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Koalition in Berlin
Der Weg zu Rot-Rot-Grün

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) geht innerparteilich geschwächt in die Koalitionsverhandlungen, die heute beginnen. Linke-Landeschef Klaus Lederer kann sich dagegen Gelassenheit leisten. Und die Grünen können es kaum erwarten, endlich wieder mitzuregieren.

Von Claudia van Laak | 06.10.2016
    Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Partei Die Linke, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, SPD, und der Grünen-Landesvorsitzende Daniel Wesener geben am 26.09.2016 in Berlin ein Statement.
    Für Klaus Lederer, Linke (re), SPD-Landeschef Müller (Mitte) Grüne-Landeschef Daniel Wesener gibt es viel zu tun: Berlin braucht u. a. mehr bezahlbaren Wohnraum und den Startschuss für den Hauptstadtflughafen BER. (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    Es wird schwierig – alle drei Parteien haben schon vorab ihre Basis und die Öffentlichkeit gewarnt – die Koalitionsverhandlungen in den nächsten Wochen, sie werden kein Spaziergang. Berlins Regierender Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller.
    SPD-Landeschef Müller: "Eine Form von Neuanfang"
    "Ich geh mit den Erwartungen da rein, dass das schon anstrengende Verhandlungen werden, es ist ja sowie so nicht einfach, ein Dreierbündnis zu verhandeln. Und hier ist es ja auch so, jenseits dieser strukturellen Frage, dass wir uns ja viel vorgenommen haben und dass wir drei auch wissen, dass diese Legislaturperiode eine Form von Neuanfang sein muss."
    Die Probleme liegen auf der Hand – die Hauptstadt wächst jährlich um 40.000 Menschen, die Verwaltung muss dringend modernisiert, die Infrastruktur ertüchtigt werden. Berlin braucht mehr bezahlbaren Wohnraum, die Stadt wartet auf sanierte Schulen und einen Hauptstadtflughafen BER, von dem endlich ein Flugzeug abhebt. Wie schnell geht das alles, was kostet es und wie können Bürgerinnen und Bürger besser an Entscheidungen beteiligt werden – das sind die drängenden Fragen.
    "Wir haben gemeinsam einen großen Anspruch formuliert, in vielen Dingen voranzukommen. In der Personalausstattung, in der öffentlichen Verwaltung, beim Wohnungsbau. Wir wollen in sozialen Projekten, in Bildungsprojekten wollen wir zulegen. Und das sind irgendwann natürlich auch alles finanzpolitische Fragen."
    Die Linke: 10 Jahre Regierungserfahrung und ein gutes Wahlergebnis
    Die Maßgabe der SPD: ein ausgeglichener Haushalt und weiterer Schuldenabbau.
    Die Linke hat bereits 10 Jahre lang mit den Sozialdemokraten regiert und unter Klaus Wowereit einen scharfen Sparkurs mitgetragen. Sie hat als einzige der drei Parteien bei der Wahl vor zweieinhalb Wochen zugelegt.
    Landeschef Klaus Lederer geht allerdings nicht mit knallharten Forderungen in die Verhandlungen, sondern schlägt harmonische Töne an, in dem er sagt:
    "Dass wir das gemeinsam machen wollen und dass wir uns nicht gegenseitig beim Scheitern zusehen wollen. Und dass ist ja immerhin, wenn man sich die letzten fünf Jahre anschaut, durchaus etwas Besonderes. Wenn wir das schaffen, dann haben wir eine ganze Menge geschafft."
    Einstimmig und ohne Enthaltung - die Grünen wollen mitregieren
    Die Grünen lechzen nach Jahren in der Opposition nach einer Regierungsbeteiligung – das zeigt das Ergebnis des kleinen Parteitags gestern Abend. Einstimmig und ohne eine Enthaltung votierten die Delegierten für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Die Spitzenkandidatin Ramona Opo:
    "Die Altlasten sind groß und es wird nicht alles von heute auf morgen zu schaffen sein. Aber das Entscheidende ist doch, dass wir endlich die richtigen Weichen stellen. Damit die Stadt wieder funktioniert, vom Bürgeramt über die Investitionen in die Zukunftsinfrastruktur unserer Stadt. Draußen die Unterstützung für unsere Radpolitik, die wir erfahren, die müssen wir umsetzen. Dass wir endlich in den Kohleausstieg, dass wir endlich in die Energiewende investieren. Wir müssen nicht nur über Lösungen reden, sondern sie endlich umsetzen."
    Für die Gespräche der nächsten Wochen nicht unwichtig – SPD-Chef Michael Müller geht innerparteilich geschwächt in die Koalitionsverhandlungen. Mit knapp 22 Prozent hatten die Sozialdemokraten ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren – jetzt brodelt es in der Partei. Die Kritik von Müllers Widersachern: die SPD sei von einer Volks- zu einer Staatspartei geworden.