Dienstag, 19. März 2024

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Koalitionsausschuss
Keine Einigung in den wesentlichen Streitpunkten

Bis zum frühen Morgen dauerte der Koalitionsgipfel. In einigen Punkten konnten sich die Spitzen von SPD und Union einigen. Andere Konflikte bleiben bestehen, etwa bei der Begrenzung von Managergehältern oder der von der SPD geforderten "Ehe für alle". Kanzleramtschef Altmaier betonte im DLF dennoch: Die Bundesregierung habe sich als handlungsfähig erwiesen.

30.03.2017
    Das Bundeskanzleramt wird in der blauen Stunde der Abenddämmerung in Berlin beleuchtet und spiegelt sich in der Spree.
    Das Bundeskanzleramt in Berlin, von der Spree aus gesehen. (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    In einer im Anschluss an das Treffen veröffentlichten Erklärung hieß es, die Koalition habe sich auf härtere Strafen für Wohnungseinbrüche und ein schärferes Vorgehen gegen Sozialbetrug durch Asylbewerber verständigt.
    So soll die Mindeststrafe für Wohnungseinbrüche künftig ein Jahr Haft betragen. Dies soll unter anderem verhindern, dass Verfahren gegen Einbrecher rasch wieder eingestellt werden, und beispielsweise auch Telekommunikations-Überwachung ermöglichen. Die Union hatte die Verschärfung gefordert.
    Mehr Befugnisse für Sozialbehörden
    Sozialbehörden sollen zudem das Recht bekommen, auf Fingerabdrücke zuzugreifen, die im Kerndatensystem der an den Asylverfahren beteiligten Behörden enthalten sind. Sie sollen so leichter einen Sozialleistungsbetrug durch Asylbewerber aufdecken können. Der Koalitionsausschuss beschloss zudem ein nationales Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus. Dafür seien in den Eckwerten für den Bundeshaushalt 2018 weitere 100 Millionen Euro vorgesehen.
    Zudem wurde eine frühere Einigung bestätigt, Kinderehen automatisch für ungültig zu erklären, wenn ein Partner bei der Trauung unter 16 Jahren war. Das soll auch für im Ausland geschlossene Ehen gelten. Generell sollen Ehen erst im Alter von 18 Jahren geschlossen werden dürfen.
    Bundesumweltministerin Hendricks ist vor allem zufrieden damit, dass die Bedenken der Union zu einem umstrittenen Energiespar-Gesetz für öffentliche Gebäude vom Tisch sind. Die Einigung der Koalitionspartner macht es möglich, dass ab 2019 Standards zum Energiesparen für den Neubau von Gebäuden der öffentlichen Hand eingeführt werden.
    Keine Einigung in wesentlichen Punkten
    Andere wichtige Punkte blieben offen: Keine Einigung erzielten die Koalitonäre etwa bei der angestrebten Begrenzung von Managergehältern und beim Recht auf eine befristete Teilzeitarbeit und die spätere Rückkehr in die Vollzeit. Die Union lehnte zudem die SPD-Forderung nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ab. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) scheiterte nach Angaben aus der Koalition mit dem Vorhaben, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu verbieten.
    An dem Treffen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD nahm erstmals auch Martin Schulz als SPD-Chef und Kanzlerkandidat teil. Um seine Teilnahme hatte es Wirbel gegeben, weil er sich zunächst wegen einer Fraktionsveranstaltung vertreten lassen wollte. Die Stimmung in der Runde um Merkel und ihren Herausforderer Schulz wurde von Teilnehmern als kollegial und sachorientiert beschrieben. SPD-Fraktionschef Oppermann sprach von einer freundlichen, konstruktiven und konzentrierten Atmosphäre.
    Altmaier zufrieden, Linke kritisch
    Der Chef des Bundeskanzleramts, Altmaier, äußerte sich ebenfalls zufrieden mit dem Treffen. Die Bundesregierung habe sich als handlungsfähig erwiesen, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Man habe Beschlüsse in sehr wichtigen Bereichen gefasst, zum Beispiel das schärfere Vorgehen gegen Wohnungseinbrüche und die Bekämpfung von Kinderehen sowie die Beschlüsse zur Verhinderung von Sozialmissbrauch im Asylverfahren. Das zeige, dass die Koalition die Themen anpacke, die vielen Menschen in Deutschland wichtig seien, sagte Altmaier.
    Der Sprecher des Seeheimer Kreises der SPD, Kahrs, kritisierte dagegen per Twitter, es sei "ätzend", dass CDU und CSU sich weigerten, Themen zu beschließen, die im Koalitionsvertrag stünden.
    Die Linken-Parteivorsitzende Kipping sprach gegenüber der Deutschen Presse-Agentur von einer bitteren Nacht für die Bürgerrechte und die soziale Gerechtigkeit im Land. Weder seien Managergehälter begrenzt noch das Recht auf Teilzeit eingeführt worden, wie von der SPD gewünscht. Bei Twitter schrieb sie, SPD und Union zusammen würden kein soziales Problem lösen.
    Die Grünen-Vorsitzende Peter kritsierte die Absage an die Ehe für alle als Diskriminierung. Die bezog sich damit auf ein Interview von Unionsfraktionschef Kauder im ZDF, in dem dieser erklärt hatte, er finde, dass die Entscheidung keine Diskrimierung sei.
    (jasi/hba/mg)