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Knackig und süß soll er sein

Die deutschen Obstbauern stehen unter Druck. Die internationale Konkurrenz treibt die Preise in den Keller. Um in dem ruinös erscheinenden Wettbewerb zu überleben, sollen neue Sorten und ökologische Vorteile den Verbraucher vom heimischen Obst überzeugen.

Von Thomas Wagner | 13.02.2006
    Kraftvoll zubeißen heißt die Devise - vor allem dann, wenn es um neue Apfelsorten wie den "Kanzi" geht.

    "'Kanzi' ist ein Apfel, der natürlich in Neuseeland gezüchtet wird, wo die meisten Apfelsorten gezüchtet werden. Der Name 'Kanzi' ist auf einen afrikanischen Stamm zurückzuführen. Aber eigentlich ist es ein Markenname","

    so Manfred Büchele vom oberschwäbischen Obstbau-Kompetenzzentrum in Bavendorf. Noch gibt es in der Obstbauregion Bodensee, nach dem Alten Land in Hamburg Deutschlands zweitgrößtes Apfelanbaugebiet, nur wenige Landwirte, die "Kanzi" anbauen. Das gleiche trifft auf den "Fuji" zu, einer neuen Apfelzüchtung aus Asien. Doch in Zukunft wird sich das ändern, glaubt Manfred Büchele. Erste Anbauversuche seien positiv verlaufen. Und: Die neuen Apfelsorten erfüllen genau die Geschmackanforderungen der Verbraucher.

    ""Der Verbraucher verlangt sicherlich einen saftigen, knackigen, süßen Apfel, der vor allem im Wohnzimmer sich zwei bis drei Wochen hält, ohne dass er schrumplig wird, ohne dass er mehlig wird oder speckig, wie es beispielsweise der 'Jonagold' war."

    Neue Apfelsorten sollen es richten, hoffen viele Obstbauern am Bodensee. Viele von ihnen sehen sich mit einem doppelten Dilemma konfrontiert: Steigenden Kosten, beispielsweise durch die neue Sozialversicherungspflicht für polnische Erntehelfer, stehen fallende Preise gegenüber. Im Hofverkauf kostete das Kilo Tafeläpfel in den vergangenen beiden Jahren zwischen 15 und 30 Cent. Das sei, sagen die Obstbauern, nicht einmal kostendeckend. Die Konkurrenz aus Südamerika, aber auch aus China ließen die Preise purzeln - ein Preisdruck, dem die heimischen Obstbauern nicht weiter nachgeben können. Sie versuchen es deshalb mit neuen Sorten, aber auch mit dem Hinweis auf die hohen Anforderungen des Pflanzenschutzes in Deutschland, die in dieser Form für die Obstproduktion aus dem fernen Ausland nicht gelten. Eugen Setz, Geschäftsführer der Obstregion Bodensee e.V.:

    "Die Untersuchungen in den Labors auf Ruckstände in Sachen Pflanzenschutzmittel beweisen uns immer wieder, dass das deutsche Obst immer besser abschneidet als das importierte. Es sind einfach Pflanzenschutzmittel nachweisbar, die bei uns nicht zugelassen sind, wo hier seitens der Zulassungsbehörden bestimmte Bedenken bestehen, und es ist so, dass Rückstandshöchstmengen, die ja vorgegeben sind, auch häufiger überschritten werden."

    Dass einheimische Produkte weniger Pflanzenschutzmittelrückstände aufweisen als viele Import-Äpfel, wollen die Obstbauern in Zukunft noch stärker als bisher als Marketingargument ins Feld führen. Hinzu kommen Bemühungen, bestehende Apfelsorten durch Kreuzungsversuche mit anderen Sorten weiter zu entwickeln - sowohl zugunsten der Erzeuger als auch der Verbraucher. Beispiel: Das Projekt "Cats" an der Forschungsanstalt für Obstbau Geisenheim bei Mainz.

    "'Cats' heist Columnar Apple Tree System. Das ist eine Baumform, die braucht kein Gerüst, keinen Draht, keinen Pfahl. Man muss sie so gut wie gar nicht schneiden. Sie arbeitet für sich selbst. Das heißt: Der Wachstumspunkt am oberen Baumteil steuert den ganzen Baum","

    so Obstbauberater Fritz Nüberlin aus dem oberschwäbischen Grünkraut. Er hat sich intensiv mit dem neuen Verfahren auseinandergesetzt. Das kommt mit geringstmöglichen Mengen an Pflanzenschutzmitteln aus.

    ""Erstens haben wir sehr viele Äpfel in einem kleinen Kronenvolumen produziert. Das heißt: Wir brauchen von dieser Seite schon mindestens 80 Prozent weniger als bei großvolumigen Bäumen."

    Und zum zweiten verfüge das neue Kreuzungsprodukt über höhere natürliche Abwehrkräfte. Auch dies werde der Verbraucher honorieren, meinen die Züchter, zumal die neue Baumform und die damit einhergehenden einfacheren Anbauprozesse auch niedrigere Preise zuließen.