. Eigentlich müssten viel mehr Menschen aus den küstennahen Gebieten wegziehen, bevor es weitere, große Flutkatastrophen und Stürme gibt.
    "Mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Anstieg des Meeres, benötigen wir mehr vorausschauendes Denken. Wir verlieren kommerzielles und Privateigentum, das Millionen Dollar wert ist. Sollen wir das Geld jetzt ausgeben, haben wir einen Plan oder warten wir ab? Wir haben immer nur reagiert, aber es ist Zeit vorausschauend zu denken."
    Die Küstenregionen frei räumen, sie der Natur überlassen, das ist allerdings auch schwer vorstellbar. Für Landschaftsplanerin Brooke Maslo, die hilft, solche Gebiete widerstandsfähig gegen Hochwasser und Überflutungen zu machen, gehört dazu auch ein weiterer Gedankengang.
    "Rückzug von der Küste klingt wie Niederlage. Wir müssen diese Deutung ändern. Es ist sinnvoll. Es ist keine Niederlage."