Heribert Prantl zum Durchhalten in der Krise

"Hoffnung ist der Wille zur Zukunft"

05:42 Minuten
Durch eine offene Tür scheint Licht in einen Raum hinein.
Kein "Alles wird gut": Der Journalist Heribert Prantl setzt in der Krise auf Hoffnung anstelle von billigem Optimismus. © imago images / Panthermedia
Heribert Prantl im Gespräch mit André Hatting · 14.05.2020
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In der Coronakrise sei es wichtig, sich Hoffnung zu bewahren, sagt der Journalist Heribert Prantl. "Man muss das Gefühl stärken, dass es eine gute Zukunft gibt." Dies helfe, nicht in Apathie zu verfallen, und mache "die Menschen größer als die Angst".
In den Medien werden die Todeszahlen durch Corona aufgelistet, die Spaltung der Gesellschaft beschrieben und ein weltweiter Niedergang der Wirtschaft prognostiziert. Staatenlenker wie Trump oder Erdogan sorgen für weitere Verunsicherung. Gute Nachrichten sind derzeit in den Medien rar.
"Man kann die eigene Zukunftslosigkeit so finster beschreiben, dass die Zukunft vor einem wegläuft", sagt Heribert Prantl, Journalist bei der "Süddeutschen Zeitung". "Deswegen hat man oft das Gefühl, an die Stelle des Glaubens an den Fortschritt der Aufklärung tritt das Gefühl fortschreitender Unsicherheit."
Deswegen plädiert er dafür, dieser medialen "Lust am Gräueln" die Hoffnung entgegenzusetzen. Denn Hoffnung sei auch eine politische Kraft. Eine Kraft, "die die Zukunft nicht dem Gegner überlässt. Und Hoffnung ist eine Kraft, mit der man die Zukunft für sich selbst in Anspruch nimmt. Sie ist der Wille zur Zukunft. Und der ist gerade jetzt wichtig."

Hoffnung gegen die Unsicherheit

Gegen die fortschreitende Unsicherheit helfe vor allem eins: "Man muss das Gefühl stärken, dass es eine gute Zukunft gibt. Und diese Hoffnung auf Zukunft hilft dann, die Dinge nicht nur einfach zu ertragen und in Apathie zu verfallen, sondern auch die eigentlich unerträglichen Dinge zu tragen", sagt der Autor des Buchs "Die Kraft der Hoffnung. Denkanstöße in schwierigen Zeiten".
Heribert Prantl, früher Mitglied der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung". 
Der SZ-Journalist Heribert Prantl© picture-alliance/dpa/Karlheinz Schindler
Sein Buch ist 2017 erschienen und doch scheint es in der Coronakrise aktueller denn je. Schließlich sei die Coronakrise eine Zeit der Angst, sagt Prantl. Hoffnung aber mache "die Menschen größer als die Angst. Und man darf sich nicht in der Hoffnungslosigkeit verlieren, auch angesichts der Gefahren und auch nicht angesichts der Maßnahmen, die so tief greifend in das Leben eingreifen."

Die Gewissheit, dass etwas Sinn hat

Hoffnung sei dabei nicht die Gewissheit, dass etwas gut ausgehe, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn habe. "Ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht." Dieser Gedanke stamme vom ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel. Dieser sei in Zeiten des Kommunismus als Dissident immer wieder inhaftiert worden.
"Er hatte die Kraft des Überlebens und die Kraft, die Diktatur zu überstehen, weil er Hoffnung hatte." Auch das Leben Nelson Mandelas führt Prantl als Beweis für die Stärke und den Durchhaltewillen durch Hoffnung an. "Dabei ist Hoffnung kein billiger Optimismus. Denn Hoffnung hat ein Ziel" und bewahre die Menschen davor, in Apathie zu verfallen.
(lkn)

"Hoffnung ist ein Lebenselixir", sagt der Philosoph Christian Bermes in der Sendung "Sein und Streit".

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